Freud und Leid liegen an diesem Tag nah beeinander: Der Brand der Scheffelhalle jährt sich heute, am 17. November, zum dritten Mal. An jenem Tag im Jahr 2020 verlor die Stadt Singen ihre gute und altehrwürdige Stube. Doch beinahe auf den Tag genau drei Jahre später gibt es gute Nachrichten: Der Wiederaufbau soll schon bald starten. Wie Stefan Mohr, persönlicher Referent von Oberbürgermeister Bernd Häusler, gegenüber dem SÜDKURIER bestätigt, soll der Baubeginn am Mittwoch, 22. November, erfolgen. „Die ersten großen Gewerke sind schon vergeben“, schildert Mohr. Der offizielle Spatenstich soll zeitnah danach stattfinden.
Dass es jetzt schnell gehen könnte mit dem Spatenstich, wird bei einem Besuch vor Ort deutlich. Überall auf dem Areal der früheren Scheffelhalle finden sich Markierungen auf dem Boden wieder. Der Bereich, in dem sich das Kellergewölbe befand, weiter hinten fast beim Aachbad, ist mit bunten Markierungen im Boden ausgesteckt.
Das sind Nachrichten und Entwicklungen, die bei Stefan Glunk, Zunftmeister der Singener Poppele, und Peter Adrian Gäng, Vorsitzender des Fördervereins, für besonders gute Laune sorgt. Denn beide sind mit der Scheffelhalle aufgrund ihrer Funktionen besonders eng verbunden. Über Jahre fanden dort viele Veranstaltungen der Singener Narrenzunft wie etwa der Zunftabend oder der Bürgerball statt.

„Das Gefühl ist kaum in Worte zu fassen. Dies ist ein unglaubliches Beispiel dafür, dass sich persönliches Engagement und Einsatz, eben doch auszahlt und dies gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit“, sagt Gäng gegenüber dem SÜDKURIER. Für ihn sei der Wiederaufbau ein riesiger Erfolg für bürgerliche Beteiligung und Mitbestimmung, denn viele Singener hätten sich mit unterschiedlichen Aktionen für den Wiederaufbau stark gemacht.

Sowohl Gäng als auch Glunk sind sich sicher: Ohne die Scheffelhalle geht es in Singen einfach nicht. „Als die alte Scheffelhalle abgebrannt ist, waren nicht nur wir Narren tief erschüttert, denn wir Singener haben ja nicht nur in Bezug auf die Fasnet tolle Erinnerungen, die mit der Scheffelhalle verbunden sind“, betont Glunk.

Die Stadt Singen brauche die Scheffelhalle, weil sie besonders den Vereinen ermögliche, bezahlbare Veranstaltungen dort zu feiern. „Und die Poppele-Zunft mit ihren 1000 Mitgliedern braucht die Scheffelhalle als Vorbereitungs- und Veranstaltungsort für die Singener Fasnet zur Freude von allen fasnächtlich gesinnten Bürgern unserer Stadt“, Glunk weiter.

Peter Adrian Gäng gibt ihm Recht: Auch drei Jahre nach der Brandkatastrophe vergehe keine Woche, in der er nicht mindestens einmal darauf angesprochen werde, dass die Scheffelhalle fehle. Die vorherrschenden Gefühle in der Brandnacht seien bei ihm Fassungslosigkeit, Trauer, Unglauben und Wut gewesen.

„Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als nachts bei uns daheim das Telefon klingelte. Als die Freiwillige Feuerwehr angerufen hat, konnten wir es nicht glauben, dass die Scheffelhalle im Vollbrand stehen würde“, erinnert sich Gäng. Dann der Anblick, als er zum Brand gefahren sei und das ganze Ausmaß mit eigenen Augen habe sehen können. „Die Flammen, die dort noch aus der Halle schlugen, kein Dach mehr zu sehen war und die betroffenen Gesichter der Feuerwehrmänner und -frauen“, erzählt Gäng aus der Brandnacht.
Eine Halle für alle Singener
Singen und die Scheffehalle gehören für Gäng zusammen wie der Hohentwiel zur Stadt. „Singen und der Hegau brauchen die neue Scheffelhalle, um den Vereinen für ihre Veranstaltungen wieder ein Zuhause zu geben, da es durch die Umwidmung von Gaststätten inzwischen keine Säle für Vereinsveranstaltungen mehr zur Verfügung gibt, welche auch noch bezahlbar und mitten in der Stadt sind“, so Gäng.
Er denke dabei etwa an das Neujahrsfest der italienischen Gemeinde, endlich wieder Boxveranstaltungen, experimentelles Theater wie damals “Die Reis“, Blutspenden, Probelokal für Chöre und Musikvereine, Mitgliederversammlungen, Jugend-Diskos und selbstverständlich die Fasnachts-Veranstaltungen.
Die neue Scheffelhalle wird kein historischer Nachbau ihres beim Brand zerstörten Vorbildes, aber eine neue Scheffelhalle mit altem Charme. Die beiden Planer Ben Nägele und Alexander Kionka haben bereits im Oktober 2022 mit den Planungen angefangen. Laut Stefan Mohr rechne die Stadtverwaltung für den Wiederaufbau mit Kosten von rund 10 Millionen Euro. Oder wie er es vorsichtiger formuliert: „Ziel ist es, mit dem im Baubeschluss gesteckten Kostenrahmen von rund 10 Millionen Euro netto zurechtzukommen.“
Mehr als 3 Millionen Euro von der Versicherung
Auch die Summe der Versicherung nimmt immer konkretere Formen an. „Wir haben gegenüber der Versicherung alle Fristen eingehalten, sodass der Neuwert ausgezahlt wird“, so Mohr weiter. Zur Erinnerung: Die Stadt muss bis Ende dieses Jahres mit dem Wiederaufbau der Scheffelhalle begonnen haben, um den vollen Neuwert zu erhalten – was sie mit dem nun terminierten Baubeginn schaffen wird. Wäre dies nicht geschehen, hätte die Versicherung nur den Restwert des Gebäudes beglichen, der wesentlich niedriger ausgefallen wäre. „Das heißt, wir sollten aus der Gebäudeversicherung rund 3 Millionen Euro und für das Inventar rund 200.000 Euro erhalten“, schildert Mohr.

Mit Blick auf den Bauplan gibt es ebenfalls gute Neuigkeiten aus dem Rathaus: Dem Ziel, die Scheffelhalle 2025 wieder aufgebaut zu haben, komme man mit dem Baubeginn sehr nahe. Damit wäre die Halle zum 100. Geburtstag wieder nutzbar. „Das Ziel ist absolut realistisch. Wir gehen derzeit von einer Fertigstellung im zweiten Quartal 2025 aus“, bestätigt Mohr.