In Lautenbach wird seit mehr als einem halben Jahrhundert ganz selbstverständlich Inklusion gelebt. In und um den Ortsteil von Herdwangen-Schönach wohnen, arbeiten und feiern rund 400 Menschen mit und ohne Assistenzbedarf. Die Besonderheit der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft wurzelt in ihrer anthroposophischen Basis, einem Menschenbild, das jedes Individuum so annimmt, wie es ist. Dabei spielt die Lebensfreude, die die Menschen in Lautenbach als zentralen Bestandteil ihrer Arbeit und ihres Zusammenlebens definiert haben, eine wichtige Rolle. So können in den Lautenbacher Werkstätten Menschen mit und ohne Assistenzbedarf einer Arbeit nachgehen, die sie mit Freude, Sinn und Stolz erfüllt. Im Rahmen der Aktion „SÜDKURIER öffnet Türen“ haben 20 Besucher am Mittwoch, 4.¦September, von 10 bis 12¦Uhr, die Chance, einen exklusiven Blick in die Werkstätten der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach zu werfen.
Arbeit ist in Lautenbach nicht einfach nur Beschäftigung oder Broterwerb. Arbeit in Lautenbach ist Handwerk mit Liebe zum Detail. Arbeit ist für die Menschen in Lautenbach Identifikation. Gearbeitet wird in Lautenbach in den unterschiedlichsten Werkstätten. Schreinerei, Metallwerkstatt, Buchbinderei, Weberei, Betonwerkstatt, Tonwerkstatt und Lederwerkstatt bieten vielfältige Arbeitsfelder und ideale Voraussetzungen für gelebte Inklusion. Mit der Demeter-Landwirtschaft, der Demeter-Gärtnerei und der Grünpflege stehen dazu auch Arbeitsfelder im Agrar-Bereich zur Verfügung, von denen die ersten beiden auch einen wichtigen Beitrag zur Selbstversorgung leisten.
In der eigenen Werkstattküche werden täglich frische Mahlzeiten für die Menschen in Lautenbach zubereitet. Und dann gibt es noch das Café im Kontor, das öffentliche Lautenbacher Inklusionscafé, in dem jeder von überall her willkommen ist.
Gegründet wurde Lautenbach von Waldorflehrer und Sozialtherapeut Hans Dackweiler mit seiner Frau Marga und einem fünfköpfigen Team. Sie wollten eine Lücke schließen in der Betreuung und Vorbereitung von jungen Menschen mit Assistenzbedarf auf die Arbeitswelt. Was er damals schuf, war ein komplett neues Konzept. Denn damals endete die Schulpflicht für Jugendliche mit 16 Jahren. Die Aufnahme in die beschützenden Einrichtungen war aber erst ab 18 Jahren möglich.
Für Dackweiler, der bis dahin in der Dorfgemeinschaft Lehenhof wirkte, ein unhaltbarer Zustand. Ein Konzept für die Betreuung hatte er schon lange ausgearbeitet. Fehlte nur noch ein geeigneter Standort und fündig wurde man im damals noch selbstständigen Großschönach. Im Winter 1970 wurde der heutige Brunnenhof umgebaut, die ersten Jugendlichen zogen ein, die Schule und die ersten Werkstätten nahmen ihren Betrieb auf. Die Dorfgemeinschaft Lautenbach war gegründet.
Schnell erwies sich das integrative Konzept des gemeinsamen Wohnens, Lebens und Arbeitens von Menschen mit und ohne Assistenzbedarf als Erfolgsmodell. In den folgenden Jahren wurden neue Häuser gebaut und weitere Werkstätten in Betrieb genommen. Und auch heute noch wächst und entwickelt sich Lautenbach stetig weiter. Nicht nur vor Ort, sondern an allen ihren Standorten.