„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Das steht so seit 75 Jahren im Grundgesetz und nun auch auf einer Sitzbank, die Schüler in Stockach gestaltet haben. „Die Stadt kam auf uns zu und hat angefragt, ob wir uns vorstellen könnten, bei einem Projekt mitzumachen, bei dem Schülerinnen und Schüler Sitzbänke künstlerisch zum Thema Grundgesetz gestalten“, erzählte Isabel Raff vom Berufsschulzentrum. Für sie als Politiklehrerin sei sofort klar gewesen, dass sie dieses Thema Grundgesetz gut in den Gemeinschaftskundeunterricht einbauen könne. Nun dienen die Bänke nicht nur zum Sitzen und sind hübsch anzusehen, sondern taugen auch als Diskussionsgrundlage.

Den Wert des Grundgesetzes betonen anlässlich des Jubiläums dieser Tage viele Menschen, so auch Bürgermeisterin Susen Katter bei der Eröffnung einer kleinen Gesprächsrunde, die am Haupteingang des Rathauses anlässlich der Übergabe der Diskussionsbänkle stattfand. „Ich brenne für das Grundgesetz und für die Demokratie.“ Anwesend waren der Schulleiter des Nellenburg-Gymnasiums Holger Seitz sowie Isabel Raff, Geschichts- und Politiklehrerin am Berufsschulzentrum Stockach (BSZ).

Lehrerin Isabel Raff, Schulleiter Holger Seitz und Bürgermeisterin Susen Katter (rechts) freuen sich über die von Schülern gestalteten ...
Lehrerin Isabel Raff, Schulleiter Holger Seitz und Bürgermeisterin Susen Katter (rechts) freuen sich über die von Schülern gestalteten Bänke anlässlich des 75. Geburtstags des Grundgesetzes. | Bild: Reinhold Buhl

Die Schüler, die diese Bänke gestaltet haben, fehlten allerdings. Susen Katter bedauerte sehr, dass durch einen Kommunikationsfehler zwischen Schulen und Rathaus keine Schüler bei der Übergabe der Bänke anwesend sein konnten, denn sie seien schließlich die Zielgruppe für dieses wichtige Thema Grundgesetz.

Melanie Martin und Martin Klopot vom Wirtschaftsgymnasium des Berufsschulzentrums sind bei der Gestaltung ihrer Bank auf die historische ...
Melanie Martin und Martin Klopot vom Wirtschaftsgymnasium des Berufsschulzentrums sind bei der Gestaltung ihrer Bank auf die historische Entwicklung der Menschenrechte eingegangen. | Bild: Reinhold Buhl

Jugendliche zeigen viel Fantasie

Schüler aus dem Wirtschaftsgymnasium haben sich intensiv mit dem Thema Grundgesetz befasst und die Gestaltung von zwei Bänken übernommen. Die Gestaltung der einen Bank bezieht sich auf die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz mit dem Spruch „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Unterstrichen wird dieser Gedanke durch die Darstellung der blinden Justitia, links und rechts von einer Friedenstaube mit Ölzweig im Schnabel flankiert.

Menschenrechte sind eines der Themen

Die Gestaltung der zweiten Bank bezieht sich auf die historische Entwicklung der Menschenrechte – angefangen mit der Magna Charta über die Aufklärung, Französische Revolution, März-Revolution bis zum Völkerrecht – und nennt verschiedenfarbig ausformuliert die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes.

Isabel Raff hat in ihrem Unterricht die Bedeutung der Menschenrechte beziehungsweise deren Missachtung anhand des Schicksals des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny hervorgehoben. Beide Bänke des Berufsschulzentrums werden noch mit einem QR-Code-Täfelchen versehen, über das man Informationen zu den Menschenrechten und ihrer Entwicklung abrufen kann.

Lukas Wange, Schüler des Nellenburg-Gymnasiums, gestaltete die Bank, die er mit 146 kleinen Sternen versah, welche die 146 Artikel des ...
Lukas Wange, Schüler des Nellenburg-Gymnasiums, gestaltete die Bank, die er mit 146 kleinen Sternen versah, welche die 146 Artikel des Grundgesetzes symbolisieren. | Bild: Reinhold Buhl

Der Gymnasiast Lukas Wange aus der zwölften Klasse des Nellenburg-Gymnasiums hat als Einzelkünstler die Bank seiner Schule gestaltet. Er hat sich den für die Bildung wichtigen Artikel 5 des Grundgesetzes herausgegriffen, der die Freiheit der Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre hervorhebt. „Dieser Artikel des Grundgesetzes passt wie kein anderer zu einer Bildungsanstalt, wie wir es sind“, erklärt Schulleiter Holger Seitz und lobt den Schüler für den künstlerischen Kniff, die Sitzfläche der Bank mit 146 Sternen zu versehen, die für die 146 Artikel des Grundgesetzes stehen.

Dabei habe er die ersten 20 Sterne mit kleinen Nummern versehen, welche die ewigen Artikel des Grundgesetzes darstellen: Diese 20 Artikel dürften niemals aufgehoben werden. Sie seien wirksam, solange das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gelte. Die Fachwelt spricht hier von Ewigkeitsklausel. Die Bank, die von Schülern des Schulverbunds Nellenburg gestaltet wird, war zum Pressetermin noch nicht fertig.

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Mehrere Standorte in der Kernstadt

Bürgermeisterin Katter freute sich sehr über die Kreativität der Schüler und versprach, die Bänke an markanten Stellen der Stadt aufstellen zu lassen. Vorgesehen ist eine Bank vor dem Bürgerhaus in der Hauptstraße, eine weitere am Kinderspielplatz im Stadtgarten und eine in der Unterstadt am Königsplatz, wo die Goethestraße in den Stadtwall mündet.

Melanie Martin und Martin Klopot vom Wirtschaftsgymnasium des BSZ bei der Gestaltung ihrer Bank.
Melanie Martin und Martin Klopot vom Wirtschaftsgymnasium des BSZ bei der Gestaltung ihrer Bank. | Bild: Reinhold Buhl

„Die junge Generation muss für dieses Thema sensibilisiert werden“, erklärte Katter. Für sie bestehe die Gefahr, dass es bald keine Zeitzeugen zur Entstehung des Grundgesetzes mehr gebe und so das wichtige Thema in Vergessenheit gerate. Deshalb habe sie es für wichtig gehalten, dieses Bank-Projekt mit den Stockacher Schülern umzusetzen.

Sie sei bei allen drei Schulen mit ihrem Anliegen sofort auf offene Ohren gestoßen und hoffe, so einen Beitrag zum Erhalt der Demokratie geleistet zu haben. Sowohl die Bürgermeisterin als auch die beiden anwesenden Pädagogen sehen in der Demokratie ein schützenswertes Gut, gerade in Zeiten, in denen weltpolitisch viel in Bewegung sei.