In Deutschland ist Wohnraum knapp. Der Hausbau hat sich enorm verteuert. Für Mieten müssen die Menschen immer mehr Anteile ihres Einkommens aufbringen.

Immobilienmaklerin mit 25-jähriger Erfahrung

Die Wohnungsnot ist ein Mega-Problem, und der SÜDKURIER hat bei Renate Hermann, Bankfachwirtin und Immobilienmaklerin beim Regionalzentrum Meßkirch der Volksbank Schwarzwald-Donau-Neckar gefragt, wie es in der Raumschaft Meßkirch aussieht. „Es fehlt vielleicht an Wohnungen mit einer gewissen Durchschnittsgröße und es fehlt an einzelnen Nischen, die bedient werden könnten“, erklärt die Expertin. Sie meint ein Generationenhaus, eine Seniorenanlage mit eigener „noch nicht betreuter“ Wohnung oder auch betreutes Wohnen. Auf die Frage, wie sich in Meßkirch die Preise für Neubauten entwickeln und Durchschnittsmieter bezahlen, erklärt Hermann, dass Neubauten in den vergangenen zwei bis drei Jahren enorm verteuert haben, entsprechend kalkulieren Investoren die Mieten. „Die Miete ist für Meßkirch und Umgebung am oberen Limit“, ist für die Immobilienmaklerin acht bis zehn Euro je Quadratmeter adäquat, immer abhängig vom Objekt und Ausstattung.

Modell Mehrgenerationen oder Ersatzoma

Vor allem im ländlichen Raum gibt es viele Häuser, in denen nach dem Auszug der Kinder und dem Tod des Ehepartners nur noch eine Person wohnt. Auf die SÜDKURIER-Frage, ob diese Situation mit Blick auf Wohnungsnot vieler Menschen nicht schlimm sei, gibt es von Renate Hermann eine klare Ansage: „Was heißt schlimm? Ich kann ein bestehendes Haus, eine bestehende Heimat nicht einfach zur Mietwohnung oder zum Mehrfamilienhaus machen.“ Dann müsste man das Modell Mehrgenerationen oder Ersatzoma nutzen, wobei diese tolle Idee nach ihrer Überzeugung in der Kleinstadt Meßkirch und Umgebung aktuell nicht denkbar ist, sondern in Studentenstädten wie Konstanz, Freiburg oder München funktioniere. Eine klare Meinung hat sie zur Idee, alleinlebende Hausbesitzer zum Verkauf ihrer Immobilie zu bewegen. Mit guten adäquaten Wohnmöglichkeiten, die vor Ort gegeben oder angeboten werden, könnten Eigentümer teilweise überzeugt werden, dass man im neuen Haus besser, auch sicherer wohnen könnte, in Gemeinschaft, vielleicht betreut oder teilweise betreut. Doch dann kommt von der Expertin das große Aber: „Dieses Gebäude muss erst mal da sein!“

Bezahlbare Mieten für Senioren sind entscheidend

Eine weitere Bedingung ist nach ihrer Überzeugung, dass die Mieten für Senioren bezahlbar sein müssen. Positiv bewertet sie die Idee, auf Einkaufsmärkten oder Parkhäuser zusätzliche Wohnetagen zu errichten. „Wir hätten in Meßkirch genügend Supermärkte, und warum nicht Wohnungen draufpacken?“ Die Idee sei aber vermutlich eher ein Traum, denn Statik und Bausubstanz dieser Gebäude seien höchstwahrscheinlich gar nicht geeignet, weitere Wohnetagen draufzupacken. Als Hindernis für den Immobilienmarkt in der Region sieht Renate Hermann die fehlende Infrastruktur, insbesondere öffentliche Verkehrsmittel. „Großartige Hindernisse sehe ich explizit auf unserem Markt, keine weiteren, denn wer bei uns Wohnraum beschafft, weiß, wo er wohnt und hinzieht.“

Weniger Neubauten und die Nachfrage für Mietwohnungen bleibt

Auf die Frage nach der künftigen Entwicklung erklärt Renate Hermann, dass es Wohngebiete geben wird, die sich verändern, auch weil Häuser an die Nachkommen oder an neue Eigentümer übergehen. Der Markt für Gebrauchtimmobilien werde sich halten und Leerstand sollte sinnvollerweise verkauft werden. „Der Wunsch nach Eigenheim und die Lust und Kraft zu renovieren ist noch immer da“, ergänzt sie, dass das Neubaugeschäft derzeit sehr ruhig verlaufe. Für den Immobilienmarkt wäre es gut, wenn Altbau, Leerstand, leere Innenstädte, Dorfmitten wieder belebt würden. Mit ihrer 25-jährigen Erfahrung als Immobilienmaklerin und Bankerin ist es ein gutes Zeichen, dass der Markt immer in Bewegung ist: „Die Bewegung passt sich der Wirtschaft an und so entstehen unsere erfolgreichen Geschäfte. Es wird nie langweilig“, resümiert die Voba-Expertin.

Zehn Euro je Quadratmeter bei Neubauten als Durchschnittsmiete

Madeleine Zorn ist bei der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch beziehungsweise der LBS in Meßkirch als Bezirksleiterin tätig und beackert gemeinsam mit Siegfried Wetter den Immobilienmarkt. Sie bestätigt, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen in Meßkirch recht groß, aber beileibe nicht so stark wie in Ballungsgebieten ist. Sie beziffert die Durchschnittsmiete auf zehn Euro je Quadratmeter in Neubauten, und in älteren Gebäuden sind es ab fünf Euro je Quadratmeter, auch weil bei bestehenden Mietverhältnissen es kaum Erhöhungen gebe. Dass Alleinlebende ihre zu großen Häuser ohne Wohnungen aufgeben sollen, um beispielsweise jungen Familien günstigen Wohnraum anzubieten, sieht Madeleine Zorn sehr skeptisch: „Solange die Einzelperson die Bewirtschaftung selbst erledigen kann, sollte sie weiter wohnen bleiben. Man sollte jede Person selbst entscheiden lassen.“ Und solange Neubauwohnungen teurer als ein 30 Jahre altes Eigenheim sind, sei es schwierig, jemanden zum Umziehen zu bewegen.

Hohe Kosten für Eigenheim

Die Möglichkeit, wie in Großstädten, wo auf Einkaufsmärkten oder Parkhäuser zusätzliche Wohnetagen errichtet werden, sieht Zorn nicht, da es solche Gebäude in Meßkirch gar nicht gibt. Eine Möglichkeit wäre die Überbauung großer Parkplätze. Das Erdgeschoss könnte als Parkdeck genutzt und darüber Wohnungen erstellt werden. Als größte Hindernisse bei Neubauten sieht die Immobilienexpertin die gestiegenen Zinsen und hohe Baukosten. Für die kommenden Jahre erwartet sie, dass der Geschossbau weniger wird, auch weil die Kosten im Einfamilienhaus-Bereich von 700.000 bis 900.000 Euro für viele nicht zu stemmen sei, außer die Bauwilligen erhalten zusätzliches Geld, beispielsweise aus Erbschaften oder Ähnlichem: „Daher ist und bleibt die Nachfrage nach bezahlbaren Gebrauchtimmobilien groß.“