Singen – Mit der Ausstellung unter dem Titel „Ein Platz auf der Erde“ ist die Aktionswoche zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 80 Jahren im Hegau in der Robert-Gerwig-Schule eröffnet worden. Gezeigt wird dort das sogenannte Auschwitz-Album, die einzige überlieferte fotografische Quelle des Prozesses von Ankunft und Selektion in Auschwitz-Birkenau. Mit einer Reihe von Veranstaltungen in Singen, Gailingen und Konstanz soll nach dem Auftakt an der Robert-Gerwig-Schule an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden. Damit einher geht die Mahnung: „Nie wieder – ist jetzt!“ Insbesondere in von Populisten geprägten Zeiten gelte der unumstößliche ethische Imperativ: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz eröffnete die Ausstellung in seiner Funktion als Sprecher der Initiative Stolpersteine, deren Anliegen es sei, die Opfer des Holocaust und damit des Nazi-Regimes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Den Opfern gelte das Gedenken und ihre Geschichten diene den Lebenden als Mahnung, sich für die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und damit für Menschlichkeit einzusetzen.
Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler erinnerte dann daran, dass 17¦Singener Bürger nach Auschwitz deportiert wurden und nur vier davon lebend zurückgekommen seien. Er vergaß auch nicht, an das Schicksal des Pfarrers August Ruf zu erinnern, der einer jüdischen Mitbürgerin geholfen hatte, in die Schweiz zu flüchten. Der schon greise Prälat saß deswegen sechs Monate in Haft und starb fünf Tage nach seiner Entlassung. Sein überliefertes Zitat dazu lautet: „Ich sehe es als einen Ehrentag an, dass ich auch noch in meinen alten Tagen ins Gefängnis darf für eine Liebestat.“ Andreas Grimm, Schulleiter der Robert-Gerwig-Schule, betonte, wie wichtig ihm die Ausstellung in seiner Einrichtung sei, denn die Erinnerung müsse insbesondere bei der jungen Generation wachgehalten werden. Dafür setzt sich auch das neu gegründete Bündnis „Demokratwiel“ ein, in dessen Namen Guiseppe Femia das Wort ergriff und die Bedeutung der Erinnerung an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte hervorhob. Er bedauert, dass es kaum noch authentische Stimmen, also Zeitzeugen gebe. Sein abschließendes „Das darf nie wieder passieren!“, formulierte er als Schlachtruf.
Einsatz für Menschlichkeit
Hans-Peter Storz verwies außerdem auf die bei der Ausstellungseröffnung anwesende Zeitzeugin Roswitha Besnecker, die als Kind am Posthalterswäldle groß geworden war und erlebte, wie im Laufe der Säuberungsaktionen nach dem Hitler-Attentat 1944 (Aktion Gitter) ein Nachbar verhaftet worden war. Zum finalen Friedenslied griff Storz am Ende zum Banjo und formulierte kraftvolle Worte. Gerade heute sei rechtspopulistisches Gedankengut wieder sehr populär, es werde von Remigration gesprochen und die Mitbürger in gute und schlechte Deutsche eingeteilt. Dagegen gelte es, sich zu wehren und klar Position für die Menschlichkeit zu beziehen.