Matthias Güntert und Stephan Freißmann

Kurzarbeit, Einbußen bei den Einnahmen, mögliche Entlassungen – die Corona-Krise bringt viele Unternehmen in Bedrängnis. Doch es gibt auch Firmen, deren Geschäfte genauso weiterlaufen wie bisher – oder sogar besser. Was Unternehmenschefs der Region sagen:

Die Eto Gruppe ist der größte Arbeitgeber Stockachs mit mehr als 1100 Arbeitsplätzen. Auch dort herrscht Kurzarbeit.
Die Eto Gruppe ist der größte Arbeitgeber Stockachs mit mehr als 1100 Arbeitsplätzen. Auch dort herrscht Kurzarbeit. | Bild: Freißmann, Stephan
  • Umsatzeinbruch bei Autozulieferer: Trotz eines sehr guten Starts in das Jahr 2020 sind seit einigen Wochen die Auswirkungen der Corona-Krise bei der Eto Gruppe deutlich bemerkbar. „Für die Eto Gruppe stand von Anfang an der Schutz der Gesundheit aller Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden an erster Stelle“, betont Geschäftsführer Michael Schwabe. Um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren, habe man bereits Mitte März damit begonnen, drei verschiedene Arbeitsmodelle zur Sicherstellung des Mindestabstands in den Produktionshallen und Büroräumlichkeiten umzusetzen. Offenbar mit Erfolg: „Wir sind froh, dass wir an den weltweiten Eto-Standorten noch keine Covid-19-Infektion verzeichnen mussten“, so Schwabe.
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Nachdem die Produktion zunächst trotz Nachfragerückgang durch den Aufbau von Lagerbeständen auf hohem Niveau aufrechterhalten wurde, hat Eto seit Ende April in besonders stark betroffenen Bereichen des Werkes Stockach Kurzarbeit eingeführt – allerdings mit höchstens 50 Prozent, um die Auswirkungen für die Mitarbeiter zu dämpfen, so Schwabe. Zum aktuellen Zeitpunkt sei es laut Schwabe sehr schwierig abzusehen, wann sich die deutsche Wirtschaft wieder erholt, da der weitere Verlauf der Corona-Pandemie unklar sei. „Wir hoffen, dass die direkten Folgen der Corona-Pandemie mit Ende der Sommerferien weitestgehend überwunden sein werden und im Herbst kein ernster Rückschlag droht. Die indirekten Folgen werden aber mit aller Wahrscheinlichkeit noch in zwei Jahren zu spüren sein.“

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  • Mit Dosiersystemen gegen die Krise: „Wir sind wahrscheinlich eines der wenigen Unternehmen, das Zuwachs zu verzeichnen hat“, sagt Thomas Klofac, Geschäftsführer von Aptar Radolfzell. Das Unternehmen, das Dosiersysteme hauptsächlich für die Pharma-Industrie herstellt und derzeit einen Neubau am Standort Eigeltingen für rund sechs Millionen Euro errichtet, arbeite in vielen Bereichen derzeit 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche unter Vollbelastung. „Wir mussten sogar Sonderschichten fahren, um den Bedarf zu decken“, so Klofac. Gerade die Nachfrage nach Nasen- und Rachensprays für die oberen Atemwege sei im Zuge der Corona-Krise auf dem europäischen sowie auf dem nordamerikanischen Markt stetig gewachsen.

„Aptar ist mit Volldampf durch die Corona-Krise gestürmt. Unsere Auftragsbücher sind voll“, so Klofac weiter. Dies sei allerdings nur möglich gewesen, weil die Mitarbeiter mitgezogen hätten. „Frühzeitige Präventivmaßnahmen und ein stabiles Krisenmanagement haben dazu geführt, dass wir unter den beinahe 1000 Mitarbeitern an den Standorten Böhringen und Eigeltingen keinen einzigen Corona-Fall zu verzeichnen hatten“, betont Klofac weiter.

Das Firmengebäude der Firma Rival Gerhard Haas KG an der Heinrich-Fahr-Straße: Kurzarbeit wegen der Corona-Krise gibt es hier nicht, ...
Das Firmengebäude der Firma Rival Gerhard Haas KG an der Heinrich-Fahr-Straße: Kurzarbeit wegen der Corona-Krise gibt es hier nicht, eher das Gegenteil ist der Fall. | Bild: Freißmann, Stephan
  • Sauberkeit ist immer gefragt: „In unseren beiden Werken in Stockach und Winterspüren wird wie vor der Krise produziert, eher sogar noch mehr“, sagt Robin Haas von der Firma Rival Gerhard Haas KG, wo er Gesellschafter ist und die Bürsten- und Besenproduktion in Deutschland und Ungarn verantwortet. Das Unternehmen stellt Haushaltsartikel her – und die werden auch in Krisenzeiten gebraucht. Haas‘ Vermutung: Die Menschen nutzen Zeiten mit weniger Arbeit, um zu Hause Ordnung zu machen, und sparen eher an anderer Stelle. Das sei auch die Erfahrung in der Finanzkrise nach 2008 gewesen.

Die 500 Mitarbeiter seien daher auch nicht in Kurzarbeit, eher im Gegenteil: „Wir arbeiten auch an den Wochenenden voll.“ Die Produktion laufe im Dreischichtbetrieb. Maßnahmen wegen des Coronavirus habe sein Unternehmen schon früh ergriffen. So würden die Schichten so organisiert, dass sich die Mitarbeiter nicht treffen, in den Pausen würden Knöpfe, Türklinken und ähnliches desinfiziert. Und: Auch nach einigen Wochen unter Corona-Bedingungen seien die Mitarbeiter diszipliniert, etwa mit dem Mundschutz, sagt Haas.

Beim Möbelhaus Stumpp ist der Parkplatz wieder voll. Kurzarbeit gibt es dennoch.
Beim Möbelhaus Stumpp ist der Parkplatz wieder voll. Kurzarbeit gibt es dennoch. | Bild: Freißmann, Stephan
  • Möbel-Aufträge sind abgearbeitet: Günter Dick, Geschäftsführer von Möbel Dick in Lauchringen, dem Mutterhaus von Möbel Stumpp in Stockach, sagt: „Zwei Monate des Wartens sind schwer wieder aufzuholen.“ Über mehrere Wochen musste das Möbelhaus aufgrund der Verordnungen des Landes Baden-Württemberg geschlossen bleiben. „Wir sind seit Anfang Mai wieder am Netz“, so Dick weiter. Die ersten Wochen nach Wiederaufnahme des Betriebes seien positiv verlaufen.

Dennoch habe sein Unternehmen im März und April die Angestellten im Verkauf zu großen Teilen in Kurzarbeit schicken müssen. Im Mai sind davon weitere Teilbereiche wie etwa die Schreiner betroffen. „Wir sind wie viele andere Betriebe auch von unseren Vorlieferanten abhängig“, so Dick. Diese befinden sich zu einem gewissen Teil im Ausland und so sei es auch in der Möbelbranche zu Lieferengpässen gekommen. „Irgendwann sind die alten Aufträge alle abgearbeitet“, begründet er diesen Schritt. Er sei sicher, dass die Möbel- und Einrichtungsbranche noch mindestens bis Jahresende mit den Auswirkungen zu kämpfen habe, so Dick.

Schweres Gerät ist nichts für das Homeoffice: Gerade für produzierendes Gewerbe wie hier am neuen Schmelzofen der Alu Stockach können ...
Schweres Gerät ist nichts für das Homeoffice: Gerade für produzierendes Gewerbe wie hier am neuen Schmelzofen der Alu Stockach können die Angestellten nicht immer von zu Hause aus arbeiten. | Bild: Matthias Güntert
  • Starker Nachfrage nach Alu folgt Kurzarbeit: Nach starkem erstem Quartal ist auch das Stockacher Aluminiumwerk ab Mai in der Kurzarbeit angekommen. „Wir hatten ein sehr gutes erstes Quartal, sind aber zwischenzeitlich ebenfalls mit Absatzrückgängen konfrontiert und versuchen, partielle Unterauslastungen durch Inanspruchnahme von Kurzarbeit zu kompensieren“, erklärt Geschäftsführer Markus Wild.
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Allerdings nicht in vollem Umfang, denn gerade die Nachfrage nach Walzbarren, die in Aluminiumverpackungen im Pharma-Bereich und für Lebensmittel landen, sei während der Pandemie gestiegen. Anders sieht es bei Aluminiumbarren aus, die für Karosseriebleche genutzt werden: Laut Wild sei dieser Bereich beinahe zum Erliegen gekommen. „Die Automobilbranche war quasi über den gesamten April ein Totalausfall“, sagt er. Die schwache Automobilnachfrage werde seiner Einschätzung nach noch über den Sommer anhalten. Er hoffe, dass die Konjunktur im Herbst 2020 wieder anlaufen werde.

Die Firmen, die sich für Produkte des Stockacher Softwareunternehmens Nissen und Velten interessieren, sind vorsichtiger geworden. Doch ...
Die Firmen, die sich für Produkte des Stockacher Softwareunternehmens Nissen und Velten interessieren, sind vorsichtiger geworden. Doch der Hersteller von Unternehmens-Software sieht positive Signale. | Bild: Freißmann, Stephan
  • Trend zur Digitalisierung ist ungebrochen: Das Stockacher Softwarehaus Nissen und Velten spürt zwar eine gewisse Verunsicherung von Interessenten. Dennoch sei der Trend zur Digitalisierung ungebrochen, schreibt Pressesprecher Rainer Hill. So sei zwischenzeitlich wieder ein neues Software-System aus Stockach bei einem Unternehmenskunden in Betrieb gegangen, unter Einhaltung der Corona-bedingten Vorsichtsmaßnahmen, wie Hill betont. Trotzdem gebe es derzeit „in sehr begrenztem Maße Kurzarbeit„ von 20 Prozent. Bei dem Unternehmen, das auf Computerprogramme für Firmen spezialisiert ist, arbeiten 60 Prozent der etwa 90 Mitarbeiter von zu Hause aus. Viele Berater seien aber ohnehin an verschiedenen Wohnorten oder vor Ort beim Kunden tätig.
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Und Nissen und Velten hat einen Podcast eingeführt, also Audiosendungen, die man im Internet anhören kann. Damit will man Entscheider in Unternehmen über die Software-Lösungen informieren. Eine Prognose für die Zukunft sei nicht einfach abzugeben, so Hill. Das Unternehmen sehe aber positive Signale, wenn die Baukonjunktur stabil und die Infektionszahlen überschaubar bleiben.