Zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, ist ein 43-jähriger Kreisbewohner vom Amtsgericht Sigmaringen verurteilt worden. Amtsrichterin Kristina Selig sah es als erwiesen an, dass sich der Angeklagte der ihm vorgeworfenen Nachstellungen einer Frau schuldig gemacht und in zumindest vier Fällen gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen hatte. Nach eigener Schilderung vor Gericht war der Angeklagte Anfang 2021 auf die junge selbstständige Künstlerin aufmerksam geworden. Um sie und ihre Musik promoten zu können, vereinbarte er ein geschäftliches Treffen mit ihr. Hinterher legte er dieses jedoch als „Date“ aus, forderte weitere Begegnungen mit ihr ein, „damit wir uns richtig kennenzulernen, bevor wir gemeinsam Kinder in die Welt setzen“, so eine in der Anklageschrift zitierte dreiste Mitteilung des Angeklagten.
Kontaktverbot erwirkt
Offenbar wollte es der 43-Jährige partout nicht wahrhaben, dass die Geschädigte an ihm keinerlei privates Interesse besaß. Um dessen penetrante Avancen abzuwehren, erwirkte sie im Februar 2022 vor dem Amtsgericht Nürnberg ein Kontaktverbot nach dem Gewaltschutzgesetz. Das allerdings wurde vom Angeklagten beharrlich ignoriert, der ihr unablässig weitere Briefe und E-Mails schrieb und sie aufforderte, ihre Anzeige zurückzunehmen. Er behauptete: „Wir leben und denken gleich!“ Es folgten Einladungen zu Kinoabenden und einem gemeinsamen Flug, „damit ich dich umarmen kann“.
Angeklagter berichtet von Drohungen gegen ihn
Vor Gericht räumte er zwar sein Fehlverhalten ein, argumentierte aber auch, dass er es für legitim gehalten habe, dabei vor allem sein geschäftliches Gebaren zu wahren. Außerdem hätte er nicht gewusst, wie er auf ihre strikte Abweisung reagieren sollte. Gewissermaßen als Begründung für sein aufdringliches Verhalten erzählte er dem Amtsgericht unter Tränen, dass er bei einem Auslandaufenthalt in Lateinamerika selbst eine Entführung nahestehender Personen miterlebt habe. Seither würde er unter Panikattacken leiden. Darüber hinaus sei er wegen seines Insistierens gegenüber der Geschädigten ebenfalls anonym bedroht worden. Er habe sich nur zu verteidigen versucht, beschwichtigte dessen Verteidiger Jürgen Richter. An das zweite gerichtliche Kontaktverbot im Oktober 2022 habe er sich schließlich gehalten.
Anhand der von Richterin Selig verlesenen Vernehmungsakte der Geschädigten wurde klar, dass sie den dauerhaften Avancen des Angeklagten nicht gewachsen war. Sie beklagte ständige Angstzustände, litt unter Ess- und Schlafstörungen, habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und sich körperliche Verletzungen zugefügt. Sie wurde mit angekündigten Nachstellungen (“Ich sehe dich“) sowie den immer schärferen Androhungen bis zum Tode durch den Angeklagten behelligt, der dieses wiederum vor Gericht bestritt und mit seinem Anwalt anonyme Trittbrettfahrer aus dem Internet dafür ins Rennen brachte.
Nachstellung selbst bestätigt
„Vielleicht hat da noch jemand mitgemischt“, wollte der erste Staatsanwalt Markus Engel in seinem Plädoyer diese Möglichkeit nicht ganz ausschließen. Gleichwohl sei die schwere Nachstellung des Angeklagten von ihm selbst bestätigt worden. Engel wies darüber hinaus auf die psychischen und psychiatrischen Folgen für die arg in Mitleidenschaft gezogene Geschädigte. Rechtsanwalt Jürgen Richter meinte zum geforderten Strafmaß des Staatsanwalts von acht Monaten Freiheitsstrafe, dass sechs Monate für seinen Mandanten genügen würden.
Doch Richterin Kristina Selig orientierte sich an den für sie angemessenen Forderungen von Markus Engel. Wie auch vom Staatsanwalt gefordert, wird dem Verurteilten ein Bewährungshelfer beigestellt. Und er hat 1500 Euro für das Haus Nazareth in Sigmaringen zu berappen. Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem alle Prozessbeteiligten gleich nach der Verkündung diesem zugestimmt haben.