Ein ganzes Wochenende lang feierte das Mittelalter fröhliche Urstände in und rund um die Burg Wildenstein, die die Kulisse für dieses Spektakel bot. Veranstalter dieses alle zwei Jahre stattfindenden Besuchermagneten waren die Verantwortlichen der Jugendherberge Burg Wildenstein sowie der Mittelalterverein „Die Hegauritter“. Der Verein war Initiator des Mittelalterfestes auf der Burg und versteht sich als Nachfolger der historischen Freien Reichsritterschaft Sankt Georgenschild.

Bestes Frühlingswetter lockte Heerscharen von Besuchern nach Leibertingen, das aufgrund des Festes fast gänzlich zugeparkt war. Der auf rund 800 Meter Höhe liegende Ort war schon zu allen Zeiten eng mit der Burg Wildenstein verbunden, die bereits seit rund 100 Jahren als Jugendherberge Abenteuerfeeling bietet. Alle zwei Jahre findet das Mittelalterfest mit Gauklern, Spielleuten und Geschichtenerzählern statt, um den Gästen aus der Region die Lebensweise der Menschen vor 500 oder 600 Jahren nahezubringen. Dazu gehörten auch Ritterschaften mit markanten Namen, die sich auf dem Turnierplatz im klingenden Schwertkampf maßen. Wie eh und je ließen sich die Zuschauermassen zu anfeuerndem Geschrei oder missbilligenden Buh-Rufen hinreißen, wenn die gerüsteten Krieger aufeinander losgingen.
Die Kinder wie auch die anderen Besucher faszinierte auch die mittelalterliche Falknerei von Karolina Lange-Gasteiger, die mit ihrer Gruppe ein attraktives Programm mit Falknerlager, Flugvorführungen und anderem mehr bot. Eine besondere Attraktion war der zwölf Jahre alte Uhu „Obelix“, der sich mit stoischer Eulenruhe und durchdringendem Blick aus seinen großen Bernsteinaugen vorführen ließ, Flüge absolvierte und mit der Falknerin, der Gründerin der Oberbayern-Falknerei, vor der Kamera schmuste. Zur Belohnung bekam er tote Eintagsküken zu fressen, was mancher jungen Zuschauerin ein wenig Unbehagen verursachte.
Zahlreiche Lager von Rittervereinigungen, Wegelagerern, Ständen von Handwerkern und Händlern, Zelte von Wahrsagerinnen und anderen Feilbietenden boten ein buntes Bild auf den Wiesen vor den Toren der Burg. Spielleute sorgten mit Klängen aus altertümlichen Instrumenten wie Sackpfeifen, Flöten und Trommeln für den Sound, der so typisch ist für ein mittelalterliches Spektakel. Eine andere Gruppe zog im Burghof mit Tambourin, Fiedel, Harfe, Flöte und keltisch-gälischem Gesang die Aufmerksamkeit auf sich.
Visuelle Glanzpunkte gab es zuhauf, so beispielsweise beim Umzug der Heerlager durch den Markt, dem „Bruchenball-Tournier“ der Lager vor der Burg, bei dem zwei Vierergruppen einen schweren Sack oder Ball in das gegnerische Feld bringen müssen, oder auch das Markttreiben im abendlichen Feuerschein, das für eine ganz besondere Atmosphäre sorgte. Mit dem Abfeuern der alten Kanonen gab es tüchtig was auf die Ohren, was die Besucher aber nicht davon abhielt, sich dieses Ereignis entgehen zu lassen. Die Kanonen wurden aus Sicherheitsgründen im Burggraben gezündet, sodass die Gäste sich das Schauspiel nur von oben ansehen konnten. Entsprechend dicht war das Gedränge auf der Zugbrücke und den Rängen der Vorburg. Immerhin, für die, die nicht durchkamen, zu überhören war das Spektakel keinesfalls.
Nicht wenige der Besucher – und natürlich die Teilnehmer – sind ausgesprochene Mittelalterfans, die mit der ganzen Familie angereist sind, so wie Familie Kemper aus Weingarten. „Wir genießen das besondere Flair und fühlen uns in dieser Gewandung ein bisschen wie aus der Zeit gefallen“, sagte beispielsweise Judith Kemper. „Wir finden es toll“, sagten auch ihre mit Holzschwertern und Ledertaschen bewehrten Töchter Vivian und Isabell. Eigens aus dem Bundesland Brandenburg angereist ist Gewandschneiderin Svantje Gustavs, die auf Bestellung authentische Gewandung anfertigt, auf Wunsch sogar handgenäht. „Das ist natürlich sehr aufwendig, aber es gibt Kunden, die wollen ihr Gewand nicht nur einer bestimmten Zeit entsprechend, sondern möglichst auch handgefertigt“, sagte sie und stichelte dabei an einem speziellen Beinkleid für einen Mann. Auch die historische Weberei von Antje van Bakel aus Balingen zeigte an ihrem Stand Stoff- und Wolleherstellung nach altem Vorbild. „Das ist das Schöne hier bei diesem Fest auf der Burg Wildenstein“, sagte Judith Kemper, „es ist hier weniger kommerziell als anderswo, dafür aber viel echter!“
