Die Vorwürfe in der Anklageschrift wiegen schwer: Zur Last gelegt werden dem Angeklagten zwei abgefackelte Altkleidercontainer, ebenso in Brand gesetzte Paletten auf dem Hinterhof des Globus-Herstellers Columbus sowie die dort am 23. Januar 2020 angezündeten Paletten mit Plastikschalen, woraufhin eine Lagerhalle komplett niederbrannte und ein Schaden von 4,5 Millionen Euro entstand. Seit Donnerstag muss sich der Mann vor dem Landgericht Hechingen verantworten. Der 43-Jährige erklärte vorab, sich zu den Anklagepunkten nicht äußern zu wollen. Er ließ sich vom Vorsitzenden Richter Dr. Hannes Breucker jedoch dazu ermuntern, aus seiner persönlichen Vita zu erzählen.

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Wohlbehütet in der Familie aufgewachsen

Er sei als gebürtiger Friedrichshafener wohlbehütet in der Familie aufgewachsen, obgleich sich seine Mutter früh vom ersten Lebenspartner trennte, dessen Nachfolger nahm ihn als Adoptivsohn auf. Die meiste Zeit habe er bei den Nachbarn verbracht, die eine Landwirtschaft betrieben – frische Luft und die Mithilfe hätten ihm gut getan. Wegen seiner Lernschwäche in Deutsch und Mathematik sei er auf eine Sonderschule gegangen, mit Hauptschulabschluss. Seine Ausbildung zum Bauschlosser habe er im dritten Lehrjahr abgebrochen, die zum Lackierer wegen einer Allergie nicht zu Ende geführt. Danach habe er sich mit diversen Jobs über Wasser gehalten und er sei mit 17 Jahren erstmalig Vater geworden. Da hatte er bereits das Elternhaus verlassen. „Nach meiner Hochzeit ist für mich eine Welt zusammengebrochen“, sagte der Angeklagte. „Damals habe ich einen Fehler gemacht!“ Wie es scheint, ging es dabei bereits um eine Brandstiftung, die vor den Prozessteilnehmern in Hechingen nicht näher erläutert wurde. Nach seiner Haftentlassung habe er neues Leben begonnen. Er heiratete wieder, die zweite Ehe hielt über vier Jahre, eine Tochter kam auf die Welt, für deren Unterhalt sich nun ein Rückstand von 5000 Euro angehäuft hat. Aus einer fünfmonatigen Nebenbeziehung resultiert eine weitere Tochter.

Gleichwohl hatte er in jener Phase erfolgreich eine Ausbildung zum Forstwirt absolviert und im Beruf lange gearbeitet, ehe ihn zwei gravierende Arbeitsunfälle mit schweren Verletzungen 2016 – er wurde von einem Polter überrollt und war unter einen Baum geraten – aus dem Gleichgewicht warfen. Aufgrund körperlicher Einschränkungen sei er sodann gekündigt worden.

Flucht in den Alkohol

Zur Frustbewältigung suchte er mit 38 Jahren die Flucht in den Alkohol. Befragt nach dem Quantum seines Alkoholgenusses bekannte er, einen Kasten Bier über den Tag zu trinken. Auch zum ersten Verhandlungstag habe er schon sechs Bier intus, bekannte er. Für eine Therapie sehe er aber keinen Bedarf. Zu den Tatzeiten war er einem Wohncontainer in unmittelbarer Nähe zu einem der angezündeten Altkleidercontainer zugewiesen. Aktuell lebt er in einer anderen Kreisgemeinde und als Hartz-IV-Empfänger von 415 Euro im Monat.

Immer wieder an Einsatzstellen aufgetaucht

Als erster Zeuge wurde ein Polizeihauptkommissar aufgerufen, der gleichzeitig als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Krauchenwies fungierte und an sämtlichen Einsätzen beteiligt war. Eindrücklich schilderte er die zwölfstündige Großbrandlöschung bei der Firma Columbus. „Wir hatten zu kämpfen, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen!“ Explizit auf den Angeklagten befragt, wusste er, dass sich dieser bei der Freiwilligen Feuerwehr in Krauchenwies beworben hatte, aber abgelehnt worden sei. Der Beamte kennt den Angeklagten „vom Sehen her“, so auch von dessen Trunkenheitsfahrten. Zudem deutete er auf eine aktive Rolle des Angeklagten bei den Bränden hin, es seien der Zufälle zu viel: „Er ist immer wieder an Einsatzstellen aufgetaucht. Irgendwann fällt das auf!“

Polizeibeamter berichtet von aggressivem Verhalten

Der zweite Zeuge, ein Polizeibeamter, hatte ihn wegen des ersten Altkleidercontainerbrands als Zeugen vernommen und berichtete davon, dass der Angeklagte bei der ersten Begegnung vor Ort „ziemlich aggressiv“ reagiert hätte. Ein vager Verdacht sei gegen ihn entstanden. Der 43-Jährige hielt dem entgegen, er stehe wohl unter Generalverdacht, habe jedoch lediglich die Polizei alarmiert und den Löschzug eingewiesen. Drei weitere Verhandlungsrunden sind in der nächsten Woche angesetzt.