Wir Deutschen sind ja bekannt für unsere Pünktlichkeit – mit Terminen nehmen wir es laut altem Klischee ganz genau. Ein Sprichwort besagt sogar: „Fünf Minuten vor der Zeit ist des Deutschen Pünktlichkeit“. Auch mein Opa hatte diese Weisheit verinnerlicht: In seinem Hause galt mit Blick aufs Mittagessen immer: „Wer nicht kommt zur rechten Zeit, muss essen, was übrig bleibt.“ Als kleiner pummeliger Nimmersatt hieß das für mich damit: Matze sei pünktlich und am besten einer der ersten am Esstisch.
Eine Ausnahme beim Pünktlichkeits-Wahn der Deutsche bildet vielleicht die Deutsche Bahn, die hat wohl von den vielzitierten Tugenden noch nichts gehört.
In einer Sache sind wir aber schon so überpünktlich, dass es beinahe lächerlich wird: der Einkehr der Weihnachts-Ware in die Regale der Supermärkte. Mitten in den Sommerferien und an einem Tag, an dem der deutsche Wetterdienst die höchste Waldbrandgefahr ausruft, kehren sie zurück: die Schoko-Nikolause.
Los Leute, geht Schoko-Nikolause hamstern!
Während in den Star Wars-Filmen die Rückkehr der Jedi-Ritter enthusiastisch gefeiert wurde, gleicht die Rückkehr der Schoko-Nikolause Mitte August einem aberwitzigen Irrsinn. Denn warum soll der Mensch einen Adventskalender mit Schokolade im Hochsommer kaufen, wenn er den erst im Dezember benötigt?
Oder kaufen Sie Ihre Weihnachtsgans auch schon im August, um sie bis Weihnachten in der Tiefkühltruhe zu lagern – in der Angst, dass alle Gänse kurz vor Weihnachten im Handel schon vergriffen sind? Wobei, mit Blick auf die Hamsterkäufe zu Beginn der Corona-Pandemie scheint diese Variante nicht ganz unrealistisch.
Wann ertönt das erste Mal „Last Christmas“?
Immerhin lassen sich Schoko-Weihnachtsmänner und Dominosteine in Supermarktregalen noch ganz gut ignorieren. Anders ist das mit der nervtötenden Weihnachtsmusik, die uns im Laufe des Jahres in den Geschäften noch erwartet und sich dann allem Widerwillen zum Trotz als endloser Ohrwurm im Gehirn festsetzt.
Die unvermeidliche Weihnachtsmusik beginnt aber wenigstens nicht bereits im August. Wobei, ich fiebere dem ersten Erklingen von „Last Christmas“ schon entgegen. Vielleicht mit einem Glühwein in der Hand – und in Badeshorts bei 31 Grad.