So eine Schulstunde gibt es nur selten: Bei einem Ausflug in die Stadtbücherei hörten die Kinder der Klasse 1c der Grundschule Stockach mal nicht einer Lehrerin zu, sondern Bürgermeister Rainer Stolz. Er saß am bundesweiten Vorlesetag zwischen ihnen im Schneidersitz an ein Bücherregal gelehnt und las aus einem Buch vor.
Stolz ist fünffacher Vater, hat ein Enkelkind und erzählte, dass er seinen eigenen Kindern früher oft am Kamin vorgelesen habe. Damals seien sie auch um ihn herumgesessen. Eines der Bücher, das seine Kinder geliebt hätten, sei „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ – und so las er aus diesem Buch vor. Nur wenige der Erstklässler kannten es schon, verrieten den anderen aber natürlich nichts von der Handlung.

Die Schüler lauschten interessiert, aber manchmal auch etwas hibbelig, als Stolz las. Manchmal stellte er Zwischenfragen oder erklärte ein Wort, das die Kinder noch nicht kannten. Mit Bildern aus dem Buch zeigte er zum Beispiel, wo die Handlung spielt: Lummerland ist eine kleine Insel, auf der nur wenige leben. Lukas der Lokomotivführer mit seiner Lokomotive Emma, der König namens Alfons der Viertelvorzwölfte und gerade mal zwei Untertanen. Sie werden im Buch davon überrascht, dass ein Paket ankommt, in dem ein Baby ist, das später den Namen Jim Knopf erhält.
„Ich hab als Bub auch Streiche gemacht“
Stolz ging immer auf die Reaktionen der Kinder ein, bewies seine Erfahrung im Vorlesen und pfiff sogar, als es im ersten Kapitel um Pfeifen ging. Und bei der Erwähnung von Streichen im zweiten Kapitel verriet Stolz den Kindern: „Ich hab als Bub auch Streiche gemacht.“ Ein Mädchen erzählte daraufhin, dass eine Freundin von ihr Klingelstreiche mache, und eine andere Schülerin erklärte, sie wisse, dass man keine Scherzanrufe bei der Feuerwehr machen dürfe.
Da die Zeit wie im Flug verging, konnte Stolz nur bis zur Mitte des dritten Kapitels vorlesen. Er lobte die Kinder für das ruhige Zuhören und wünschte ihnen beim Lesen und Lernen viel Spaß. Lehrerin Beate Dietz lieh das Buch direkt aus, um es mit den Kindern fertigzulesen. Bücherei-Leiterin Gabriele Gietz konstatierte zum Abschied: „Man merkt, dass Sie gerne vorlesen.“
Außerdem wies sie auf die große Abschlussveranstaltung der Kinder- und Jugendliteraturtage am Samstag, 18. November, von 14 bis 17 Uhr, im Bürgerhaus Adler Post hin. An diesem Mittag gebe es ein kleines Theaterstück und viele Aktionen.