Sie quillen aus Mülleimern über, häufen sich an Grill- und Spielplätzen und werden achtlos an verschiedenen Stellen einfach stehen gelassen: Einweggeschirr von Gastronomie und Fast-Food-Ketten.
Dass dies ein Problem ist, das immer größer wird, ist der Gruppe „Parents for Future“ Singen/Radolfzell schon länger aufgefallen. Die Gruppe ging aus der „Fridays for Future“-Bewegung hervor und vertritt ältere Generationen, die sich nach eigenen Angaben für Klimagerechtigkeit einsetzen. Um dem vielen Verpackungsmüll im Hegau entgegenzuwirken, hat die Ortsgruppe um Judith Mikus und Beate Weber kürzlich einen Antrag zur Einführung der Verpackungssteuer für Einwegprodukte in Singen und Radolfzell eingereicht.
Ersatz für Einweggeschirr sorgt nicht für weniger Müll
Vorbild hierfür ist die Universitätsstadt Tübingen, die seit 1. Januar 2022 eine entsprechende Steuer eingeführt hat. „Eine solche Steuer fördert nicht nur die dringend benötigte Müllvermeidung, sondern verhindert eine Benachteiligung von örtlichen Unternehmen, die diesbezüglich bereits vorbildlich agieren und Müll vermeiden“, erklärt Mikus.

Zwar gibt es bundesweite Maßnahmen wie die seit dem 1. Januar 2023 geltende Mehrweg-Angebotspflicht, doch diese hätten bisher nicht zu spürbar weniger Einwegmüll geführt, so die Argumentation von „Parents for Future“ Singen/Radolfzell.
„Stattdessen werden scheunentorgroße Regelungslücken ausgenutzt, indem Einweg-Alternativen aus Holz oder Papier verwendet werden“, kritisiert Beate Weber in ihrem Antrag. „Der Ersatz von Einweggeschirr aus Plastik durch solches aus anderem Material führt jedoch zu keinem Gramm weniger Müll und wird das Problem unnötiger Abfallberge nicht lösen“, so Weber.
Auch die Stadt Singen steht einer kommunalen Verpackungssteuer positiv gegenüber. „Wir hatten das Thema 2022 schon einmal auf der Tagesordnung. Doch aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten haben wir das Thema zurückgestellt“, sagt Pressesprecher Stefan Mohr auf Anfrage. „Nachdem die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt sind, will die Verwaltung das Thema im Gemeinderat zur Abstimmung stellen. Ein Zeitpunkt hierfür können wir aktuell noch nicht abschätzen“, so Mohr.
Mehrweggeschirr gibt es seit 2021 in Singen
Seit 2021 gibt es in der Stadt Singen bereits Mehrwegbecher und -schüsseln, die für Getränke und Essen zum Mitnehmen vorgesehen sind. Wie rege das Mehrweggeschirr genutzt wird, ist unklar, denn eine statistische Auswertung liege laut Stefan Mohr nicht vor.
Immerhin nutzen etwa 20 Bäckereien und Gastronomen das von der Stadt präferierte Modell. „Leider ist das Müllaufkommen nach wie vor zu hoch, sodass die Einführung einer Verpackungssteuer notwendig erscheint“, sagt der städtische Pressesprecher.
Noch im selben Jahr gab es Pläne für einen Pfandautomaten für die Mehrwegbecher in der Innenstadt. Daraus ist erst einmal nichts geworden – doch die Pläne gibt es immer noch. „Allerdings fehlt der geeignete Standort. Die Umsetzung hängt auch mit personellen Ressourcen zusammen, die an anderer Stelle gebunden sind“, erklärt Stefan Mohr.