Gut ein Jahr haben die Bauarbeiten am neuen ambulanten Operationssaal im Stockacher Ärztehaus gedauert, inzwischen konnten dort bereits die ersten Operationen stattfinden. Betrieben wird der OP vom Krankenhaus Stockach. Geschäftsführer Michael Hanke gewährte dem SÜDKURIER einen exklusiven Einblick in den neuen Trakt, der etwa die Hälfte der Fläche des Erdgeschosses im Ärztehaus einnimmt.
„Mit dem neuen OP tragen wir auch dem Wunsch des Gesetzgebers und der Krankenkassen Rechnung, denn der Zug der Ambulantisierung läuft und dafür haben wir nun die entsprechenden Strukturen geschaffen“, erklärt Hanke. Im Klartext heißt das, dass in Zukunft möglichst viele Eingriffe ambulant durchgeführt werden sollen. Laut dem Online-Portal zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes zeichnet sich eine ambulante Operation dadurch aus, dass der Patient die Nacht vor und die Nacht nach der Operation nicht im Krankenhaus verbringt.
Zahl der ambulanten Eingriffe deutlich gestiegen
Die Zahl der ambulanten Operationen hat sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesteigert. Aus den Daten der Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass im Jahr 2000 im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung 258.918 ambulante Operationen erledigt wurden. 2022 waren es bereits 1.631.953, also mehr als sechs Mal so viele.

Als Beispiel nennt Hanke etwa Harnien-Eingriffe, also beispielsweise Leistenbruch-OPs, Metallentfernungen, zum Beispiel nach Knochenbrüchen, oder Hallux-Operationen. Perspektivisch sollen im neuen OP auch Arthroskopien, also Gelenkspiegelungen, angeboten werden. „Wir schauen jetzt aber erstmal, wie gut das mit der Harnien- und Fußchirurgie anläuft“, sagt Hanke. Die ersten Testläufe seien bereits erfolgreich abgeschlossen worden und von den Operateuren habe es positive Rückmeldungen zum neuen OP gegeben.
Neben dem eigentlichen OP verfügt der Trakt über Umkleideräume für das Personal, einen Narkoseraum und einen Aufwachraum mit fünf Plätzen. Natürlich gehören aber auch Stauflächen, ein Aufenthaltsraum für das Personal sowie Empfangs- und Umkleidebereich für die Patienten zum Raumprogramm des neuen Trakts.
Ein eigener Sterilisationsbereich sorgt zudem für mehr Sicherheit, wenn die Technik im Sterilisationsraum des Krankenhauses versagt. Das sei in der Vergangenheit schon vorgekommen. „Dann mussten wir unsere Instrumente zum Sterilisieren nach Konstanz bringen. Mit dem neuen Bereich haben wir dafür eine Redundanz geschaffen, damit das in Zukunft nicht mehr notwendig sein wird“, sagt Hanke.
Planung und Bauarbeiten brauchten viel Zeit
Die viele Technik, die im neuen OP verbaut ist, habe auch dazu beigetragen, dass die Bauarbeiten so lange gedauert haben, erklärt Hanke. Zunächst habe man geeignete Fachplaner und im nächsten Schritt Handwerker finden müssen, die mit der Materie vertraut sind. „Ein OP ist schließlich kein Büro“, sagt Hanke.
Rund 800.000 Euro habe das Krankenhaus investiert. Fördergelder gab es keine. „Der Gesetzgeber will zwar mehr ambulante OPs, aber ist nicht bereit, in den Ausbau der dafür erforderlichen Infrastruktur zu investieren“, beklagt Hanke. Die Baukosten für den OP sind daher auch Teil des laufenden Rechtsstreits zwischen dem Stockacher Krankenhaus und dem Landkreis Konstanz.
Trotz der großen Investition freut sich Hanke über die Möglichkeiten, die durch den neuen OP entstehen. Bisher würden ambulante Operationen zum Teil im regulären OP-Trakt des Krankenhauses umgesetzt und blockieren dadurch stationäre Operationen, erklärt Hanke.
Rund 1400 Operationen pro Jahr möglich
Starten wolle man zunächst mit sechs OP-Tagen pro Monat. „Das wollen wir dann nach und nach auf acht und später zwölf Tage steigern“, sagt Hanke. Rechne man pro Tag mit acht bis zehn Eingriffen, dann komme man so auf rund 1400 Eingriffe pro Jahr. „Das ist für unser Versorgungsgebiet angemessen“, sagt Hanke. Theoretisch wäre aber auch denkbar, den Betrieb auf 20 Tage auszuweiten, wenn es dafür den Bedarf gebe. An Wochenenden werde hier allerdings nicht operiert.

Betreiber des OPs ist das Krankenhaus. Niedergelassene Ärzte können sich für Operationstage dort einmieten, erklärt Hanke. Das Interesse hierfür sei bereits deutlich spürbar.
Jetzt oder nie diese Räume nutzen
Dass sich die Chance geboten hat, den OP im benachbarten Ärztehaus einzurichten, sieht der Geschäftsführer des Krankenhauses als Glücksfall. „Im Haupthaus hätten wir keinen Platz gehabt, ein solches Angebot zu schaffen. So hatten wir zwar in den vergangenen Jahren insgesamt ein großes Bauprogramm zu stemmen, aber wir mussten es jetzt umsetzen, sonst wären die Räumlichkeiten anderweitig vergeben worden“, sagt Hanke.
Nach dem Neubau des Bettentrakts und dem Umzug der Krankenhausverwaltung in das Ärztehaus konnte mit der Eröffnung des OP-Trakts eine weitere Großbaustelle abgeschlossen werden. Momentan laufen noch die letzten Arbeiten für die Verlegung der Intensivstation im Haupthaus.