Gespinste im Müsli oder im Trockenobst? Ein ziemlich sicheres Indiz für Eilarven von Lebensmittelmotten. Winzige Krabbler auf dem Badezimmerboden und an der Wand? Das könnten schimmelfressende Staubläuse sein, ein Zeichen für zu viel Feuchtigkeit im Raum. Seien es Bettwanzen in einem Hotel, lichtscheue Kakerlaken in einer Großküche oder Maden in einer vermüllten Wohnung – Andreas Gerrer aus Krauchenwies schafft Abhilfe. Wo er auftaucht, geht es Hygiene-, Material- und Vorratsschädlingen an den Kragen.

„Dabei packe ich nicht immer gleich die Giftkeule aus, denn Insektizide müssen mit Vernunft und Bedacht eingesetzt werden“, so der 42-jährige. Der Trend gehe zu ökologischen Mitteln, zum Einsatz von Nützlingen oder Heizlüftern. Wärmeentwesung sei zum Beispiel gegen Bettwanzen ein probates Mittel. „Dazu müssen wir aber erst einmal die Möbel von den Wänden wegrücken oder abbauen und Sockelleisten entfernen – damit wir auch wirklich jede Ritze erwischen“, schildert Gerrer das Vorgehen. „Dann wird der Raum auf 50°C aufgeheizt, das tötet alle Stadien des Insekts.“

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Übertragung von Krankheiten möglich

Der 42-jährige trägt einen schwarzen Kapuzenpulli, auf der Brust in Neongrün die www-Adresse seiner Firma Antivektor und darüber eine feiste Comic-Schabe, die sich selbst den Garaus macht. Antivektor, der Name ist Programm. Denn Gerrer sagt Vektoren den Kampf an, und hier geht es nicht um Mathematik, sondern um Schädlinge, die Krankheiten übertragen. Man denke an den Rattenfloh, einen Parasiten, der als einer der Hauptüberträger der Pest gilt. Schaben können Salmonellen verbreiten. Wer Staub mit Mäusekot einatmet, handelt sich möglicherweise das Hantavirus ein. Ätzender Taubendreck zerstört die Substanz von Gebäuden, wenn es dumm läuft, schleppt die Taube im Gefieder auch noch Rote Vogelmilben oder Taubenzecken an.

Vergrämen statt vergiften: Mit Spikes, Spanndrähten und Drahtgittern soll verhindert werden, dass sich Tauben einnisten.
Vergrämen statt vergiften: Mit Spikes, Spanndrähten und Drahtgittern soll verhindert werden, dass sich Tauben einnisten. | Bild: Johanson, Kirsten
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Ekelt sich am meisten vor Fliegen

„Ich werde immer wieder gefragt, ob mein Beruf eklig ist“, erzählt Gerrer. Ein gewisser Ekelfaktor ist bei seinem Job nicht von der Hand zu weisen, die Tatortreinigung und -desinfektion nach einem Leichenfund ist aber glücklicherweise nicht an der Tagesordnung. Ihm persönlich graust es übrigens am meisten vor Fliegen: „Erst tappen sie im Hundehaufen herum, danach auf dem Kuchen.“

In der ganzen Region unterwegs

Früher war er bei der Polizei, doch mit fast 40 stellte er fest, dass er nicht als Polizist in Rente gehen wollte. „Der beste Freund meines Schwiegervaters ist Schädlingsbekämpfer im Stuttgarter Raum und dort habe ich erstmals Einblick in den Beruf bekommen.“ 2017 stieg Andreas Gerrer in die Branche ein, ließ sich ausbilden, besuchte Lehrgänge und trat Mitte 2018 die Nachfolge von Kammerjäger Gerhard Scherer aus Salem an. Gemeinsam mit seiner Frau Rebecca und einem Angestellten ist Gerrer nun in der ganzen Region unterwegs. Zu den Kunden gehören private Haushalte ebenso wie Bäcker, Metzger, Kantinen, Supermärkte, Industriebetriebe, Mühlen, Speditionen, Futtermittelhersteller, Hotels, Wohnheime und vieles mehr.

Ein Besuch reicht oft nicht

Mit einem Verneblungsgerät wie diesem bekämpft Andreas Gerrer unerwünschtes Ungeziefer. Bilder: Kirsten Johanson
Mit einem Verneblungsgerät wie diesem bekämpft Andreas Gerrer unerwünschtes Ungeziefer. Bilder: Kirsten Johanson | Bild: Johanson, Kirsten

Bevor Gerrer aktiv wird, steht eine Befallsanalyse an, um dann die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. Der Schädlingsbekämpfer kennt die verschiedenen Stadien, die unerwünschte „Untermieter“ durchlaufen: vom Ei über die Puppe, Larve, Nymphe oder Made bis hin zum krabbelnden, fliegenden, saugenden Insekt. Er findet heraus, ob es sich um eine Wald- oder Küchenschabe handelt. Er weiß, wo sich Schädlinge verstecken. Ein wichtiges Indiz liefert übrigens der Kot. Er hilft bei der Beurteilung, um welchen Schädling es sich überhaupt handelt. Und wichtig für die Kunden zu wissen: „Mit einem einmaligen Besuch ist das Problem in der Regel noch nicht behoben.“

Prophylaxe im Gewerbe von großer Bedeutung

Bei den gewerblichen Kunden habe die Prophylaxe große Bedeutung, hier wird Gerrer schon tätig, bevor das Ungeziefer auf dem Tisch tanzt. Denn Gesundheits- und Hygieneschutz beginnt idealerweise nicht erst dann, wenn es vor Schädlingen nur so wimmelt. Apropos wimmeln: Schaben, Motten, Silberfische und Co. sind vermehrungsfreudig, das heißt, wo eines dieser Tierchen gesichtet wird, sind garantiert noch viele weitere. Ganz wichtig sei es, Ursachenforschung betreiben. In der Industrie haben Unternehmen beispielsweise ein großes Interesse daran, Nager aus dem Gebäude fernzuhalten, weil die Tiere gerne an Kabeln fressen und somit eine Gefahr für Maschinen und IT-Anlagen darstellen. „Ich hatte mal den Fall, dass eine Firma zwei Wochen Produktionsausfall hatte, weil Mäuse die Kabel an einer Maschine durchgebissen hatten und das Ersatzteil nicht so schnell geliefert wurde“, berichtet Gerrer. Gegen Ratten- und Mäuserudel geht er mit Schlagfallen oder Giftködern vor.

Wespen sind geschützt

Im Sommer wird Gerrer immer wieder gerufen, weil Wespennester bei Hausbesitzern für Unruhe sorgen. Wespen gehören zu den Lästlingen, deren Anwesenheit als störend empfunden wird. „Alle Wespenarten sind geschützt, sie dürfen nicht getötet und nur im Notfall umgesiedelt werden. Meistens geht von ihnen keine Gefahr aus“, so der Fachmann.

Marder werden vergrämt

Auch einen Marder unterm Dach oder unter der PV-Anlage möchte niemand gerne haben, weil er Kot und Urin hinterlässt, die Isolierungen anfrisst, an Leitungen nagt und in seiner Speisekammer tote Vögel und ähnliches deponiert. Diese können wiederum Sekundarschädlinge wie Speckkäfer anziehen. „Hier ist es vor allem wichtig herauszufinden, wo der Marder ins Gebäude kommt.“ Marder werden nicht getötet, sondern vergrämt, wie es im Fachjargon heißt.

Kunden wollen es lieber diskret

Unterwegs zum Einsatz ist Gerrer übrigens in einem neutralen weißen Kastenwagen, auf das Autodach ist keine werbewirksame Riesenkakerlake montiert. „Den Kunden ist es lieber, wenn nicht gleich jeder sieht, dass der Kammerjäger im Haus oder Betrieb ist.“