Das Ende zeichnete sich schon länger ab, jetzt ist es Realität: Der CDU-Ortsverband Wahlwies hat sich aufgelöst. Die beiden letzten Mitglieder Anne Storm und Rainer Bertsche haben diesen Schritt am 23. November beschlossen.
Nachdem vor vielen Jahren auch der Ortsverband Zizenhausen aufgelöst worden war, hat nun kein Stockacher Teilort mehr einen eigenen Ortsverband. Die beiden Wahlwieser Mitglieder wechseln zum CDU-Stadtverband Stockach.
Seit Jahren „Auflösungstendenzen“
Anne Storm war als Nachfolgerin von Andreas Stiefel seit Ende 2018 Vorsitzende des Ortsverbands. „Damals gab es schon Auflösungstendenzen, aber wir haben es doch geschafft, acht Kandidaten für die Ortschaftsratswahl 2019 zu finden“, sagt sie nicht ohne Stolz. Es sei eine schön gemischte Liste gewesen. Allerdings wurde nur sie selbst für die CDU in den Ortschaftsrat gewählt.
Die 40-Jährige erzählt: „Wir hatten vierteljährlich unseren Stammtisch im Winkelstüble. Ich fand, dort gab es im Vergleich zu anderen Orten viele politische Diskussionen.“ Gerade weil sie so klein gewesen seien, dass sie sich nicht verwalten mussten, sei viel Zeit dafür geblieben, erinnert sie sich.
Das habe auch den Kandidaten gut gefallen. Schon vor einem Jahr habe sie diese angeschrieben, weil sie aufgrund beruflicher Veränderung ihr Amt abgeben wollte. „Leider ist es nicht gelungen, einen der Kandidaten zum Parteieintritt zu bewegen und ihm das Amt zu übergeben.“ Sie bedauert die Entwicklung, denn für die Ortschaftsrats-Wahl 2024 werde man wieder acht Leute für die Liste brauchen.
Rainer Bertsche seit 1968 Mitglied
Ein langjähriger Wegbegleiter ist Rainer Bertsche. Er war seit 1968 Mitglied im CDU-Ortsverband Wahlwies und kurz nach seinem Eintritt auch einige Jahre lang Vorsitzender. Später wurde er Kassier.
23 Mitglieder seien die Höchstzahl gewesen, lange waren es um die 20 Personen, sagt er rückblickend. Er erklärt den Rückgang der Mitglieder auch mit der Veränderung in der Bevölkerungsstruktur in Wahlwies. Heute seien hier die Anhänger der Grünen stark vertreten.
Engagement im Stadtverband
Anne Storm möchte im CDU-Stadtverband Stockach gerne als Beisitzerin im Vorstand mitarbeiten und so ihr Engagement fortführen. Die Hauptversammlung, bei der sie gewählt werden könnte, wurde wegen Corona jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben.
Der dreifachen Mutter bereitet es Sorge, dass überall ein Rückgang des Engagements zu verzeichnen ist. „Jeder Verein hat Mühe, Leute für das Vorstandsteam zu finden. Selbst bei Elternbeiratswahlen gibt es immer wieder peinliche Momente, wenn sich alle wegducken.“ Unsere Demokratie sei so aufgebaut, dass es Ortschafts-, Gemeinde-, Kreisräte, Landtage und weitere Gremien gebe. Storm betont: „Wenn nirgendwo mehr engagierte und kompetente Leute mitwirken, bröckelt das Fundament. Das macht anderen den Weg frei.“
Langfristige Bindung und Arbeit
Sie sehe da einen Widerspruch: Überall werde mehr Bürgerbeteiligung gefordert, das binde Arbeitskraft in Verwaltungen und koste Geld, das nicht in andere Themen investiert werden könne. Und dort, wo es etablierte Beteiligungsprozesse gebe, gehe niemand hin. Sie gibt aber auch zu: „Ein Amt bedeutet eine langfristige Bindung und Arbeit, wenn man es richtig macht.“
Außerdem könne es manchmal demoralisierend sein. „Du bist in einem Gremium, lehnst ein Bauvorhaben wie das neue Gewächshaus in Wahlwies ab – und auch in Stockach haben es alle politisch legitimierten Gremien abgelehnt. Trotzdem kommt es.“ Als Bürger könne man sich fragen, warum man sich einsetzen solle, wenn man sowieso keinen Einfluss nehmen könne. „Und dann muss man trotzdem anerkennen: Die dürfen das.“ Um diesen Prozess verstehen zu können, müsse man sich gut auskennen oder tief in der Kommunalpolitik verwurzelt sein.
Christoph Stetter, der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Stockach, bedauert die Auflösung des Ortsverbands, freut sich aber, dass die beiden Wahlwieser der CDU im Stadtverband die Treue halten. Sich zu einer Partei zu bekennen, indem man Mitglied wird und bleibt, falle vielleicht manchen Menschen schwer, sagt er.
Anne Storm schlägt einen steuerlichen Freibetrag für die Ausübung eines Ehrenamtes vor. Gerade Mütter stemmten durch Beruf, Familie und Ehrenamt eine Dreifachbelastung. Zusätzliche Fahrt- oder Betreuungskosten für die Kinder müsse man sich leisten können, damit grenze man einige Leute aus, glaubt sie.