Das letzte Protestschild: Vor zwei Monaten haben es die Salpeterer an der seit zehn Jahren gesperrten Albtalstraße (L154) aufgestellt. Und gleichzeitig verkündet: Es soll vorerst das letzte Schild mit einer Note des Protestes und der Ungeduld sein, das Herbert Nägele, Stephan Marder, Ulrich Winkler, Eva Rippel, Karl Kaiser und Bernhard Huber montierten.
Und die Salpeterer sollten recht behalten. Denn diesen Oktober beginnen die Bauarbeiten an der Albtalstraße, die Fertigstellung wird aktuell für Februar 2027 erwartet. Diese Nachricht verkündete am Dienstag, 5. August, Rita Schwarzelühr-Sutter.
Lörracher Abgeordneter kitzelt Antworten heraus, auf die der Hotzenwald seit zehn Jahren wartet
Die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Waldshut und Parlamentarische Staatssekretärin beim Umweltbundesbundesministerium beruft sich dabei auf die Antwort des baden-württembergischen Verkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage des Lörracher SPD-Landtagsabgeordneten Jonas Hoffmann. Mit seiner am 14. Juli gestellten Anfrage kitzelte der SPD-Landtagsabgeordnete aus dem Ministerium all jene Antworten heraus, auf die viele Menschen im Hotzenwald und am Hochrhein seit zehn Jahren ungeduldig warten. Hoffmanns Büro stellte uns die am 4. August bei ihm eingegangene Antwort von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zur Verfügung.
Demnach hat das Landratsamt Waldshut, das die Arbeiten in eigener Trägerschaft für das Land ausführt, bereits am 30. Juni die Bekanntmachung zur Ausschreibung der Arbeiten veröffentlicht. Die Vergabe der Arbeiten sei für Ende August vorgesehen. „Das Landratsamt Waldshut strebt einen Baubeginn im Oktober 2025 an“, heißt es in der Antwort des Ministeriums weiter.
Gebaut werden kann im Albtal immer nur von Oktober bis Februar
Das Landratsamt rechnet laut Ministerium mit einer reinen Bauzeit von etwa acht bis zehn Monaten. Gleichzeitig gehe es von einem Bauende erst im Februar 2027 aus. Der Grund: Grundsätzlich müssten im gesamten Streckenabschnitt die Brut- und Nestlingsphase berücksichtigt werden, sodass die Arbeiten nur zwischen Oktober und Februar eines Jahres durchgeführt werden könnten.
Die Baukosten der Erhaltungsmaßnahme schätzt das Landratsamt laut Ministerium auf 13,5 Millionen Euro brutto. Damit würden etwa 7,3 Prozent der insgesamt im Staatshaushaltsplan 2025/2026 für die Erhaltung des Straßennetzes vorgesehenen Mittel (184 Millionen Euro) in die Maßnahme Albtal fließen. Allerdings seien noch die Ergebnisse der Ausschreibung abzuwarten, so das Ministerium.
Die Planungen sehen auch die Errichtung einer Steinschutzgalerie vor
Im Albtal ist seit 2015 ein 2,8 Kilometer langer gefährdeter Straßenabschnitt gesperrt. Im Zuge der Erhaltungsmaßnahme sollten entlang der Albtalstraße Fangzäune, Vernetzungen, Abrollschutze, Einzelsicherungen, Netzvorhänge und Steinschutzgalerien gebaut werden, teilt das Ministerium dem SPD-Abgeordneten jetzt mit. „Die Planung und Ausführung dieser Maßnahmen basiert auf ingenieurgeologischen Gutachten, geologischen Gefährdungsanalysen sowie Steinschlagsimulationen“, heißt es weiter.
Ursprünglich waren die für die Albtalstraße nötigen Sicherungsmaßnahmen sogar einmal auf 30 Millionen Euro geschätzt worden. Nicht ganz unbeteiligt daran, dass es jetzt eine günstigere Lösung gibt, sind die Salpeterer. Sie machen sich nicht nur mit kreativen Aktionen wie Blumenbeeten, Schildern oder dem Stein des Anstoßes für die Wiedereröffnung der Straße stark, sondern auch mit konkreten Vorschlägen. Sie waren es nämlich, die einen Geologen gefunden hatten, der günstigere Sicherungsmaßnahmen vorschlug.
Im Landratsamt ist diese Idee aufgegriffen worden, was Caren-Denise Sigg, die zuständige Dezernatsleiterin, vor gut einem Jahr gegenüber dem SÜDKURIER bestätigt hat. „Wir wollen auch wegkommen von den hohen Kosten, den großen Eingriffen und den langen Ausführungszeiten, die im Raum stehen“, sagte Sigg im April 2024 im Interview mit unserer Zeitung. Damals hatte sie die Hoffnung geäußert, dass 2025 die ersten Maßnahmen umgesetzt werden könnten. Im Frühjahr 2025 hatte das Landratsamt begonnen, mit Waldbesitzern über Flächen für Ausgleichsmaßnahmen zu verhandeln.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Schwarzelühr-Sutter und der SPD-Landtagsabgeordnete Hoffmann kritisieren die grün-schwarze Landesregierung dafür, dass im Albtal so lange Zeit nicht geschah. „Zehn Jahre wurde blockiert, geplant, verschoben – und jetzt, kurz vor dem Wahlkampf, soll es plötzlich losgehen“, zitiert Schwarzelühr-Sutter Hoffmann in ihrer Medieninformation. „Dass ausgerechnet die Opposition die Öffentlichkeit über den bevorstehenden Baubeginn informieren muss, zeigt, wie wenig Transparenz von dieser Landesregierung zu erwarten ist.“
Besonders kritisch sieht Hoffmann die Planungspolitik der vergangenen Jahre: Von 2015 bis 2022 habe das Land eine überdimensionierte Lösung mit massiven Eingriffen in den Naturraum verfolgt – die am Ende nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Erst eine bürgergetragene, pragmatische Variante habe Bewegung in das Projekt gebracht. „Die Menschen vor Ort haben längst vorgemacht, wie es geht – einfacher, schneller und rechtssicher“, so Hoffmann.

Schwarzelühr-Sutter betont: „Als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium ist mir bewusst, wie sensibel Natur- und Landschaftsräume wie das Albtal sind – und wie wichtig es ist, sie zu schützen. Aber wenn über viele Jahre hinweg nichts passiert, holt sich die Natur den Raum zurück – mit Folgen, die heute nicht mehr ignoriert werden können: Wegerückbau, Hangrutschungen, einstürzende Stützmauern – all das treibt die Kosten unnötig in die Höhe. Fachleute sprechen längst von einem Sanierungsfall, den man sich hätte ersparen können.“
Mit Blick auf die Planungspolitik der letzten Jahre wird sie deutlich: „Es wurde jahrelang auf eine überdimensionierte Lösung gesetzt, die nie genehmigungsfähig war. Dabei hätte man viel früher auf eine umweltverträgliche, pragmatische Variante setzen können. Dass es dafür erst den Druck engagierter Bürgerinnen und Bürger gebraucht hat, ist ein Armutszeugnis für das Land und das Regierungspräsidium Freiburg.“
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