Es ist seine Liebe zum Linzgau, jene tiefe Verwurzelung in der Heimat, die das Leben von Lothar Riebsamen in jeder Hinsicht prägte. Zum einen blieb der gebürtige Schwäblishausener privat seiner Herzens-Landschaft treu, siedelte sich mit Ehefrau Ellen in Herdwangen an, wo er bis heute seinen Lebensmittelpunkt hat. Zum anderen war er auch im politischen Engagement stets der Region verbunden – von der Verwaltungsausbildung bei der Stadt Überlingen bis hin zum Bürgermeisteramt in Herdwangen-Schönach, seinem Wirken als Kreisrat und als Mitglied des Aufsichtsrates der Kliniken GmbH im Kreis Sigmaringen. Nur sein Amt als CDU-Bundestagsabgeordneter führte ihn etliche Jahre lang weit weg nach Berlin – aber nur für Stippvisiten: „Der Linzgau ist für mich Heimat, hier wollte ich niemals weg“, sagt Lothar Riebsamen, als er mit dem SÜDKURIER auf seine Karriere und sein Leben zurückblickt.

Zu Beginn Verwaltungslehre in Überlingen

Der Anlass für die Rückschau ist ein ganz besonderer: Der 64-Jährige wird am 22. Juli mit der Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Herdwangen-Schönach ausgezeichnet. Bescheiden, wie man ihn in der Heimat kennt, stellt sich der Politiker im Interview selbst die Frage, ob er diese Ehre denn auch verdient habe. Die Antwort gibt der Blick auf sein jahrzehntelange Engagement, das alles andere als alltäglich ist. Am Anfang steht die Verwaltungslehre im Überlinger Rathaus. Der Einblick in kommunalpolitische Strukturen weckt den Ehrgeiz beim jungen Schwäblishausener. „Mein Berufsziel stand ganz schnell fest: Ich wollte Bürgermeister werden“, bekennt Riebsamen mit einem Schmunzeln. Einen Plan B hat er auch in der Tasche: Sollte er kein Bürgermeister werden, will er in der Verwaltung eines Krankenhauses arbeiten – im weiteren Verlauf seines Lebens sollen beide Pläne wahr werden.

Krankenhausverwalter in Meersburg

Drei Jahre lang sammelt er Verwaltungserfahrung bei der Stadt Pfullendorf, bevor 1982 der Plan B in Kraft tritt: Riebsamen wird Krankenhausverwalter in Meersburg. Doch der Traum vom Bürgermeisteramt bleibt. „Ich wollte diesen Weg einschlagen, weil mich das Kommunalparlament beeindruckt hat“, schildert er. Wie man auf kommunalpolitischer Ebene zu Entscheidung kommt, wie ein Haushaltsplan erstellt wird, Bebauungspläne entstehen und die vielen Projekte einer Gemeinde Gestalt annehmen – was sich für viele nach langweiliger Bürokratie anhört, ist für Lothar Riebsamen eine Welt, die er gerne mitgestalten will. „Ich war immer beeindruckt von der Basisdemokratie, die in einer Gemeinde gegeben ist“, blickt er zurück.

Bei der Bürgermeisterwahl in Daisendorf unterlegen

Und so kommt schließlich der Tag, an dem er antritt, um seinen Traumjob zu ergattern: 1985 wirft er im Alter von gerade einmal 28 Jahren bei der Bürgermeisterwahl in Daisendorf den Hut in den Ring. Erfolglos – gewählt wird Gegenkandidat Helmut Veser. Doch der Traum bleibt. Nach fünf Jahren als Amtsleiter in der Verwaltung der Krankenhäuser in Waldshut – ja, er wird dem Linzgau dieses eine Mal untreu – wagt der Betriebswirt einen zweiten Versuch. „Ich wollte es einfach noch einmal wissen“, sagt er. Und natürlich habe auch ein kleines bisschen Heimweh die Motivation für eine weitere Kandidatur befeuert, verrät Riebsamen.

1990 in Herdwangen-Schönach erfolgreich

1990 kandidiert er in Herdwangen-Schönach und kann die meisten Wählerstimmen auf sich vereinen. Als Bürgermeister einer Gemeinde mit vielen Ortsteilen kommt es für ihn vor allem darauf an, integrativ zu arbeiten – mit möglichst viel Transparenz und Präsenz. Als er 1990 anfängt, gibt es noch nicht einmal einen Computer im Rathaus. „Die Verwaltung in die neue Zeit zu führen mit den neuen Technologien war eine wichtige Aufgabe für mich“, so der 64-Jährige. Als seine größte Einzelherausforderung sieht Riebsamen im Rückblick das Gewerbegebiet Herdwangen: „Das war ein großer Akt, allein von der Erschließung her.“

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Keine Schulden gemacht

Als Bürgermeister gelte, dass alles, was die Gemeinde an Infrastruktur habe, up to date und gepflegt sein müsse, wie zum Beispiel die Schulen, Sportplätze und Kindergärten. Dass es ihm gelungen ist, trotz aller Investitionen keine Schulden für die Gemeinde anzuhäufen, sieht der ehemalige Bürgermeister vorwiegend in der baulichen Entwicklung begründet. „Wir haben viele Bauplätze verkauft, hier spielt natürlich die Seenähe eine große Rolle“, sagt Riebsamen. Nirgendwo anders als in Herdwangen-Schönach habe er Bürgermeister sein wollen. „Was gibt es Schöneres, als in der Heimat politisch zu wirken?“, sagt er strahlend.

2009 in den Bundestag gewählt

Als Bundestagsabgeordneter war Berlin sein Wirkungszentrum.
Als Bundestagsabgeordneter war Berlin sein Wirkungszentrum. | Bild: privat

20 Jahre lang, bis 2014, ist Lothar Riebsamen im Kreistag aktiv. 2009 wird er in den Bundestag gewählt. Was das kommunalpolitische Engagement von der Bundespolitik besonders unterscheidet? Für Riebsamen ist dies die Unmittelbarkeit der Entscheidungen. „Als Bürgermeister entscheidet man mit dem Gemeinderat direkt über die kommunalen Belange. Im Bundestag ist man in der Fraktion einer von 220 oder im gesamten Gremium sogar einer von 700, der eine Stimme hat“, schildert er.

Mit Angela Merkel nach Friedrichshafen

Noch ganz genau erinnert er sich an die allererste Rede, die er im Bundestag halten durfte. Nicht an den Inhalt – aber an das Gefühl, das er am Rednerpult hatte. Tief beeindruckt sei er an diesem Tag gewesen, verrät Riebsamen. Bei den großen politischen Entscheidungen unterstützte er stets die Bundeskanzlerin. Und kann mit Angela Merkel tatsächlich sogar einmal auf Tuchfühlung gehen. Als in Friedrichshafen eine große Veranstaltung mitten in der Berliner Sitzungswoche stattfindet, ruft er kurzerhand im Kanzleramt an und fragt, ob Merkel ihn mitnehmen würde.

Und tatsächlich sitzt der Herdwanger Politiker einige Tage später in der kleinen Challenger-Maschine mit der Kanzlerin und fliegt an den Bodensee. „Wir haben uns darüber unterhalten, wer den schöneren Wahlkreis hat. Ich hatte Vorteile, weil man meinen gesehen hat“, schmunzelt Riebsamen. Als schönen Abschluss seiner Abgeordnetenzeit sieht er die Freigabe der B 31 und die Elektrifizierung der Südbahn.

Seine Ehefrau hat ihn immer unterstützt

Nach jahrzehntelangem Engagement hat Lothar Riebsamen jetzt endlich Zeit für seinen Garten.
Nach jahrzehntelangem Engagement hat Lothar Riebsamen jetzt endlich Zeit für seinen Garten. | Bild: Stefanie Lorenz

Seine Frau Ellen hat ihn immer unterstützt. „Mein Amt als Bürgermeister hat sie aktiv mitgelebt“, sagt Lothar Riebsamen. Trotz seines politischen Engagements, blieb ihm noch Zeit für Hobbys. Er spielt Tennis in Herdwangen-Schönach und auch das Skifahren bereitet ihm Freude. Ehrenamtlich engagiert er sich etwa für den Bezirksfachausschuss Gesundheit. Über die Verleihung der Ehrenbürgerwürde freut er sich sehr: „Das ist eine große Ehre.“