Sie gehören der gleichen Partei an, doch selbst bei gemeinsamen Grundüberzeugungen gibt es selten solch ein Einvernehmen wie zwischen Heike Kornmayer und Tobias Hermann. Die beiden bewerben sich im Wahlkreis Singen/Stockach bei der CDU um die Kandidatur für die Landtagswahl am 14. März 2021, worüber die Parteimitglieder voraussichtlich im Spätsommer entscheiden werden. Der ursprüngliche Plan sah die Festlegung des Kandidaten beziehungsweise der Kandidatin bereits im späten Frühjahr vor, doch daraus wurde wegen der Corona-bedingten Versammlungsbeschränkungen nichts.
Den CDU-Mitgliedern wird allein wegen der Lebensdaten der beiden Bewerber die Wahl nicht einfach gemacht. Heike Kornmayer und Tobias Hermann befinden sich mit 42 beziehungsweise 48 Jahren in der Lebensmitte, beide sind Lehrer in Singen – sie an der Robert-Gerwigschule, er am Hegau-Gymnasium. Und beide unterrichten in artverwandten Fächern: Tobias Hermann hat in Tübingen Philosophie, Theologie und Sport studiert und hat sich im Laufe seines Berufslebens zusätzlich noch die Lehrbefugnis für Psychologie erworben, Heike Kornmayer studierte Wirtschaft und Politik in Konstanz, wobei sie als Diplomhandelslehrerin im Rang einer Oberstudienrätin alle Alterstufen bis hin zum Abitur unterrichtet.
Ebenso gut möglich, dass sich die CDU-Mitglieder inhaltlich nach der einst beinharten Auseinandersetzung zwischen Veronika Netzhammer und Wolfgang Reuther bei der Besetzung des Kandidaturpostens im Vorfeld der Landtagswahl 2011 zurücksehnen werden. Denn sowohl bei ihrer politischen Motivation als auch den thematischen Schwerpunkten gibt es zwischen Tobias Hermann und Heike Kornmayer keine signifikanten Unterschiede.
Demokratie braucht Demokraten
Zur Motivation: „Ich habe der Gesellschaft viel zu verdanken“, sagt Tobias Hermann, „und jetzt möchte ich gern etwas davon zurückgeben.“ Ausdrücklich hebt er dabei sein Bedürfnis hervor, das demokratische System vor ihren fundamentalen Kritikern wie etwa in der AfD zu schützen. Ähnlich hört sich das bei Heike Kornmayer an. Sie will nach einer Phase der Mitwirkung innerhalb der Partei – etwa als Ersatzkandidatin des früheren Landtagsabgeordneten Wolfgang Reuther – jetzt aktiv und gestalterisch im politischen Leben mitwirken. Und wie ihr Mitbewerber sieht auch sie die Gefahr der Demontage der Demokratie, wenn deren Kritikern das Feld überlassen wird. Beiden geht es darum, den rund 16-prozentigen Stimmenanteil der AfD im Wahlkreis zu reduzieren.
Und als hätten sie‘s abgesprochen, stimmen die beiden Bewerber auch bei den inhaltlichen Zielen überein. Die Bildungspolitik als eine der Kernaufgaben in der Landespolitik sehen Heike Kornmayer und Tobias Hermann wegen ihres beruflichen Hintergrunds als naheliegendes Betätigungsfeld.
Was bedeutet heutzutage Lernmittelfreiheit?
Heike Kornmayer gibt sich dabei als Anhängerin der amtierenden Ministerin für Kultur, Schule und Sport. Susanne Eisenmann habe für neue Modelle bei der Lehrerfortbildung mit verbindlichen Vorgaben gesorgt, wovon für die 42-Jährige eine Signalwirkung für weitere Neuausrichtungen der Schulpolitik ausgeht. Nicht zuletzt durch das Corona-bedingte Home-Schooling stelle sich die Frage der Neuorientierung bei der Lernmittelfreiheit. Mit der Verteilung von iPads anstelle von Büchern ist es für Heike Kornmayer jedenfalls nicht getan, die Ausbildung der dafür erforderlichen Kompetenzen sei mindestens ebenso wichtig.
Bildungsgerechtigkeit und Lehrerfortbildung sind auch die Top-Themen von Tobias Hermann. Für ihn reicht die Bedeutung von Bildung dabei weit über den Schul-Campus hinaus. „Bildung halte ich für einen wichtigen Antikörper gegen die überall in die Welt verbreiteten Verschwörungstheorien“, sagt er.