Hunderte Briefe hat das Gesundheitsamt nach Angaben von Landrätin Stefanie Bürkle in Zusammenhang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht an Betroffene verschickt. Bis 16. März mussten Arbeitgeber an die Behörde melden, welche Beschäftigten bislang noch keinen Immunitätsnachweis haben und die Betroffenen wurden nun vom Gesundheitsamt persönlich zur Vorlage eines solchen Nachweises aufgefordert. „Hierbei kann es sich um einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis handeln, dass aus medizinischen Gründen eine Coronaschutzimpfung vorübergehend oder dauerhaft nicht möglich ist“, erklärt Amtsleiterin Dr. Susanne Haag-Milz auf eine Anfrage des SÜDKURIER. Für die Vorlage des Nachweises war eine Frist von 14 Tagen vorgesehen. Bislang wurden der Behörde mehr als 400 Personen gemeldet, die den erforderlichen Impf- oder Genesenennachweis nicht vorlegen konnten.
Umfassende Einzelfallprüfung wird zugesichert
Wenn kein plausibler Nachweis vorgelegt wird, schließt sich ein Verwaltungsverfahren an, erläutert Haag-Milz, dass das Sozialministerium den Gesundheitsämtern hierfür detaillierte Vorgaben gemacht habe. Im Verlauf des Verfahrens würden die betroffenen Mitarbeitenden sowie die Einrichtungen und Unternehmen vom Gesundheitsamt angehört. „Wir müssen anschließend abwägen, wie die Interessen des Mitarbeitenden, der Einrichtung und der Patienten oder Bewohner zu gewichten sind“, ergänzt die Amtsleiterin, dass man dabei auch die Funktionsfähigkeit der gesamten Einrichtung und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit in den Blick habe. Erst am Ende dieser umfangreichen Abwägung stehe ein mögliches Betretungs- oder Tätigkeitsverbot.
Kreisrätin thematisiert Impfpflicht
Die Verfahren hätten erst begonnen und deshalb wurde auch noch kein Betretungsverbot ausgesprochen. „In jedem Fall ist eine umfassende Einzelfallprüfung erforderlich“, versichert die Amtsärztin. Auf diese Einzelfallprüfung hatte Landrätin Bürkle bei der jüngsten Sitzung des Kreistages hingewiesen, nachdem die grüne Kreisrätin Sabine Hug die Fragerunde anlässlich der Landratswahl das Thema angesprochen hatte. Sie berichtete von Einrichtungen, die den Betrieb nur noch aufrechterhalten könnten, weil ungeimpfte Beschäftigte die Arbeit ihrer erkrankten geimpften Kollegen übernehmen. Beschäftigte in Gesundheitsberufen, „die nicht als menschliche Spritzen“ agieren wollten, würden in Notlagen geraten, schilderte Hug.
Landrätin Stefanie Bürkle spricht sich für Impfung aus
„Ich persönlich bin für die Impfung“, ist die Kreischefin überzeugt, „dass uns die Impfung dem Ende der Pandemie näher bringt“. Zudem werde eine Überlastung des Gesundheitssystems vermieden und für Geimpfte verringere sich das Risiko einer schweren Covid-Erkrankung. „Aber, es ist die Entscheidung jedes Einzelnen“, ergänzte Bürkle und versprach, dass das Gesundheitsamt bei der anstehenden Überprüfung der Mitarbeitenden in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen seinen Ermessensspielraum nutzen werde.
Gesundheitsamt steht am Anfang der Verfahren
Nach Angaben des Gesundheitsamtes Sigmaringen wurden von zwölf Arztpraxen, zwei Krankenhäusern, vier Behinderteneinrichtungen, 25 medizinischen Einrichtungen, 13 Pflegeheimen und vier sonstigen Einrichtungen Meldungen über nicht geimpfte Beschäftigte übermittelt. Man prüfe nun individuell, wie sich mögliche Beschäftigungsverbote auf einzelne Einrichtungen auswirken würden. „Da wir im Verfahren noch ganz am Anfang stehen und zunächst Kontakt zu den Personen aufnehmen, die keinen Nachweis vorgelegt haben, können wir noch keine Aussage dazu treffen, wie sich ein mögliches Beschäftigungsverbot auf einzelne Einrichtungen und alle Einrichtungen in Summe auswirkt“, antwortet Susanne Haag-Milz auf eine SÜDKURIER-Frage.
Regelung gilt bis 1. Januar 2023
Insgesamt meldeten 5622 Einrichtungen und Unternehmen in Baden-Württemberg den zuständigen Gesundheitsämtern insgesamt 31 938 Personen, die entweder über keinen ausreichenden Impfschutz verfügen oder bei denen Zweifel an der Echtheit oder der inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises bestehen. Insgesamt sind im Land rund 1,8 Millionen Menschen im Bereich Gesundheit tätig. Auf die Frage, ob eine Sperrzeit im Arbeitslosengeld eintritt, wenn nach dem Ausspruch eines Beschäftigungsverbots wegen einer Verletzung der „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ der Arbeitgeber kündigt oder eine Freistellung ohne Fortzahlung des Entgelts erfolgt, erklärt das Sozialministerium, dass dies eine Abwägungsentscheidung sei, und höchstwahrscheinlich keine Sperrzeit erfolgt. Die Regelung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht gilt übrigens bis 1. Januar 2023, wobei es seit Bekanntgabe massive Kritik gibt.