Nach zwei kargen Veranstaltungsjahren strömten die Besucher in Scharen zum Wildensteiner Jahrmarkt, der am Sonntagnachmittag beinahe überrannt worden ist. Die Menschen hatten Hunger nach Geselligkeit, nach Abwechslung und schönen Dingen, aber auch nach kulinarischen Köstlichkeiten. All das gab es auf diesem traditionsreichen Jahrmarkt, der schon vor der Coronazeit ein gern besuchtes Fest im Veranstaltungskalender der Region gewesen war.

Massenandrang beim Wildensteiner Jahrmarkt.
Massenandrang beim Wildensteiner Jahrmarkt. | Bild: Susanne Grimm

Im Windschatten der Burg Wildenstein hatten zahlreiche Händler, zum größten Teil Hersteller von Eigenprodukten, ihre Waren feilgeboten, wobei die Käufer in der Regel schöne Unikate mit nach Hause nehmen konnten. Beim Stand des örtlichen Distelhummelhofs war mitmachen beim Wolle filzen angesagt. Dazu konnten mit den beiden zutraulichen Bergschafböckchen Anton und Valentin Streichel- und Kuscheleinheiten ausgetauscht werden.

Handwerker zeigen Können

Töpfermeisterin Bernhild Klüppel aus Tuttlingen führt den Besuchern ihr faszinierendes Handwerk vor.
Töpfermeisterin Bernhild Klüppel aus Tuttlingen führt den Besuchern ihr faszinierendes Handwerk vor. | Bild: Susanne Grimm

Die Töpferin Bernhild Klüppel aus Tuttlingen gab mit der Vorführung der Tonbearbeitung auf der Töpferscheibe spannende Einblicke in ihr faszinierendes Handwerk. Sie und ihr Keramikstand gehörten ebenso zur Stammbesetzung der Jahrmarktteilnehmer wie Renate Haury aus Ostrach. Die alte Dame im attraktiven, selbstgeschneiderten Mittelalter-Outfit begeisterte besonders die weibliche Kundschaft mit unglaublicher Vielseitigkeit in verschiedenen Handarbeitstechniken. Speziell ihre handgenähten Taschen aus unterschiedlichen Stoffen und zeitgemäßem Design, dazu noch äußerst praktisch, lösten Bewunderung aus und öffneten manchen Geldbeutel.

Aus gleichem Holz was Vielseitigkeit anbelangt, präsentierte sich Schreiner- und Wagnermeister Adolf Riester, dessen bevorzugtes Material, wen wundert‘s, Holz ist. Schön gearbeitete Gebrauchsgegenstände waren bei ihm genauso zu haben wie Holzschwerter für Kinder, die er noch vor Ort mit den Namen der jungen Ritter und Ritterinnen versah. Für Freunde von Traktoren gab es eine Ausstellung von qualmenden und bullernden Schlachtrössern aller Altersklassen bis hin zu den Sauriern der Ackerbearbeitungsgeräte mit Baujahr anfangs des letzten Jahrhunderts. Mit dabei waren ganz seltene Exemplare aus Übersee wie ein „John Deere“ mit brachial wirkender Stahlbereifung, hohem Schornstein und überlangem Lenkgestänge.

Einen besonderen Blickfang bot die „Rathaus-Tanzgruppe“ aus Weingarten, die mit mittelalterlichen Reigentänzen die Besucher erfreute. „Kann sich die Stadt Weingarten eine eigene Rathaus-Tanzgruppe leisten?“ fragte ein Zuschauer belustigt. „Aber klar doch!“ lautete die selbstbewusste Antwort.

Viel Spaß hatten diese Kinder am Sonntag beim Drachenfest der Flugsportgemeinschaft Leibertingen.
Viel Spaß hatten diese Kinder am Sonntag beim Drachenfest der Flugsportgemeinschaft Leibertingen. | Bild: Günther Brender

Experten des Campus Galli vor Ort

Zuschauen konnte man auch bei zwei Holzhauern des Campus Galli, die die Bearbeitung eines Baumstamms zu einem Balken mit mittelalterlicher Technik demonstrierten. Die moderne Feinbearbeitung dieses Naturmaterials war am Stand des Storzinger Drechslers Harald Schell zu sehen. Seine Spezialität ist die Bearbeitung von Restholz alter Obstbäume, gerne auch angemodert, die sich unter seinen Händen zu feingearbeiteten einzigartigen Gegenständen verwandelt haben.

Große Nachfrage nach Speisen

Enormen Zulauf hatten die vielen Schlemmerbuden, vor denen allesamt riesige Menschenschlangen darauf warteten, Essbares zwischen die Zähne zu bekommen. Die örtlichen Vereine und Gaststätten hatten sich ordentlich ins Zeug gelegt. So gab es Pizzen und Dennetle, Baumkuchen und Waffeln, Schupfnudeln, Wildensteiner Bratwurst, Grillfackeln und eine besondere Spezialität namens „Dreckede“ luden zum Schlemmen ein. Letzteres sah zwar so aus, wie es hieß, bestand aber aus einem Gemisch aus Bratkartoffeln mit Zwiebeln, Speck sowie dem Augenschein nach Hackfleisch und entpuppte sich als ein echter Verkaufsschlager.

Vogt Bürgermeister Stephan Frickinger und sein Büttel, Revierförster Christoph Möhrle, kassieren den „Zehnten“ von den ...
Vogt Bürgermeister Stephan Frickinger und sein Büttel, Revierförster Christoph Möhrle, kassieren den „Zehnten“ von den Standbetreibern. | Bild: Susanne Grimm

Gegen Ende des überaus gut besuchten Marktes machten sich Marktmeister und Bürgermeister Stephan Frickinger in der Kleidung eines Kreuzritters mit seinem „Büttel“ Revierförster Christoph Möhrle auf, von den Marktbetreibern den „Zehnten“ zu kassieren. „Das deckt leider nicht die Kosten“, sagte Frickinger bedauernd in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER, doch die Freude über den Erfolg des Marktes überdeckten diesen Punkt.