Er wiegt 3,5 Kilogramm – doch von einer schweren Lektüre kann keine Rede sein: Der zweiteilige Bildband „Hausen am Andelsbach – wie es früher einmal war“ ist ein bebildertes Zeitdokument voller Leben, Heimatgeschichte und Geschichten. 2020 feiert Hausen am Andelsbach, ein rund 770 Einwohner starker Teilort der Gemeinde Krauchenwies, 800-jähriges Bestehen.

Der selbstständige Maschinenbauingenieur Eric Gröner und Mediengestalter Andreas Bücheler, zwei „Hausener Ureinwohner“, wie sie selbst sagen, haben in jahrelanger Arbeit die 1500 Bilder und Fakten des 720 Seiten umfassenden Zeitdokumentes zusammengetragen. Sie dokumentieren Örtlichkeiten, das Alltagsleben, Geschäfte, Vereine, den Ausbau des Andelsbachs. Die geschichtlichen Informationen basieren auf der Ortschronik des Ehrenbürgers Josef Mühlebach.
Eric Gröner erzählt, wie alles begann: „Ich habe schon Anfang der 2000er Jahre gemerkt, dass immer mehr Bildmaterial aus alten Jahren verschwindet, beziehungsweise auch die Informationen dazu mit ihren Besitzern versterben.“ Der heute 42-Jährige bedauerte, dass solche Zeitdokumente nicht für die späteren Generationen bewahrt werden, da sie einen ganz anderen Blick auf das Leben im Dorf zulassen. Damals begann er, diese alten Bilder gelegentlich zu sammeln und einzuscannen. Vor rund acht Jahren entfachte die Wiederentdeckung dieser Sammlung seine Leidenschaft erneut.
Sie beschließen, die Bilder in einem Bildband zu veröffentlichen
Eric Gröner sprach die Hausener Bewohner an und gelangte so an noch mehr historische Bilder. Diese veröffentlichte er in den folgenden Jahren teilweise auf der Facebookseite „Hausen am Andelsbach – wie es früher einmal war“, was großen Anklang in der Bevölkerung fand. Der Mediengestalter Andreas Bücheler, 29 Jahre alt, teilt die Leidenschaft von Eric Gröner und stieß 2015 zu diesem Projekt dazu. Schnell fassten sie den Entschluss, die Bilder in einem Bildband zu veröffentlichen.
Große Unterstützung aus der Bevölkerung
Die beiden liefen sämtliche Häuser in Hausen ab, erzählt Eric Gröner: „Unser Vorhaben stieß meistens auf offene Türen und Ohren. Wir erhielten fast überall Einblick in die alten Fotoalben und -kartons, und man unterstützte uns sehr in der Bevölkerung.“ Aus den Gesprächen erfuhren sie oftmals interessante Anekdoten über das Leben in Hausen. Wie die Geschichte eines Mannes, der früher für ein paar Pfennig in der Stunde bei der Kegelbahn im Gasthaus Hirsch die Kegel von Hand aufstellte.
Anekdoten handeln vom Alltag in Hausen in früheren Zeiten
Manche Einwohner berichteten sehr detailreich über die früher getragene Kleidung. So war es beispielsweise eher selten, dass ein Kind neue Schuhe bekam. Viele mussten bereits abgetragene Schuhe ihrer Geschwister anziehen. „Es war interessant zu sehen, wie stolz sie heute noch auf ihre Schuhe von damals waren und was es für ein tolles Ereignis gewesen sein muss, wenn es mal ein Paar neue Schuhe gab“, sagt Andreas Bücheler. Das sei heute für viele nicht mehr vorstellbar.
Eric Gröner erfuhr bei den Recherchen eine Geschichte aus seiner eigenen Verwandtschaft, zu der es im Buch auch ein entsprechendes Bild gibt. Sein Großvater hatte als einer der ersten Bewohner von Hausen ein Auto. Er bestritt seinen Lebensunterhalt teilweise dadurch, dass er ältere Autos zu Acker- und Arbeitsfahrzeugen umbaute und verkaufte.
Um 1941 die Firmanden aus Hausen nach Pfullendorf in die Kirche zu fahren, funktionierte er einen landwirtschaftlichen Leiterwagen in einen „Personentransportanhänger“ um, schmückte ihn mit Reisig und Blumen. Dann hängte er ihn an eines seiner Autos an und fuhr so sämtliche Firmanden nach Pfullendorf. „Heute absolut undenkbar, damals eine praktische Lösung“, schildert Gröner.
Kontakt zu Ausgewanderten, Recherche in zahlreichen Archiven
Ein weiteres Thema, das vielfach zur Sprache kam, waren die Kriegsjahre, in denen viele Flüchtlinge und Vertriebene aus umkämpften Gebieten in Hausen aufgenommen wurden. Da nach Kriegsende nicht alle wieder in ihre Heimat zurückkehrten, stammen heute viele Familien im Dorf ganz oder teilweise von ihnen ab. Gröner und Bücheler kontaktierten auch alle ausgewanderten Hausener. Die jungen Männer forschten im Kreisarchiv, Staatsarchiv und vielen weiteren Einrichtungen.
Mehr als 5000 Dokumente kommen zusammen
Ende 2018 hatten Eric Gröner und Andreas Bücheler mehr als 5000 Fotos, eingescannte Diabilder und Dokumente gesammelt. Auf Internetplattformen suchten sie nach alten Post- und Landkarten, erwarben diese, „damit sie wieder den Weg nach Hausen finden“.
Alleine der Sortierungsprozess dauerte Monate, wie sie erzählen. Der grobe Aufbau des Bildbandes beanspruchte zehn Monate ihrer Freizeit. Jede freie Minute, jeden Urlaubstag verbrachten sie mit dem Aufbau des Bildbandes, schildert Andreas Bücheler: „Wichtig war uns, dass wir jedes Bild beschreiben konnten. Wer ist zu sehen und wann? Was war der Anlass?“
Gutscheine zur Finanzierung der ersten Auflage
Um die Finanzierung der ersten Auflage von 240 Exemplaren zu planen, konnten Interessierte an Weihnachten 2019 bereits Gutscheine für die Bildbände erwerben. Die Unterstützung seitens der Gemeinde war eine Vorbestellung von zehn Exemplaren, gibt Eric Gröner an. Die Volksbank Bad Saulgau unterstützte durch eine Spende, eine Lehrerin las Korrektur. „Typisch Hausen, wo jeder jedem hilft“, freut sich Bücheler.