Klaffende Wunden, gellender Husten oder abgetrennte Schnauzen und Pfoten: Manuela Martin hat schon die schlimmsten Krankheiten und Verletzungen bei Igeln gesehen, sie schockiert nichts mehr. Denn sie leitet die Igelhilfe in Eigeltingen, wo sie sich um verletzte oder kranke Igel kümmern. Aktuell betreut sie 65 Tiere, übers Jahr sind es sogar etwa 500.
Denn wegen Nahrungsmittelmangel und fehlenden Unterschlupfen kommen die Tiere immer häufiger in die Nähe von Menschen – und damit von vielen Todesfallen wie Rasenmähern, Heugabeln oder Lichtschächten. Was können Gartenbesitzer tun, um schlimme Unfälle mit den kleinen Tierchen zu vermeiden?
1. Garten verwildern
Manuela Martin rät Gartenbesitzern dazu, nicht den gesamten Garten mit flach gemähtem Rasen oder Steinen zu gestalten. „Die Tiere sind auf ein paar verwilderte Ecken mit höheren Sträuchern oder Blätterhaufen angewiesen“, sagt sie.
Denn Igel müssen neben Schnecken vor allem auch viele Käfer fressen, da sie die Abbauprodukte aus deren Panzern zur Säurebildung im Magen benötigen. „Ansonsten können sie Erreger aus den Schnecken nicht bekämpfen und erkranken an Darm- oder Lungenwürmern“, erklärt sie. Und die wichtigen Käfer würden sich häufig in verwilderten Stellen aufhalten. Zudem dienen diese Ecken den Igeln auch selbst als Schutz.
2. Zäune mit Abstand zum Boden
In vielen Gärten reichen die Zäune fast bis zum Boden. Für Igel, die mehrere Kilometer wandern und Gärten durchstreifen, kann das laut Manuela Martin zur Todesfalle werden. „Die Tiere quetschen sich unter den Zäunen durch und bleiben manchmal daran hängen. Dort verenden sie dann qualvoll oder sie erleiden Wunden“, erklärt die Igelexpertin.

In diesen Wunden würden Fliegen dann Eier legen. Die daraus schlüpfenden Larven würden den Igel langfristig auffressen und damit töten. Sie rät dazu, Zäune entweder mit etwa 20 bis 30 Zentimetern Abstand zum Boden zu bauen oder kleine Durchgänge für die Igel anzufertigen.
3. Todesfalle gelber Sack
Eine weitere Todesfalle für die Igel ist der gelbe Sack. In vielen befinden sich nämlich noch Reste von Lebensmitteln, deren Geruch die Tiere anlockt. Sie krabbeln hinein und schneiden sich dann an den scharfen Rändern von Metall- und Plastikverpackungen. Die Folge: Wenn die Igel es überhaupt wieder aus dem Sack hinaus schaffen, haben sie bleibende Schnittwunden oder abgetrennte Pfoten.
Manuela Martin rät deshalb dazu, gelbe Säcke nicht im Freien zu lagern und für die Abholung auf einer Erhöhung oder einer Mülltonne an die Straße zu stellen, sodass die Igel nicht daran kommen können.
4. Flachwasserzone beim Teich
Igel sind laut der Expertin zwar relativ gute Schwimmer, doch lange können sie nicht über Wasser halten. Da die Tiere oft großen Durst haben, versuchen sie allerdings aus Teichen oder Pools zu trinken, wobei sie schnell kopfüber kippen und hinein fallen können. „Teiche sollten deshalb immer Flachwasserzonen haben, in denen die Igel langsam hineingehen und trinken können“, sagt sie. Noch besser seien aber spezielle Tränken in einiger Entfernung, sodass die Tiere gar nicht erst an die Teiche müssen. Da Chlorwasser zudem giftig für die Tiere ist, empfiehlt sie, Pools einzuzäunen.
5. Vorsicht mit der Heugabel und Rasenmäher
Besondere Vorsicht sollten Gartenbesitzer beim Umgang mit Rasenmäher und Heugabel walten lassen. Denn häufig verstecken sich die Tiere in kleinen Laubhafen oder hohem Gras – gerade in der Zeit des Winterschlafs oder im Sommer zur Kühlung. Sie rät daher dazu, keine Mähroboter einzusetzen, sondern mit einem klassischen Rasenmäher zu mähen und dabei die Augen offen zu halten, besonders an Stellen, wo der Rasen an Büsche grenzt.
Und bei Laubhaufen sollte man die untersten 30 Zentimeter mit der Heugabel erst einmal nicht antasten, sondern stehen lassen und dann mit einem Rechen sanft verteilen. „Wir bekommen häufig Igel, die mehrere Zentimeter tiefe Wunden durch Heugabeln haben“, berichtet Martin.
6. Kein Gift im Garten
Viele greifen zu Gift, wenn sie zu viele Schnecken im Garten oder Ratten im Keller haben. Doch für Igel kann dieses Gift ebenfalls tödlich sein, sie sterben dann besonders qualvoll. „Ich hatte schon Igel mit riesigen Wunden, aber so markerschütternde Schreie wie bei vergifteten Tieren habe ich noch nie gehört“, erzählt sie. Sie hofft daher, dass Gartenbesitzer darauf verzichten, Gift auszustreuen und sich stattdessen im Zweifel an einen professionellen Kammerjäger wenden.
7. Feuerstellen schützen oder löschen
Auch bodennahe Feuerstellen können für Igel zur Todesfalle werden. Sie krabbeln hinein, verstecken sich in Überresten von Holz und können dann nicht rechtzeitig entkommen, wenn wieder gegrillt wird. Martin rät daher dazu, Feuerstellen einzuzäunen und immer gut abzulöschen. Noch besser sei es aber, einfach normale erhöhte Grills zu nutzen.
8. Lichtschächte und Außentreppen sichern
Erst vor wenigen Wochen bekam Manuela Martin eine Igelmutter mit Jungen, die mehrere Tage am Fuß einer Treppe eingesperrt waren, die von außen zu einem Keller führte. Denn die Tiere können vor allem alte Treppen, die noch sehr hohe Stufen haben, nicht hinauf klettern. Krabbeln sie hinunter, sind sie eingesperrt und dort Wind und Wetter sowie Wasser- und Nahrungsmangel ausgesetzt.
„Das gleiche gilt für ungesicherte Lichtschächte, in die die Tiere stürzen können“, sagt die Expertin. Sie empfiehlt deshalb, in Lichtschächte eine kleine Stufe einzubauen oder sie mit engen Gittern zu sichern, damit die Tiere entkommen können beziehungsweise erst gar nicht hineinfallen. Außerdem sollen Hausbewohner die Schächte und Treppen regelmäßig kontrollieren.
9. Totholzhaufen nicht entzünden
Eine besondere Gefahr stellen auch Totholzhaufen für Fasnachts- oder Osterfeuer sowie in privaten Gärten dar. Denn häufig würden die Haufen einige Tage oder gar Wochen im Voraus aufgeschichtet und erst viel später angezündet. „In der Zwischenzeit nisten sich Igel dort ein – und verbrennen dann bei lebendigem Leib“, sagt sie.
Deshalb sollte man die Haufen einfach noch einmal umschichten und ein paar Meter weiter neu errichten, bevor man sie entzündet.
10. Verletzte Tiere nicht selbst versorgen
Wenn man trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dennoch mal einen Igel versehentlich selbst verletzt oder ein krankes Tier findet, sollte man es laut Martin nicht selbst behandeln. Stattdessen sollte man es zu einem Tierarzt oder einer Igelstation bringen. Denn die Experten wüssten, wie es richtig geht. „Einen Igel selbst zu entwurmen oder zu behandeln, kann tödlich enden, wenn das Tier geschwächt ist“, warnt Manuela Martin.