Sie sind klein, niedlich und oftmals hilflos: Igel haben zwar Stacheln, aber stehen bereits auf der Vornwarnliste bedrohter Tierarten. In Manuela Martin aus Eigeltingen und ihrem ehrenamtlichen Team bei der Igelhilfe Eigeltingen haben sie starke Verbündete. Die Ehrenamtlichen kümmern sich laufend um 50 bis 100 Igel: verletzte Alttiere oder elternlose Jungtiere, manchmal auch sehr kleine Tiere mit gerade mal 40 Gramm. Diese Arbeit ist zeitintensiv, aber liegt vor allem Manuela Martin sehr am Herzen. Sie ist bei ihrem Tierschutzengagement jedoch auf Helfer und Spenden angewiesen.
Neu ist: Kim Krause, Umweltbeauftragter der Stadt Stockach, würde gerne eine Kooperation mit der Igelhilfe starten und mehr für Igel in Stockach tun. Daher hat er Manuela Martin und die aktuell rund 80 Igel besucht. In der Hütte mit den Igelboxen herrscht dabei reges Treiben: Helferin Jana Büchin ist dabei, Box für Box zu säubern, also eine neue Zeitungsunterlage und Futter hineinzulegen, damit die Bewohner versorgt sind.
Einem etwas größeren Igel gefällt die Störung nicht so, während zwei handgroße Igelbabys sich direkt mutig und hungrig auf das Nass- und Trockenfutter stürzen und sogar Kletterversuche an ihrem Schuhkartonhäuschen in der Box starten. Igel Alfred, der in der Nacht aus seinem vorübergehenden Zuhause ausgebüxt war und es sich unter einem Handtuchhaufen gemütlich gemacht hatte, ruht sich unterdessen nach seinem Abenteuer in der frisch gereinigten Box aus.
Laubhaufen sind wichtige Rückzugsorte
Während Manuela Martin von ihrer Arbeit und ihren Sorgen im Ehrenamt erzählt, kommen zwischen ihr und Kim Kraus Ideen auf, was in Stockach gemacht werden könnte. Wenn es in Städten Laub-Rondells gebe, sei das toll, erzählt Martin. Das seien geschützte Laubhaufen, in denen Igel überwintern können. Im Stadtgarten von Stockach könnte sie sich so etwas vorstellen – Kim Krause ebenfalls. Er erklärt, die Stadt Stockach sei bereits dabei, Grünflächen naturnäher zu gestalten.
Im hinteren Teil des Stadtgartens werde nun seltener gemäht und an einigen Stellen gebe es mehrjährige einheimische Stauben als Bepflanzungen. An manchen Stellen gebe es auch Beweidungsprojekte. Zudem seien in neuen Bebauungsplänen durchlässige Zäune vorgeschrieben, also Zäune mit zehn Zentimeter Abstand zum Boden, damit kleine Tiere wie Igel durchkommen.
Autofahrer sollen aufpassen
Eine weitere Idee wäre eine Art Wettbewerb mit Vorher/Nachher-Bildern, wer den igelfreundlichsten Garten geschaffen hat. Dazu bräuchte es aber Sponsoren. Zudem kommt die Überlegung auf, Kontakt mit dem Umweltzentrum und der Fledermausbeauftragten aufzunehmen, da im Stadtgarten auch Fledermäuse leben.
Aber egal was umgesetzt werde, laut Krause müsse man die Leute, die die Projekte dann langfristig pflegen sollen, dafür begeistern. Eine kleine Sache ist bereits im Handumdrehen Realität geworden: Auf den digitalen Ortseingangstafeln von Stockach läuft zwischen den Ankündigungen auf Kulturveranstaltungen auch ein Hinweisplakat, das zur Vorsicht wegen Igeln auf der Straße aufruft.

Es bräuchte mehr Helfer
Und wo liegen die Probleme der Igelhilfe? Eigentlich bräuchte es noch mehr Helfer, erklärt die Gründerin der Igelhilfe, die sogar manchmal spätabends Igel aufnimmt oder telefonisch Fragen beantwortet. Die Igelboxen müssten zweimal täglich gereinigt werden, erklärt Manuela Martin. Baby-Igel müssten zudem alle paar Stunden gefüttert werden. „Igel, die unter 100 Gramm wiegen, brauchen alle zwei Stunden Futter“, erklärt sie. Die Babys bekämen eine Spezialmilch für die Aufzucht. „Nur so kriegt man sie durch.“
Igel sollen wieder in die Freiheit
Alles hat ein Ziel: Aufgepäppelte Igel sollen schnellstmöglich an einem sicheren Ort ausgewildert werden können. Daher sucht das Team auch laufend Gärten, in die Igel einziehen dürfen oder wo sie jemand zufüttern könnte. Dabei warnt Manuela Martin vor dem falschen Futter: „Igel bekommen von Brot und Kuhmilch Durchfall. Das ist ein Mythos, dass man ihnen das geben soll.“
Manuela Martin zählt auf, was Igel brauchen, und manche gar nicht wissen: „Sie sind Insektenfresser, also Käfer und Spinnen. Sie haben in ihrem Revier bis zu drei Schlafplätze, zwischen denen sie wechseln und sie halten bis in den April hinein Winterschlaf. Sie brauchen in Gärten Rückzugsorte und Zäune sollten durchlässig sein, damit Igel das Revier wechseln können, ohne auf die Straße laufen zu müssen.“
„Wir bräuchten eigentlich eine geförderte Station mit einer hauptamtlichen Kraft“, sagt Manuela Martin. Momentan sei das noch ein Traum. Die Igelhilfe arbeitet mit Spenden und kann ab Beträgen von 300 Euro Spendenquittungen ausstellen. Bei Beträgen darunter gelte die Überweisung als Nachweise. Sie bedauert, dass Igel bei den meisten Stiftungen durchrutschen und keine Chance auf Förderungen haben. So sei auf die Einrichtung einer FÖJ-Stelle bei der Igelhilfe bisher gescheitert.
Was sind Igel eigentlich in Not?
Manuela Martin hat über die Jahre viel Wissen um Igel gesammelt und hat Tipps, wie man erkennt, ob einer Hilfe braucht. „Wenn man einen Igel am Tag sieht, ist etwas mit ihm nicht in Ordnung“, erklärte sie. „Igel sind normalerweise nur nachts unterwegs.“ Sollte man einen Igel am Tag sehen, sollte man ihn sichern und eine Pflegestelle kontaktieren. Gelbe Säcke und Mähroboter gehören übrigens zu den Gefahren für Igel, denn in den Abfallsäcken lauern Dosen oder Plastikringe, in denen sie sich verfangen und verletzten könnten.

Sie habe auch täglich Fälle, bei denen Igel in zu engen Zäunen eingeklemmt waren. Und für die Benutzung von Motorsensen hat sie einen einfachen Tipp: Erst das Gras auf etwa 30 Zentimeter Höhe mähen, damit man sieht, ob Igel im Gras sitzen. Und erst anschließend weitermachen, wenn dort keine Igel sind oder sie in Sicherheit gebracht sind.

Manuela Martin würde sich wünschen, dass mehr Gärten Platz für Igel bieten, zum Beispiel einen hohen Laubhaufen hinter einem Totholz-Zaun, da dieser schütze und auch noch Insekten Raum biete. Für Igel sei das zugleich ein Futter- und Schlafplatz. In ihrem eigenen Garten hat sie so einen Totholzaun. So etwas könne man ansprechend anlegen und mit Pflanzen, zum Beispiel, einer Heckenrose, überwachsen lassen.
In Wahlwies gibt es übrigens auch eine Igelstation, in der sich Nadine Hetzel um die kleinen Tiere kümmert.