Heute müssen Herbergseltern kein Paar mehr sein oder verheiratet: Antonia Glöckler und Joachim Glaeser sind „nur“ befreundet und kennen sich von ihrer gemeinsamen Arbeit in der Betreuung von Langzeitarbeitslosen im Meßkircher Mittelalterprojekt Campus Galli. Die beiden bilden seit Beginn des Jahres das neue Leitungsteam der Jugendherberge auf der Burg Wildenstein in Leibertingen. Als ihr Projekt auf dem Campus Galli nicht mehr weitergeführt werden konnte, entschlossen sie sich, sich für den damals vakanten Posten in der Jugendherberge zu bewerben. Eine Ausbildung zu Herbergseltern gibt es nicht. Von den Bewerberinnen und Bewerbern wird erwartet, dass sie die verschiedenen Tätigkeitsfelder in einer Jugendherberge durch Ausbildung und Berufserfahrung abdecken.
Zusammenarbeit auf Campus Galli
Antonia Glöckler ist in Leibertingens Ortsteil Kreenheinstetten aufgewachsen und lebt dort noch heute mit ihrer Familie. Sie hat lange Zeit in der Gastronomie und speziell in der Gästebetreuung gearbeitet. Die 48-Jährige bringt viel Erfahrung in der Organisation und im Umgang mit Menschen aus ihrem Beruf als Arbeitserzieherin mit. Nach dem Aus für das Projekt auf dem Campus Galli sei sie sehr froh gewesen, zu erfahren, dass „irgendwo immer wieder neue Türen aufgehen“, schildert Glöckler in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER. Joachim Glaeser ist gelernter Zimmermann und arbeitete unter anderem in der Kinder- und Jugendarbeit. „Ich weiß aus den Zeltlagern und Klassenfahrten, wie man große Gruppen organisiert und verpflegt“, sagt der 50-Jährige, der in Pfullendorf wohnt.
Beide haben sieben Jahre lang auf dem Campus Galli zusammengearbeitet und sind dort zu einem gut funktionierenden Team zusammengewachsen, wie sie selbst sagen. Mit dem Campus Galli wollen die beiden auch eine Kooperation eingehen, erzählen sie.
E-Bike-Ladestation geplant
Einige neue Ideen hatten Glöckler und Glaeser für ihre neue Wirkungsstätte überlegt. Die beiden hatten sich auch vorgestellt, selbst aktiv in der erlebnispädagogischen Betreuung der jungen Besucher der Burg Wildenstein arbeiten zu können. Inzwischen mussten sie aber feststellen, dass die Organisation des Herbergsalltags so viel ihrer Arbeitszeit in Anspruch nimmt, dass sie ihre Ideen erst mal zurückstellen müssen. Zumindest eine E-Bike-Ladestation und eine Fahrrad-Reparaturstation planen sie.
Glöckler und Glaeser sind froh, dass ihre beiden Vorgänger ihnen ein, wie sie sagen, „gut laufendes Konstrukt hinterlassen haben“. Die neuen Herbergseltern werden das erlebnispädagogische Programm von Beatrice Lier und Thomas Heinrich fortführen. Für Schulklassen bietet die Jugendherberge Leibertingen weiterhin Aktivitäten wie Bogenschießen, Filzen, Jonglieren, Kanufahren und das beliebte Abseilen von der Burgbrücke an. Dabei greifen Glöckler und Glaeser auf die gut eingespielte Zusammenarbeit mit externen Betreuern und Pädagogen zurück. Lier und Heinrich leiten inzwischen die Jugendherberge in Freiburg im Breisgau.
36 Zimmer und 151 Betten
Die Jugendherberge auf der Burg Wildenstein mit ihren 36 Gästezimmern und insgesamt 151 Betten gehört zu den wenigen Einrichtungen, in der ein zusätzlicher Bewirtungsbetrieb organisiert werden muss. Man habe inzwischen glücklicherweise einen Koch für die „Burgschenke“ gefunden, schildert Glöckler. Kein leichtes Unterfangen, denn viele in der Gastronomie beschäftigte Menschen haben sich seit der Pandemie beruflich umorientiert. Die beiden hätten auch nicht erwartet, dass die Getränke- und Snack-Automaten der Burg so oft nachgefüllt und die entsprechenden Bestellungen gemacht werden müssen.

Der Bereich Sicherheit, besonders der Brandschutz, nehme viel Zeit in Anspruch, so Joachim Glaeser. Deshalb sei eine der beiden Vollzeitstellen auch die des Hausmeisters. Die Jugendherberge Leibertingen beschäftigt 15 Mitarbeiter, zumeist in Teilzeit oder als Minijobber. Die Burg sei bis auf den Ostturm in einem guten Zustand, an diesem Turm nage der Zahn der Zeit. Mit dem Jugendherbergswerk sei die Renovierung des Turms bereits abgestimmt.
Wer in dieser Saison in der Leibertinger Jugendherberge urlauben möchte, der sollte sich mit der Buchung beeilen. „Für Schulklassen ist es schon ziemlich voll, Familien können noch einige kommen“, sagen die neuen Herbergseltern. Antonia Glöckler und Joachim Glaeser freuen sich auf ihre neue Aufgabe auf der Burg Wildenstein, obwohl sie wissen, dass ihnen eine stressige Hauptsaison bevorsteht.