Am Vormittag vor der öffentlichen Kandidatenvorstellung in der Ramsberghalle trafen wir uns mit Alexandra Kipp in einem Pfullendorfer Café. Sie trinkt Tee. Doch „Abwarten und Tee trinken“ ist jetzt nicht angesagt. „Ich bin ziemlich aufgeregt wegen heute Abend, aber meine Rede habe ich geschrieben und ich bin gut vorbereitet“, so die 39-jährige. Sie will in den letzten drei Wochen vor dem Wahltermin Vollgas geben. „Mein Wahlkampf wird kurz und knackig.“ Den Flyer will sie dieser Tage verteilen und auch ihre Homepage soll online gehen. „Dort werde ich dann auch Termine für Bürgerinnen und Bürger anbieten.“
Patenonkel hat sie zur Kandidatur ermutigt
Dass Herdwangen-Schönach einen neuen Bürgermeister sucht, habe sie durch die Stellenanzeige einer Bürgergruppe erfahren, die ausdrücklich Quereinsteiger motivieren wollte. „Nach reiflicher Überlegung habe ich meine Bewerbungsunterlagen eingereicht, zuvor über Amt und Aufgaben eines Bürgermeisters recherchiert und mit meinem Patenonkel diskutiert.“ Dieser ist nämlich Bürgermeister in Tuningen und habe sie zur Kandidatur ermutigt.
Die Agraringenieurin arbeitet bei der Agrarinnovationen Hahnennest GmbH als Marketing-und Vertriebsleiterin und im Projektmanagement. Ihre Eltern sind Landwirte und bewirtschaften in Sulz am Necker einen Haupterwerbsbetrieb. Sie beschreibt sich als stressbeständig, zuverlässig und lösungsorientiert. „Außerdem bin ich gut vernetzt.“
Schon immer Interesse für Kommunalpolitik
Kommunalpolitik habe sie schon immer interessiert. Hätten Ausbildung und Beruf sie nicht immer an andere Orte verschlagen, hätte sie früher gerne im Gemeinderat mitgewirkt. „Ich habe landwirtschaftliche Produktionssysteme auf der ganzen Welt kennengelernt. Doch warum soll ich weiter Projekte im Ausland leiten?“, sieht sie die Zeit gekommen, Bürgermeisterin einer ländliche geprägten Gemeinde zu werden. „Ich fühle mich gewappnet und traue es mir zu“, sagt sie selbstbewusst. „Ich bin ledig und kinderlos, das heißt, ich kann mich mit ganzer Leidenschaft dem Amt widmen. Die Herren Riebsamen und Gerster haben ja keinen Scherbenhaufen hinterlassen. Die Gemeinde ist gut aufgestellt.“ Fehlende Erfahrung in der Verwaltung könne sie sich aneignen. „Mir ist bewusst, dass dies eine wichtige Grundlage ist. Und es ist nicht so, dass Bürokratie ein Fremdwort für mich wäre.“
Seit 2021 lebt die Bewerberin in Stetten am Bodensee und würde auch gerne dort in der eigenen Immobilie wohnen bleiben, so es sich mit dem Amt vereinbaren lasse. Kipp ist die einzige Bewerberin und wäre im Fall ihrer Wahl die erste Frau auf dem Chefsessel im Rathaus von Herdwangen-Schönach. „Ich bin in der Agrarbranche groß geworden. Für mich sind Frauen nicht besser oder schlechter“, sagt sie und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Ich habe aber mal gelesen, dass Frauen sich dann auf eine Stelle bewerben, wenn sie meinen, die Anforderungen mindestens zu 80 Prozent zu erfüllen. Bei Männern sollen es 40 Prozent sein.“
Bauplätze ein großes Thema in der Gemeinde
Als einer der größten Themen in der Gemeinde sieht sie die Ausweisung von Bauplätzen. „Weitere Erschließungen müssen schonend von statten gehen“, sagt sie. Statt Flächen neu zu versiegeln, müsse man sehen, ob man vorhandene Bausubstanz wohnbar machen könne. „Boden ist das wertvollste Kapital, darauf wächst unsere Nahrung.“