Der 2. Juli 2011 veränderte Peter Knolls Leben und das seiner Familie von Grund auf. An diesem Tag stürzte er als ehrenamtlicher Helfer beim Krauchenwieser Parkfest und verletzte sich so schwer, dass er heute noch an den Folgen immens leidet. Nun, nach fast sechs Jahren, ist er nicht nur täglich mit dem Kampf um die Linderung der Unfallfolgen befasst. Dazu kommt der Kampf mit seiner Versicherung, die wie Peter Knoll sagt, bisher lediglich eine kleine Anzahlung auf die Versicherungssumme geleistet hat. "Vor einem Monat boten sie mir ein Drittel der Versicherungssumme an", sagt Knoll. Sein Anwalt und er möchten jedoch erreichen, dass die volle Versicherungssumme ausbezahlt wird. Am 30. März soll der Fall vor dem Landgericht Hechingen verhandelt werden.
Doch von vorne: An jenem Sommertag, erinnert sich Peter Knoll, half er als Mitglied der Musikkapelle Krauchenwies beim Parkfest mit. "Ich trug einen Korb Gläser von der Theke zur Spülmaschine und stolperte." Mit dem Kopf sei er nach vorne in die Gläser gefallen, wobei sich der Kopf nach hinten überstreckte. "Augenblicklich konnte ich Hände und Füße nicht mehr bewegen, habe nichts mehr gespürt." Mit dem Rettungswagen und Notarzt ging es ins Sigmaringer Krankenhaus. Von dort nach einer Kernspintomografie (kurz MRT) noch in der Nacht mit dem Helikopter in die Uniklinik Tübingen. Sofort wurde er an Rückenmarkskanal und Halswirbel operiert.
Nach vier Tagen dann die Verlegung in die Berufsgenossenschaftsklinik (BG) Tübingen. "Dort lag ich acht Monate", erzählt der heute 63-jährige Peter Knoll. "Vier Monate lang war ich gelähmt an Armen und Beinen, die Funktion von Blase und Darm waren ebenfalls beeinträchtigt." Die Diagnose lautete: Quetschung des Rückenmarks – Querschnittlähmung. Nach cirka vier Monaten wurde sein Unfall als BG-Fall anerkannt, "weil ich für den Verein mehr als üblich geleistet habe". Dank der genauen Aufzeichnungen, wie viel die Mitglieder beim Fest gearbeitet haben, war dieser Nachweis möglich.
Während des Klinikaufenthaltes liefen rasch auch die Reha-Maßnahmen an: Schwimmen, Gymnastik, Bäder und so weiter. "Ich musste ja wieder laufen lernen", erzählt Peter Knoll. "Zuerst konnte ich nur krabbeln. Sehr, sehr langsam habe ich allmählich Hände und Füße wieder etwas gespürt. Konnte aber nicht unterscheiden, ob etwas stumpf oder spitz, kalt oder heiß war. Und das ewige Kribbeln in Armen und Beinen spüre ich bis heute." Auch sein Gleichgewichtssinn stellte sich langsam wieder ein. "Aber ganz gut wird das wohl nie mehr." Für ihn und seinen Anwalt also eine 100-prozentige Invalidität.
Als Peter Knoll nach acht Monaten nach Hause entlassen wurde, setzte er die Reha-Maßnahmen ambulant fort. "Ich trainiere wie ein Affe", meint er. "Hätte nie gedacht, dass ich in meinem Leben mal so viel Sport mache." Nach wie vor steht pro Woche ein halber Tag Physiotherapie in der Rehaklinik Bad Saulgau auf dem Programm. Dazu kommt zweimal wöchentlich Physiotherapie in einer ambulanten Praxis in Sigmaringen und natürlich das Training zu Hause. Mit Rüttelplatte und Liegefahrrad – einer Schweizer Entwicklung, die speziell für Querschnittgelähmte entwickelt wurde, um Muskelschwund vorzubeugen. Dies alles, um den derzeitigen Stand zu erhalten und eventuell eine weitere Besserung zu erzielen. Heute kann er zwar wieder kleinere Strecken gehen, meist aber mit Rollator, größere Entfernungen legt er im Rollstuhl zurück.
"Mit meiner Versicherung streiten mein Anwalt und ich seit über fünfeinhalb Jahren", sagt der 63-Jährige. Diese geht davon aus, dass der Unfall auf eine Verengung des Rückenmarkkanals – also auf eine Vorerkrankung – zurückzuführen sei. Dass diese also der Auslöser für das Stolpern mit dem Gläserkorb in den Händen gewesen sei. Nach eineinhalb Jahren habe man ihm gerade mal 5 Prozent der Versicherungssumme geboten, vor einem Monat dann ein Drittel, aber "wir wollen die volle Versicherungssumme, wie ich sie vor 25 Jahren abgeschlossen habe. Gerade für den Fall, dass ich als Selbstständiger abgesichert bin".
Er hat also bisher noch keinen Cent von dem im Versicherungsvertrag vereinbarten Krankenhaustagegeld für den achtmonatigen Klinikaufenthalt, auch keine monatliche Rentenzahlung oder die Versicherungssumme erhalten. "Wir – mein Anwalt und ich – sind der Meinung, dass es keine Vorerkrankung gab, also auch nicht der Auslöser für das Stolpern mit dem Gläserkorb gewesen sein kann", sagt Peter Knoll.
Vor dem Unfall sei er voll im Berufsleben gestanden, mit keinerlei Einschränkungen, er sei Lastwagen gefahren und habe körperliche Arbeiten verrichtet und konnte Bergwanderungen ohne Beschwerden unternehmen. Die Berufsgenossenschaft habe die Folgen des Unfalls voll anerkannt und Therapie und Arztkosten übernommen. "Es ist ein zermürbender Kampf mit der Versicherung", sagt Peter Knoll, "wie es ab und zu im Fernsehen dargestellt wird, so ist es in meinem Fall wirklich."