Der langersehnte Wein von Wolfgang Kubiki lagert nun im Keller des Narrengerichts, der FDP-Politiker hat seine Strafe beglichen. Dabei gab es am Donnerstagabend bei der traditionellen Einlagerung gleich zwei Überraschungen: Nicht nur der Kläger des Narrengerichts wird in der kommenden Verhandlung am Schmotzigen Dunschtig 2025 neu sein, sondern auch der Fürsprech. Der bisherige Fürsprech Michael Nadig wechselt die Seiten und wird zum neuen Kläger, da er sich so, aufgrund der massiv schuldbeladenen Beklagten, mehr Aussicht auf einen positiven Prozessverlauf erhoffe. Nadig war laut Narrenrichter Jürgen Koterzyna zuvor 14 Jahre lang Fürsprech und Chef des Protokolls.

Koterzyna sagte, alle würden bedauern, dass Wolfgang Reuther nicht mehr als Kläger weitermachen wollte. Nur die Politiker, die er jetzt nicht mehr beklagen könne, würden sich sicherlich freuen. Zu Nadigs Seitenwechsel kommentierte er scherzhaft: „Er will auch mal einen Sieg vor Gericht erringen und wechselt die Seite.“

Allerdings habe sich das Narrengericht damit ein Eigentor geschossen, da nun ein neuer Fürsprech notwendig sei. Daher habe das Gremium überlegt, wer für diese Rolle der Beste wäre.

Bürgermeisterin Susen Katter inmitten der Mitglieder des Narrengerichts.
Bürgermeisterin Susen Katter inmitten der Mitglieder des Narrengerichts. | Bild: Löffler, Ramona

Ein politikerfahrener Fürsprech kommt

Als neuer Fürsprech und Chef des Protokolls übernimmt künftig Christoph Stetter, der an Dreikönig 2024 in das Hohe Grobgünstige Gremium aufgenommen worden war. Sein Vorteil: Als Büroleiter im Wahlkreis des CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung sei er bestens mit dem politischen Tagesgeschäft vertraut.

„Ich freue mich bereits auf das erste Duell auf der Bühne“, sagte Koterzyna. „Die zwei werden die Bühne rocken.“ Scherzhaft fügte er noch hinzu, dass unter Susen Katter das geschehen sei, was Alt-Bürgermeister Rainer Stolz nie hinbekommen habe: Michael Nadig sei aus dem Amt des Fürsprechs raus.

Narrenrichter Jürgen Koterzyna hält ein Bild des früheren Beklagten Wolfgang Kubicki, der nicht selbst zur Weinübergabe kommen konnte.
Narrenrichter Jürgen Koterzyna hält ein Bild des früheren Beklagten Wolfgang Kubicki, der nicht selbst zur Weinübergabe kommen konnte. | Bild: Löffler, Ramona

„Der Strafwein wird in Eimern fließen“

Michael Nadig erzählte, er habe viele tolle Erlebnisse auf der Bühne gehabt und schöne Kontakte knüpfen können, die er auch gehalten habe. Durch den Kontakt mit Frank Walter Steinmeier habe sich sogar ergeben, dass das Narrengericht beim Besuch in Berlin beim Bundespräsidenten vorbeischauen durfte. „Es war mir eine große Ehre als Fürsprech die Leute mit dem Schalk im Nacken zu verteidigen“, betonte er.

Auch ein Wortspiel warf er noch ein: Am Schmotzigen Dunschtig sei er immer wieder gefragt worden, wie es so laufe und er habe immer gesagt, er könne nicht klagen – damit sei jetzt Schluss, da er das Amt des Klägers übernehme. „Der Strafwein wird in Eimern fließen“, versprach er und sagte in Richtung von Christoph Stetter: „Wir werden auf der Bühne wie die Bürstenbinder streiten. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“

Christoph Stetter (links) löst Michael Nadig als Fürsprech ab. Nadig wird der neue Kläger des Narrengerichts.
Christoph Stetter (links) löst Michael Nadig als Fürsprech ab. Nadig wird der neue Kläger des Narrengerichts. | Bild: Löffler, Ramona

Vorfreude auf die neue Aufgabe

Der neue Fürsprech drückte ebenfalls seine Freude aus und räumte ein, dass er eine hohe Messlatte vor sich habe. „Es ist mir eine große Ehre, in diese Fußstapfen zu treten. Das ist eine tolle Aufgabe.“

Christoph Stetter erzählte, wie er schon als Kind als Hänsele auf der Bühne beim Narrengericht dabei gewesen sei und alles mitverfolgt habe. Und dieses Jahr sei es für ihn beeindruckend gewesen, als neues Mitglied des Gremiums unter den Gerichtsnarren zu sitzen und in die volle Jahnhalle mit rund 1000 Zuschauern zu blicken.

Abschied von Wolfgang Reuther als Kläger am Stockacher Narrengericht 2024. Nun steht sein Nachfolger fest.
Abschied von Wolfgang Reuther als Kläger am Stockacher Narrengericht 2024. Nun steht sein Nachfolger fest. | Bild: Löffler, Ramona

Der Schmotzige Dunschtig im kommenden Jahr ist der 27. Februar. Dann werden beide erstmals in ihren neuen Rollen auf der Bühne stehen. Wer als Beklagter dabei sein wird, ist noch nicht bekannt. Das wird in der Dreikönigssitzung am Montag, 6. Januar 2025, verkündigt. „Bis dahin verbleibt genügend Zeit zur intensiven Vorbereitung“, so Narrenrichter Jürgen Koterzyna.

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Wolfgang Reuther, der nicht mehr als Kläger weitermachen wollte, hat in vier Verhandlungen die Klage geführt und somit auch vier närrische Schuldsprüche verantwortet. Aufgrund der Corona-Pandemie fielen dazwischen zwei Verhandlungen aus. In seiner letzten Verhandlung hatte er es mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu tun, der übrigens im Oktober nach Stockach kommen soll, um Strafwein- und -sprudel zu bringen.

Jeder darf eine Flasche des neuen Weins in das Regal einlagern.
Jeder darf eine Flasche des neuen Weins in das Regal einlagern. | Bild: Löffler, Ramona

Wer die Rollen früher hatte

In der Geschichte des Narrengerichts gab es übrigens bisher fünf Kläger, während die Rolle des Fürsprechs nur bei drei Personen lag. Von 1965 bis 1970 war Dieter Braun Kläger, von 1971 bis 1999 Alfred Eble, von 2000 bis 2003 folgte Klaus Angele, von 2004 bis 2018 Thomas Warndorf und 2019 bis 2024 war es Wolfgang Reuther. Heinrich Wagner bekleidete von 1965 bis 1998, also 33 Jahre lang, die Rolle des Fürsprechs. Auf ihn folgte von 1999 bis 2010 Frank Bosch und von 2011 bis 2024 war es Michael Nadig.

Michael Nadig, Wolfgang Kubicki, Helmut Lempp und Narrenbüttel Michael Stolp nach dem Laufnarrenschlag von Kubicki nach der Verhandlung ...
Michael Nadig, Wolfgang Kubicki, Helmut Lempp und Narrenbüttel Michael Stolp nach dem Laufnarrenschlag von Kubicki nach der Verhandlung im Februar 2023. | Bild: Löffler, Ramona

Beklagter kommt nicht selbst mit dem Wein

FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der Beklagte an Fasnacht 2023 und Vizepräsident des Deutschen Bundetages, hat jetzt zwar seinen Strafwein bezahlt, aber brachte ihn nicht selbst nach Stockach. Er war zu einer Strafe in Höhe von 210 Liter Wein verurteilt. Das Ganze bemaß sich als sogenannten „Kubicki-Eimer“ (180 Liter) plus eines Zuschlags von 30 Litern und eines Sylter-Vespers. Ein normaler Eimer österreichischen Maßes hat 60 Liter. Koterzyna erklärte, da Kubicki immer so übertreibe, sei das auch auf auf das Wein-Maß übertragen worden.

Beim Einlagern im Weinkeller des Narrengerichts fanden sowohl der fruchtige Sauvignon blanc aus dem Hause Biegler und Brand, als auch der mallorquinische Rotwein Macia Batle Anada lobende Worte bei den genusserprobten Gerichtsnarren. Qualität und Menge passten für die Gerichtsnarren. Das Vesper wurde jetzt erlassen.

Bürgermeisterin Susen Katter und Narrenrichter Jürgen Koterzyna: Er trinkt Rotwein, sie Gänsewein, also Wasser.
Bürgermeisterin Susen Katter und Narrenrichter Jürgen Koterzyna: Er trinkt Rotwein, sie Gänsewein, also Wasser. | Bild: Löffler, Ramona

Kompliment für die Bürgermeisterin

Koterzyna bemerkte, Kubicki habe „halbwegs glaubhaft vermittelt, warum er nicht kommen konnte“ und lasse alle grüßen. Bürgermeisterin Susen Katter, die zum ersten Mal bei so einer Weineinlagerung dabei war, scherzte, der Beklagte traue sich offenbar nicht her. Der ehemalige Narrenpolizist Hubert „Hubsi“ Reiser kommentierte dazu: „Wenn er wüsste, was für eine schöne Bürgermeisterin wir haben, wäre er hergekommen.“

Bei den sommerlichen Weinproben des Narrengerichts im Rahmen des Ferienprogramms der Stadt ist übrigens der Beginn immer im Weinkeller des Narrengerichts. So erhalten die Teilnehmer Einblicke in das mittelalterliche Gewölbe.