In Neubaugebieten ist die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Einfamilienhäuschens heutzutage nicht mehr wegzudenken. Doch passen die schwarz- oder dunkelblau glänzenden Platten auch zu den historischen Bauwerken in der Stockacher Oberstadt? Der Gemeinderat hat das bereits entschieden verneint. Nun wollte die Stadtverwaltung eine Ausnahme zulassen, doch das Gremium blieb hart.
Erst im vergangenen Jahr war über das Thema diskutiert worden: Im Bebauungsplan für die Oberstadt hat der Gemeinderat festgelegt, dass Photovoltaikanlagen nur unter ganz bestimmten Umständen in der historischen Oberstadt erlaubt sein sollen. Grob gesagt: Eine PV-Anlage darf in der Oberstadt nur gebaut werden, wenn sie in Farbe und Form aussieht wie ein normales Dach. Aufgeständerte Anlagen in dunklen Farben sollen nicht erlaubt sein, um die historische Ansicht nicht zu beeinträchtigen.
Denkmalamt hat keine Einwände
Nun wollte die Stadtverwaltung, nur ein knappes Jahr später, einem Hausbesitzer in der Kaufhausstraße eine Ausnahmegenehmigung erteilen, damit dieser eben doch eine ganz normale, dunkle Aufdach-PV-Anlage installieren kann. „Wir befinden uns mitten in der Energiewende und sollten so etwas deshalb zulassen. Das Denkmalamt ist ebenfalls einverstanden, das Vorhaben entspricht lediglich nicht den Vorgaben der Stadt“, erklärte Bürgermeisterin Susen Katter in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats.
Eine in das Dach integrierte Anlage sei nicht wirtschaftlich, heißt es dazu in den Sitzungsunterlagen. Nach einem Heizungsaustausch müssen Hauseigentümer mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nachweisen, eine Wärmepumpe sei bei diesem Projekt baulich und kostentechnisch nicht wirtschaftlich, so die Einschätzung der Stadtverwaltung.
Für den Gemeinderat zieht dieses Argument jedoch nicht. „Diese Ausnahme öffnet Tür und Tor für alles. Da kann ich nicht mitgehen“, erklärte etwa Stadtrat Michael Junginger (CDU). Erst bei der jüngsten Stockacher Gewerbeschau habe er Anlagen in Dachfarbe gesehen, die nur unwesentlich teurer sein sollen, als die klassischen dunkelblauen oder schwarzen Anlagen.
Flickenteppich befürchtet
Stadtbaumeister Lars Heinzl erklärte indes, dass PV-Module in Dachfarbe etwa doppelt so teuer seien bei weniger Leistung als ein vergleichbares Standard-Modul. Doch dem Gemeinderat geht es in diesem Punkt um das Prinzip. „Wir haben einen eindeutigen Beschluss gefasst. Wenn wir jetzt eine Befreiung zulassen, dann öffnen wir die Büchse der Pandora. Jeder Bauherr wird die günstigste Version haben wollen und dann bekommen wir genau den Flickenteppich, den wir eigentlich verhindern wollten“, so Stadtrat Christoph Stetter (CDU).
Auch Stadtrat Jürgen Kragler betonte: „Die Frage ist, was wir den Bauherren zumuten können. Diese Abwägung haben wir bereits getroffen, als wir erst vor Kurzem den entsprechenden Beschluss gefasst haben. Ich frage mich, warum wir jetzt völlig anders entscheiden sollten. Faktisch heben wir den Beschluss damit auf.“ Roland Fiedler verwies mit Blick auf die Kosten auf die allgemeine Kostenentwicklung bei PV-Anlagen in den vergangenen Jahren. „Vor sechs Jahren haben die Anlagen noch das Doppelte gekostet“, so Fiedler. Für ihn würde das Aussehen der Oberstadt durch schwarze PV-Anlagen „komplett zerstört“, wie er betont. „Wir haben uns das alles reiflich überlegt und lang darüber diskutiert. Wir sollten zumindest bei der Vorgabe bezüglich der Farbgebung halten“, so Fiedler.
Bestimmte Aufdachanlagen sollen erlaubt sein
18 Gemeinderatsmitglieder stimmten gegen die Ausnahmegenehmigung, nur sechs Gemeinderäte befürworteten den Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung. Einem Antrag von Christoph Stetter, nicht nur Indach-Solarmodule in der Oberstadt, sondern auch Aufdach-PV-Anlagen in Dachfarbe zuzulassen, stimmte der Gemeinderat am Ende mehrheitlich zu. Dies soll künftig auch für alle vergleichbaren Anträge gelten.