Die Beschränkungen durch die Corona-Krise hat dazu geführt, dass viele Menschen wieder die Natur entdecken wollen. Entsprechend groß ist derzeit der Andrang in den Ausflugszentren. Aber auch die touristisch weniger erschlossenen beziehungsweise bekannten Gebiete wie das Tal der Oberen Donau erleben derzeit einen Besucheransturm. Das macht dem Team des Naturschutzzentrums Obere Donau mit Sitz in Beuron große Sorgen. Markus Ellinger, Ranger am Naturschutzzentrum, berichtet in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER über die Zwickmühle, in der er und sein Team sich befinden.
Verantwortliche verstehen den Wunsch nach Erholung
Der Schutz der Natur mit seltenen Arten und empfindlicher Refugien im Donautal auf der einen Seite, der Wunsch der Menschen nach Erholung und Naturerleben in Zeiten von Einengungen auf der anderen Seite bietet Konfliktstoff, der den Hüten des Donautals viel Kopfzerbrechen bereitet. „Die Menschen wollen und sollen nach den Corona-Einschränkungen Zerstreuung in der Natur finden“, sagte Ellinger.
Sportliche Aktivitäten haben sich potenziert
„Unsere Aufgabe ist es zu erkennen, wo man es laufen lassen kann, weil nichts zerstört wird, wo der Schaden nach Corona wieder behoben werden kann und wo wir eingreifen müssen, weil der Schaden sonst nicht zu reparieren ist“. Zwar sei schon vor Corona der Trend zu mehr sportlicher Aktivität erkennbar gewesen, doch mit Corona habe sich der Trend potenziert.

Mehr Müll und Campingmobile im Wald
Der Ranger beschreibt die Auswirkungen: Trampelpfade in empfindlichen Biotopen, wie auf Felsköpfen und Trockenrasen, am Donauufer, auf Kiesbänken, in den Blumenwiesen. Mehr Müll in der Landschaft sei die weitere Folge der Besuchermassen. „Die bisher funktionierenden Besucherlenkungsmaßnahmen reichen nicht mehr aus, um Pflanzen und Tiere vor Störung und Tritt ausreichend zu schützen“, erklärt Ellinger und präzisiert zum Teil drastisch: Campingmobile verstecken sich in Waldwegen, auf Radweg und in Rückegassen, hinterlassen Müll und eine verkackte Landschaft“.
Gefahr von Waldbränden durch wilde Feuerstellen
Dazu kämen wilde Feuerstellen, die immer die Gefahr von Waldbränden, insbesondere in Trockenperioden, mit sich brächten. Auch Feuerstellen in waldbrandunempfindlichen Bereichen wie in Höhlen seien aus Naturschutzsicht sehr problematisch. Der Ranger sagt aber auch: „Die allerwenigstens Menschen machen absichtlich etwas falsch“. Das habe er in Gesprächen mit den Besuchern immer wieder erfahren.
Menschen machen sich keine Gedanken, Absicht ist es selten
Vieles passiere aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit. „Viele Menschen haben durch Corona erstmalig die heimische Natur vor der Haustüre entdeckt“. Dies sei auch eine Chance für den Naturschutz, ist sich Ellinger sicher. „Wir erreichen auf der Fläche draußen so viele Menschen wie noch nie!“ Denn wie sollen die Menschen erreicht werden, wenn die Ausstellung im Haus der Natur geschlossen, das Jahresprogramm ausgesetzt ist „und unser Fahrrad-Infomobil aus Sorge vor zu großen Menschenansammlungen in der Garage bleibt?“

Aktion soll auf Naturschutz aufmerksam machen
Deshalb habe sich das Team des Naturschutzzentrums Gedanken gemacht und neue Ansätze entwickelt. So sollen beispielsweise von Ende Mai bis Mitte Juli an rund 40 Blumen-/Heuwiesen im Donautal Hinweistafeln oder leere Bilderrahmen angebracht werden, die den Fokus auf die Blumenwiesen richten und dafür werben, diese nicht zu betreten. „Es entsteht ein ökologischer Schaden durch zertretene Wiesen und ein wirtschaftlicher, da der Landwirt die Wiese dann nicht mehr mähen kann“, erläuterte Ellinger.
Heuwiesen-Labyrinth soll ökologischer Schaden verdeutlichen
Um diese Information anschaulich zu transportieren, soll dies durch ein Heuwiesen-Labyrinth mit dem Hof Hafersack umgesetzt und auf einer Wiese in Dietfurt ergänzt werden. Hier könne eine Blumenwiese hautnah erlebt werden, garniert mit witzigen Informationen. „Zusammen mit den Naturschutzbehörden der Landkreise, den Regierungspräsidien und in Kooperation mit der Donaubergland GmbH wollen wir in den Pfingstferien (vermutlich am Pfingstmontag) an so vielen Orten und mit so vielen Helfern wie möglich, – vergleichbar einem polizeilichen „Blitzermarathon“- gleichzeitig den Besuchern Naturschutzinformation anbieten.

Naturparkranger wollen keine Bußgelder verhängen
Ziel seien Informationsgespräche, nicht das Verteilen von Bußgeldern, hob Ellinger hervor, setzt aber augenzwinkernd hinzu: „Wenn sich aber jemand mit Nachdruck um ein Bußgeld bewirbt, ist dies aber natürlich dennoch möglich“. Die Hoffnung des Naturschutzzentrums sei, den Schutz von seltenen Tieren und Pflanzen, zunächst in die Köpfe und dann in die Herzen der Besucher und Einheimischen einkehren zu lassen. Es gebe zwei Regel, die wirklich jeder umsetzen könne, sagte der Naturschützer: „Auf den Wegen bleiben und den Hund an der Leine führen!“ Den Menschen soll die Lenkung als Erlebnis angeboten werden „oder das Erlebnis als Lenkung – jedenfalls nicht als Gängelung“.