Tulpen gibt es nicht nur in Amsterdam, sondern beispielsweise auch im Singener Stadtteil Überlingen. Marti Schruer lebt dort mit ihrem Mann. Und neben ihrem Haus bleiben im April oft Leute stehen und machen Fotos. „Die Liebe zu Tulpen ist wohl typisch für mich als Holländerin“, sagt sie und schmunzelt. Geboren in Rotterdam, ist Schruer 1985 nach Deutschland gekommen – wegen der Arbeit ihres Ehemannes, der ebenfalls Niederländer ist.
Sie haben zunächst auf der Reichenau gelebt. Dann haben sie sich wegen ihrer drei Kinder etwas Größeres gesucht und wurden in Überlingen am Ried fündig. Dort leben sie seit 1996 in einem Haus. Schruer ist heimisch geworden hier – auch wenn ihr Herz hin und wieder immer noch für die holländische Fußball-Nationalmannschaft schlägt, wie sie einräumt.
Sie bedauert, dass die Niederlande es nicht zulassen, dass sie die doppelte Staatsangehörigkeit bekommen kann. Daher sei sie bis heute Holländerin. Und leider könne sie deshalb in Deutschland nur an Kommunalwahlen teilnehmen – obwohl sie schon länger hier lebt als in ihrem Herkunftsland.
Auch tut es ihr Leid, dass sie ihre Familie und Freunde in den Niederlanden so selten sieht. „Wenn ich mal in den Niederlanden bin, komme ich nicht rum. Die Familie hat dann erste Priorität. Und wenn ich dann noch viele Freunde sehen möchte, kommt mir das vor wie ein Raub an der Familie“, sagt sie.
Bodensee als kleiner Ersatz zur Nordsee
Aus pragmatischen Gründen ist sie hierher gezogen. Mit der Zeit jedoch hat sie die Stadt unterm Hohentwiel schätzen gelernt. „Hier kann man tolle Ausflüge machen. Man kann schnell in die Hügel fahren – oder an den Bodensee.“ Dies ist dann wenigstens ein kleiner Ersatz für die Nordsee, die sie ebenfalls vermisst.

Die Studienrätin für Französisch hat in Deutschland als pädagogische Assistentin an einer Brennpunkt-Schule gearbeitet. Dass ihr akademischer Grad in Deutschland nicht anerkannt wurde, erwähnt sie ohne Verbitterung. „Die Arbeit an der Brennpunkt-Schule war eine sehr schöne Aufgabe“, sagt sie schlicht. Eine internationale Sprache ist für sie die Musik.
Schruer ist leidenschaftliche Geigerin. Schon als Studentin hat sie im Studentenorchester in Utrecht in den Niederlanden gespielt. Bereits an ihrem zweiten Tag auf der Reichenau sei sie im Unterhaltungsorchester Reichenau (UHO) in der Orchesterprobe gesessen. „Man kann mitmusizieren, ohne die Sprache zu sprechen“, betont Schruer, die inzwischen im Collegium Musicum in Singen spielt.
Seit zehn Jahren unterstützt sie Menschen, die um einen Angehörigen trauern, und setzt sich auch dafür ein, dass der oder die Verstorbene noch eine Weile aufgebahrt zuhause bleiben kann.