Die Chancen, sich auf der Video-Plattform YouTube zum Star aufzuschwingen, vergleicht Mirko Drotschmann mit dem Traum, Fußballprofi zu werden. „Die Schule abbrechen solltet ihr also nicht“, sagt er bei einem Auftritt in Singen. Drotschmann ist einer, der es geschafft hat. Auf seinem YouTube-Kanal „MrWissen2go“ hat der 37-Jährige über zwei Millionen Abonnenten, seine Videos werden hundertausendfach geklickt. Jüngst erhielt er für seine Arbeit auch das Bundesverdienstkreuz. Im Rahmen der Kinder- und Jugendliteraturtage erzählte er am Sonntag in der Gems aus dem Alltag eines YouTubers, gab Tipps für den eigenen Kanal und warnte auch vor Falschinformationen auf der Plattform.
Zunächst müsse man eine eigene Nische bedienen. Das Thema sollte einen selbst interessieren und beim Publikum gut ankommen. Außerdem muss es möglich sein, viele Videos darüber zu drehen. Ein Kanal, der sich ausschließlich den besten Kartoffelrezepten widmet, habe zum Beispiel keine Zukunft: „Nach einem Jahr habe ich dann wahrscheinlich alle Kartoffelgerichte der Welt gekocht und weiß nicht weiter“, sagt Drotschmann.
Hinter dem Erfolg steht ein ganzes Team
Wichtig sei auch, sein Publikum genau zu kennen. Um das zu verdeutlichen, gab der YouTuber einen Einblick in seine Kanalstatistik. Dort wird zum Beispiel aufgeschlüsselt, wie alt seine Zuschauer sind, wie lange sie seine Videos schauen und wo sie häufig pausieren. All das müsse man auswerten und Videos dementsprechend gestalten.
Anschließend brauche man vor allem einen langen Atem. Von heute auf morgen werde man auf YouTube nicht berühmt. Bis man mit seinen Videos Erfolg hat, könne es Jahre dauern. Bessere Chancen sieht er darin, im Hintergrund der Videos zu arbeiten. Auch Drotschmann selbst arbeitet mit einem ganzen Team zusammen. Dort seien Mediengestalter im Schnitt oder der Regie gefragt, auch Kameraleute oder Tontechniker braucht es.
Für die Hängematte bleibt kaum Zeit
Auch dem Bild des reichen Influencers, der die meiste Zeit in der Hängematte faulenzt, widerspricht Drotschmann. Wer Influencer sein möchte, der müsse hart arbeiten. So auch er selbst: Die meiste Zeit verbringe er am Schreibtisch. Für seine Videos schreibt er Skripte und überlegt sich passende Themen. Oft sei die Arbeit auch mit viel Recherche verbunden. Drotschmann versucht so, Fehler zu vermeiden.
Er warnt aber auch: „Ihr müsst immer aufpassen, was Leute euch bei YouTube erzählen – das gilt auch für mich.“ Nicht nur unterlaufen den YouTube-Stars Fehler, auch gezielte Falschinformationen seien auf der Plattform alltäglich.
Um darüber aufzuklären, zeigte er ein Video, in welchem dunkelhäutige Männer ein italienisches Polizeiauto zerstören. Immer wieder werde damit gegen Geflüchtete gehetzt, so Drotschmann. Doch schaut man genauer hin, fällt auf, dass die Szene professionell gefilmt wurde. Sie stammt aus einer Dokumentation, die Menschen arbeiten mit einem Skript. Drotschmann gab auch Tipps, wie man mit solchen Videos kritisch umgeht.
Über zehn Jahre Erfahrung mit YouTube-Videos
Seine Karriere auf der Plattform begann 2012. Aufmerksam wurde er auf YouTube durch seine Frau, die damals heimlich Schminkvideos produzierte. Er veröffentlicht seitdem Videos über historische Ereignisse und das aktuelle Weltgeschehen. Dabei fokussiert er sich auch auf den Lehrplan in Schulen.
Stehen die Abiturprüfungen an, veröffentlicht der studierte Historiker gerne Videos zu den aktuellen Prüfungsthemen. Ein Angebot, das von vielen Schülern genutzt werde, wie sich an seinen Kanalstatistiken belegen lasse. Gerade auch während der Pandemie seien viele Schüler darauf angewiesen gewesen, zusätzlich zum Onlineunterricht über YouTube zu lernen.