Überfüllte Mülleimer in der Fußgängerzone auf der einen Seite, Leerfahrten der Reinigungsfahrzeuge auf der anderen Seite – hat das bald ein Ende? Daran arbeiten Schüler des Technischen Gymnasiums und entwickeln sogenannte intelligente Mülleimer. Gemeinsam mit der Stadt Singen und der Firma Sybit aus Radolfzell tüfteln die Zwölftklässler daran, dass Mülleimer nur noch bei Bedarf angefahren werden müssen. Wie sie das anstellen und was das bringen soll, erklären mehrere Beteiligte dem SÜDKURIER.
Momentan fährt die Müllreinigung der Stadtverwaltung drei Mal wöchentlich alle Mülleimer im Stadtgebiet an, um sie zu leeren, wie Manuela Weißmann, die Sachgebietsleiterin für Digitalisierung der Stadt Singen, erzählt: „Aus Erfahrung wissen sie zwar, welche Mülleimer in der Regel schnell gefüllt sind und welche nicht. Aber es kommt auch vor, dass sie umsonst hinfahren.“

Sensoren bestimmen die Füllhöhe
Doch die Arbeit der Stadt könnte einfach effizienter sein, wie Schüler Nicolas Wagner erklärt: „Ein Sensor wird an der Oberseite des Mülleimers platziert und misst den Abstand zum Müll. So kann die Füllhöhe bestimmt werden.“ Die gemessenen Daten werden an eine Empfangsstation weitergeleitet, die in der Schule stationiert ist. Das geschieht alle drei bis zwölf Stunden, so Lehrer Karl Laber. Der Füllstand der Mülleimer ist dann auf der eigens programmierten Internetseite abrufbar. Zudem zeigt eine Stadtkarte die Standorte an.

Dadurch können die städtischen Mitarbeiter gezielt volle Mülleimer anfahren und somit Kosten sparen. „Ob und in welchem Umfang sich daraus dann tatsächlich Optimierungen ergeben, wird sich im Projektverlauf zeigen“, ergänzt Manuela Weißmann von der Stadt.
Das sind die Ziele des Projekts
Momentan sind fünf Testgeräte im Einsatz, wie Karl Labers Lehrerkollege Stefan Martin mitteilt. Diese sollen zunächst Daten sammeln. „Sobald die Programmierung reibungslos funktioniert, soll die Technologie auf zehn ausgewählte Unterflurmülleimer im Bereich der Innenstadt angewandt werden“, sagt er.
Das sind Mülleimer, die zusätzlich zum sichtbaren Behältnis ein unterirdisches Fassungsvermögen von einem Kubikmeter haben. Insgesamt gibt es in Singen 30 davon, wie Martin erzählt. Ziel des Projekts ist, im Laufe der Zeit alle dieser Mülleimer zu erfassen und die Routenplanung der städtischen Müllreinigung durch eine genauere Datenanalyse zu optimieren.
Dafür hat das Technische Gymnasium laut Karl Laber ein Budget von 1000 Euro. „Die Sensoren werden über Batterie betrieben und halten unglaublich lang. Sie sind deshalb kostengünstig“, erläutert er. Der Preis bewege sich zwischen 8 und 150 Euro pro Sensor.
Wie das Projekt zustande kam
Bereits vor einem Jahr führte das Technische Gymnasium erste Gespräche mit der Stadt Singen. Die Lehrer Karl Laber und Stefan Martin, die das Profilfach Informationstechnik in der zwölften Klasse unterrichten, konnten sie von einer Zusammenarbeit überzeugen.
Denn für das Profil Informationstechnik ist im Bildungsplan der zwölften Klassen eine umfangreiche Projektarbeit vorgesehen, die technisches Fachwissen und Anwendung vereinen soll, so Stefan Martin. Im zweiten Halbjahr haben die Schüler deshalb zwei Unterrichtsstunden pro Woche zur Verfügung, in denen gemeinsam mit den Lehrern an der Idee und Umsetzung des Pilotprojekts gearbeitet wird.
Die Firma Sybit unterstützt, indem sie beispielsweise Tipps zur Projektkoordination und Kundenorientierung gibt und Berufserfahrungen teilt. Außerdem stellt Sybit einen Server für die Infrastruktur bereit. Das Unternehmen arbeitet bereits seit zehn Jahren mit dem technischen Gymnasium zusammen, wie Stephan Strittmatter als Verantwortlicher für Talentgewinnung berichtet: „Es ist ein Geben und Nehmen – die Schüler bekommen mit, wie es in der Praxis läuft, und wir finden möglicherweise zukünftige Arbeitskräfte.“
Die Schüler simulieren ein Start-Up
Insgesamt sind 21 Schüler am Pilotprojekt beteiligt, die sich auf die Bereiche Projektleitung, Controlling, Einkauf, Marketing und Programmierung spezialisiert haben. „Im Prinzip soll so ein Start-Up simuliert werden. Die Stadt Singen fungiert dabei als Kunde“, erklärt Karl Laber. Der Name der Firma lautet „CitIOT“, die intelligenten Mülleimer selbst haben die Schüler „CitBIN“ getauft.
Alle paar Wochen treffen sich alle Beteiligten zu Statusgesprächen, bei denen sich die Schüler mit den Lehrern, der Firma Sybit und der Stadt Singen austauschen. Die dabei präsentierten Ideen sind Teil der Benotung.
„Es ist eine coole Erfahrung, ein eigenes Start-Up aufzubauen. Und das als Klassengemeinschaft“, sagt Schüler Nicolas Wagner als Teil der Projektleitung. Sein Mitschüler David Bock aus dem Programmierungsteam ergänzt: „Die Lernkurve ist wirklich immens.“ Auch die anderen Beteiligten sind begeistert. Strittmatter von der Firma Sybit ist fasziniert: „Es funktioniert alles nach Plan und die Entwicklungen sind deutlich sichtbar.“ Manuela Weißmann von der Stadt teilt diese Ansicht: „Es ist super, was für Ideen die Schüler haben. Auch das Lehrerteam ist hochengagiert.“
Für die Schüler endet die Arbeit an den intelligenten Mülleimern im Juli vor den Sommerferien. Bis dahin soll das System laufen und von der Stadt benutzt werden können. Aber das Projekt soll von der nächsten zwölften Klasse weitergeführt werden, so Karl Laber: „Wir haben mit dem Projekt so gute Erfahrungen gemacht, dass wir es unbedingt beibehalten wollen.“