Über ein Jahr ist es her, dass die Wahlwieser Bürgerinitiative „Nein zum Standort Aach“ sich mit einer Petition gegen den geplanten Bau eines Gewächshauses im Bereich Scheibenwiesen nahe der Stockacher Aach an die Landesregierung gewandt hat. Der Petitionsausschuss wurde nach den Landtagswahlen neu gebildet, was eine Entscheidung über die eingebrachte Petition weiter verzögerte. Anfang Juli folgte der Landtag dann der Beschlussempfehlung des Ausschusses und lehnte die Petition ab. Während die Stiftung „Pestalozzi macht Bio“ sich zufrieden über das Ergebnis zeigt, äußern der Wahlwieser Ortsvorsteher Udo Pelkner sowie Vertreter der Bürgerinitiative große Unzufriedenheit – vor allem über das Verhalten der Stiftungs-Verantwortlichen.

Pelkner stellte klar, dass niemand etwas gegen den Bau eines zweiten Gewächshauses habe. Abgelehnt worden sei immer nur der jetzige Standort. Die Stiftung schreibt in ihrer Pressemitteilung, geprüft „wurden die Einwände in den Bereichen Landschaftspflege, Naturschutz und Verkehr. In keinem der drei Bereiche hielten die Vorwürfe der Petenten der unabhängigen Prüfung durch den Petitionsausschuss stand.“ Der Vorstand der Stiftung begrüße es, dass durch den Abschluss des Petitionsverfahrens nun Klarheit in all diesen Belangen herrsche. Insbesondere der gewählte Standort sei vom Petitionsausschuss als vollkommen unbedenkliche und geeignete Option bewertet worden.

Vor dem aufgeschütteten Erdreich, auf dem das Gewächshaus entstehen wird, hat sich durch den Regen eine große Wasserlache gebildet. Vom ...
Vor dem aufgeschütteten Erdreich, auf dem das Gewächshaus entstehen wird, hat sich durch den Regen eine große Wasserlache gebildet. Vom Weg an der Aach kann man das weiter oben liegende Gewächshaus (es befindet sich rechts hinter den Bäumen) nicht sehen. | Bild: Claudia Ladwig

Hier setzt ein Kritikpunkt des Ortsvorstehers an. Er sagt: „Klar muss der Petitionsausschuss nicht klären, welcher Standort am geeignetsten ist. Die Beurteilung des Ausschusses für den gewählten Standort aber ist für mich nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich gehört einfach den Gemeinden ein größeres Mitspracherecht bezüglich Größe und Standort von Gewächshäusern – Privilegierung hin oder her.“ Es sei sehr schlimm, mit ansehen zu müssen, wie hier eine wunderschöne Landschaft kaputt gemacht werde. Und Pelkner ergänzt: „Noch frustrierender ist die Haltung der Umweltverbände Nabu, BUND und so weiter und vor allem der Partei Die Grünen.“

Auch für die Vorstandsmitglieder der Stiftung hat er kein gutes Wort übrig: „Die arrogante, selbstgefällige und rücksichtslose Ignoranz wurde von den Verantwortlichen ohne Rücksicht auf Vorschläge, Bedenken oder Änderungswünsche stur durchgezogen. Trotz Ablehnung durch die Bürger, den Ortschafts- und Gemeinderat.“ Es habe von deren Seite auch keine Veranlassung zur Kooperation oder zu konstruktiven, zielführenden Gesprächen gegeben. „Das Einzige, was letztlich immer wieder vorgebracht wurde: Es ist ein privilegiertes Vorhaben“, so Pelkner.

Mehrere Bagger sind im Einsatz. Sie bewegen große Mengen Erdreich.
Mehrere Bagger sind im Einsatz. Sie bewegen große Mengen Erdreich. | Bild: Claudia Ladwig

Das ist offenbar der Kernpunkt, wie aus dem Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses hervorgeht. Da heißt es: „Trotz der ablehnenden Stellungnahme des Ortschaftsrates und des Planungsausschusses musste die Baugenehmigung von der unteren Baurechtsbehörde, die in diesem Fall identisch mit der Gemeinde ist, erteilt werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt und die Bauherrin somit nach Paragraph 58 Absatz 1 Landesbaugesetz einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung hatte. Die erteilte Baugenehmigung vom 8. Mai 2020 ist daher formal rechtmäßig erteilt worden.“

Während für den Ortsvorsteher auch das Verkehrsproblem noch ungeklärt ist, weil es nicht sein könne, dass die Anwohner der Straße Am Maisenbühl zu jeder Tages- und Nachtzeit die komplette Lärmbelästigung tragen müssten, teilt die Stiftung mit, man bedauere, dass das Bauvorhaben Auslöser für eine Debatte unter den Wahlwieser Bürgern gewesen sei und werde die Baumaßnahmen wie geplant fortführen.

Vom gekiesten Weg, der das bestehende Gewächshaus mit der Baufläche verbindet, sieht man, wie groß das Gebiet ist, in das eingegriffen ...
Vom gekiesten Weg, der das bestehende Gewächshaus mit der Baufläche verbindet, sieht man, wie groß das Gebiet ist, in das eingegriffen wird. Der Abhang zeigt, wie viel Erdreich schon bewegt wurde, um die Fläche zu ebnen. | Bild: Claudia Ladwig

Zum abschlägigen Beschluss teilt Eckhart Wildi, einer der Vertreter der Bürgerinitiative (BI), mit: „Die Entscheidung des Landtags zeugt unmissverständlich davon, dass dem ‚privilegierten Vorhaben‘ der Bauherrin deutlich mehr Rechte eingeräumt werden, als die gesetzliche Praxis dies vorsieht.“ Nach Ansicht der BI verkenne die Politik „in ignoranter Art und Weise die übergeordnete Intention des Paragraphen 35 Baugesetzbuch, das Bauen im Außenbereich grundsätzlich zu unterbinden.“

Maßgeblich für die BI ist jedoch die Frage, ob der privilegierte Status für dieses Bauvorhaben tatsächlich gerechtfertigt ist. Dieser gelte nur, wenn das Gewächshaus dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen könne und nur einen „untergeordneten Teil der Betriebsfläche“ einnehme. Das trifft aus Sicht der BI nicht zu. Dabei stützt sie sich auch auf eine Beurteilung des von ihr konsultierten Umweltrechtlers. Eckhart Wildi sagt: „Das Gewächshaus ist mit vorläufigen 1,62 Hektar und einem bisher in dieser Landschaft nicht vorkommenden 12 mal 18 Meter großen Warmwasserspeicher in keiner Weise untergeordneter Teil der Betriebsfläche.“

Der Baulaster verdeutlicht, wie hoch das Erdreich neben dem landwirtschaftlichen Weg, der auch als Radweg ausgewiesen ist, schon ...
Der Baulaster verdeutlicht, wie hoch das Erdreich neben dem landwirtschaftlichen Weg, der auch als Radweg ausgewiesen ist, schon angehäuft wurde. | Bild: Claudia Ladwig

Auch die Argumentation, die Landschaft sei durch bestehende Gebäude vorbelastet, lässt die BI nicht gelten. „Als Spaziergänger oder Radfahrer kann man von der Aach aus das bestehende Gewächshaus am Standort Faulbrunnen im Sommer und Herbst gar nicht sehen, weil es optisch hinter Bäumen verschwindet“, so Wildi.

Die BI kritisiert, es gebe in dem Verfahren viele widersprüchliche Aussagen. Schuld daran sei nicht die falsche Gesetzgebung, sondern die Fehlinterpretation und laxe Haltung der Behörden, die bisher einzig auf Grundlage einer vom Bauherrn in Auftrag gegebenen Kompensationsbilanz davon ausgingen, dass alle Anforderungen an Bürger und Umwelt ausreichend erfüllt wurden.

Hier entsteht das neue Gewächshaus. Um eine ebene Fläche zu gewinnen, wurde das Bodenniveau von der ursprünglichen Höhe (rechts im Bild) ...
Hier entsteht das neue Gewächshaus. Um eine ebene Fläche zu gewinnen, wurde das Bodenniveau von der ursprünglichen Höhe (rechts im Bild) massiv abgetragen. Im unteren Bereich (vor den Bäumen links) wurde dafür mehrere Meter hoch Erdreich angefüllt. | Bild: Claudia Ladwig

Konrad Walter von der BI betont: „Die Bürgerinitiative wird die Baumaßnahmen sehr intensiv beobachten und gegebenenfalls Abweichungen der geplanten Vorgaben entsprechend medial aufarbeiten und eventuell juristische Schritte prüfen.“