Blau, rot und lila schillern die großen Seifenblasen, die vor dem Schloss Blumenfeld

Kleinkünstler und Schlosspionier Andreas Figur lässt Seifenblasen vor der Fassade des Blumenfelder Schlosses schweben. Darum, dass der ...
Bild: Uli Zeller

Das Schloss wirkt beim Blick durch die Seifenblase warm und freundlich. Die Oberfläche einer Seifenblase wird unruhig – und sie zerplatzt. Andreas Figur hat die Seifenblasen mit zwei Stäben und einer dazwischen hängenden Schnur in die Luft gezaubert.

„Das ist meine wahre Leidenschaft“, erklärt der Verkehrsingenieur, lächelt und schaut der letzten Seifenblase hinterher, die noch nicht zerplatzt ist. Andreas Figur ist einer der rund 20 Pioniere, die derzeit für ein halbes Jahr im Blumenfelder Schloss leben und arbeiten. Er ist eigentlich Verkehrsingenieur, arbeitet für klimafreundliche Verkehrsträger und ist Mitglied im Klimaschutzbeirat der Stadt Darmstadt. Er und die anderen Pioniere, die Stadt Tengen und das Haldern-Pop-Festival haben zu zwei Tagen voller Austausch, Inspiration und Musik ins Schloss Blumenfeld eingeladen.

Kleinkünstler und Schlosspionier Andreas Figur lässt Seifenblasen vor der Fassade des Blumenfelder Schlosses schweben. Darum, dass der ...
Kleinkünstler und Schlosspionier Andreas Figur lässt Seifenblasen vor der Fassade des Blumenfelder Schlosses schweben. Darum, dass der Traum vom Leben im Dorf nicht wie eine Seifenblase zerplatzt, ging es am Wochenende in Blumenfeld.

Der Sommer der Pioniere soll nach einem halben Jahr nicht wie eine Seifenblase zerplatzen, sondern Nachwirkungen haben. Darüber waren sich die Teilnehmer einig. Edmund Sturm, ehemaliger Ortsvorsteher von Blumenfeld, stellte bei der Podiumsdiskussion aus dem Publikum heraus etwa die Frage, welche konkreten Prozesse nach einem halben Jahr umgesetzt werden sollen. Frederik Fischer (Initiator des Summer of Pioneers) wägt ab: Das Schloss Blumenfeld könne auf viele Arten genutzt werden: zur Übernachtung, als Café, für Veranstaltungen oder als gemeinsamer Arbeitsraum. „In der zweiten Hälfte des Summer of Pioneers soll konkret geklärt werden, was diese Zeit überdauern kann“, so Fischer.

Sie tauschen sich darüber aus, wie das Leben auf dem Land gelingen kann. Moderator Holger Zimmerman, Stefan Reichmann (Haldern Pop ...
Sie tauschen sich darüber aus, wie das Leben auf dem Land gelingen kann. Moderator Holger Zimmerman, Stefan Reichmann (Haldern Pop Festival), Monika Studinger (New Work Uffm Land), Sandra Willmann-Boll (Blumenfeld), Frederik Fischer (Neulandia / Summer of Pioneers), Juliane Tutein (Pionierin).

Von einem Projekt war immer wieder die Rede. Vom neu gegründeten Blumenfelder Stammtisch. Jeweils am Freitagabend treffen sich Blumenfelder und Pioniere. Eine Blumenfelderin im Publikum äußerte: „Ich lebe seit 30 Jahren hier. Erst durch den Stammtisch habe ich jetzt Verbindung zu anderen Blumenfeldern, die ich vorher noch nicht so gekannt habe.“ Wolfgang Boll aus der Blumenfelder Altstadt erläutert auf Nachfrage des SÜDKURIER: „Viele Blumenfelder sind beim Stammtisch dabei. Es ist schön, wenn man einander sieht.“ Seine Mutter Klärle Boll sieht es ähnlich: „Am Stammtisch ist es schön und es geht immer lustig zu. Da treffe ich auch Blumenfelder, die im anderen Teil des Dorfes wohnen.“

Kleinkünstler und Schlosspionier Andreas Figur lässt Seifenblasen vor der Fassade des Blumenfelder Schlosses schweben. Darum, dass der ...
Bild: Uli Zeller

Damit das Dorfleben nicht wie eine Seifenblase zerplatzt, ermutigte Tengens Bürgermeister Marian Schreier: „Wir sollten nicht dabei stehen bleiben, wenn im Dorf die Post oder die Bank schließt. Dorf hat Zukunft.“ Vielmehr solle man dem etwas entgegensetzen. Als Beispiel nannte er das neue Tengener Ärztehaus. Hier hätten Bürger selbst etwas in die Hand genommen. „Über 400 Bürger haben eine Genossenschaft gegründet, um damit einen ersten Schritt zur Sicherung der ärztlichen Versorgung zu gehen.“

Monika Studinger (New Work Uffm Land) berichtete von ihren Erfahrungen mit ähnlichen Projekten wie dem Blumenfelder Pioniersommer. Bei einem kreativen Austausch hätten sich 50 Leute im Dorf gefragt, was das Dorf eigentlich brauche. Sie seien dabei zu konkreten Ergebnissen gekommen, die dann umgesetzt wurden: vom generationenübergreifenden Bauwagen über eine Boule-Bahn bis hin zu einer eigenen Kneipe. Sie ermutigte die Teilnehmer in Blumenfeld: „Das hier ist ein wunderbarer Ort. Die Bevölkerung ist toll. Macht weiter so. Wenn Menschen zusammenkommen, Ideen spinnen und anpacken, dann passiert was.“ Und damit passt noch ein weiterer Gedanke aus der Podiumsdiskussion zu den Seifenblasen, die Andreas Figur vor den Himmel zaubert: Um als Dorf in die Zukunft gehen zu können, soll nicht jeder nur in seiner Blase leben. Jung und alt, eingeboren und zugezogen, Hausfrau und Selbstständiger.