Das Klösterle gedieh ab 1980 zu einem Zentrum mit Strahlkraft für die kirchliche Jugendarbeit in der Region. Die Möglichkeit eröffnete sich mit der Schließung des Altersheims „Marienhaus“, das sich in dem historischen Gebäude in der Kolpingstraße befand und das die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul leitete. Nach dem Wegzug der Schwestern stellte sich die Frage nach der weiteren Nutzung. Peter Stengele, der 1979 als Vikar nach Meßkirch gekommen war und dem die Jugendarbeit am Herzen lag, sah das Potenzial des Klösterles. Er hielt das Gebäude für geeignet, um darin Strukturen für die Jugendarbeit aufzubauen. Die Pfarrgemeinde erwarb es und 1981 begann die erste Jugendreferentin Renate Walk dort ihre Arbeit.

Peter Stengele und Renate Walk betrachten die Foto-Galerie im Klösterle, die von den vielen Aktivitäten in der Begegnungsstätte seit ...
Peter Stengele und Renate Walk betrachten die Foto-Galerie im Klösterle, die von den vielen Aktivitäten in der Begegnungsstätte seit Anfang der 80er Jahre zeugt. Dabei kann man wunderbar in Erinnerungen schwelgen. | Bild: Isabell Michelberger

Ordensleitung überzeugt

Sobald das Marienhaus im Klösterle seinen Betrieb eingestellt hatte, nahm Peter Stengele Verhandlungen mit der Ordensleitung auf. „Ich erklärte dem damaligen Superior der Schwestern, den ich gut kannte, dass das Haus ideal für den Aufbau der Dekanatsjugendarbeit wäre“, erzählt der Pfarrer im Ruhestand. Die Ordensleitung ließ sich überzeugen, sodass Stengele entgegen dem Willen des damaligen Dekans Knecht, der schon schwer erkrankt war, das Klösterle für die katholische Pfarrgemeinde erwerben konnte. Dies war der erste Schritt, welcher der Dekanatsjugendarbeit sowie der offenen Jugendarbeit in Meßkirch zur Blüte verhalf.

Renate Walk (damals Kreis) im Jahr 1984 an ihrem Arbeitsplatz im Klösterle.
Renate Walk (damals Kreis) im Jahr 1984 an ihrem Arbeitsplatz im Klösterle. | Bild: Klösterle-Archiv/Isabell Michelberger

Freude bei der Landjugend im Bezirk

Das Klösterle füllte sich daraufhin zügig mit Leben. Zuerst zog das Dekanatsbüro, das bis dahin im Herz-Jesu-Heim untergebracht war, mit Sekretärin Katharina Kempter in die Kolpingstraße um. Kurz danach gehörte ein Zivildienstleistender zum Team. Doch auch die Landjugend freute sich, endlich einen Ort zu haben, an dem sich die zahlreichen Gruppen im Bezirk begegnen konnten. Um die durchaus auch konfliktreiche offene Jugendarbeit in qualifizierte Hände zu geben, richtete das Dekanat eine hauptamtliche leitende Stelle ein. Diese Aufgabe übernahm Barbara Schwellinger.

„Es gab damals schon eine große und dominante Landjugendarbeit“, berichtet Stengele von der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB). „Der Bezirk Meßkirch hat sich bis nach Illmensee erstreckt und umfasste 21 Gruppen“, erinnert sich Renate Walk. Sie hätten Räumlichkeiten gesucht, wo sie ihre Aktivitäten bündeln konnten und von wo aus geplant werden konnte. Zur Stärkung der Bewegung trug bei, dass die Stelle des Regionallandjugendreferenten im Klösterle angesiedelt wurde, die noch heute besteht. Die ersten hauptamtlichen Referenten waren Hubert Müller, dann Waltraud Reichle, beide aus dem Bezirk Meßkirch.

Aufbruchstimmung bei den jungen Menschen

„Es hat in Meßkirch unter den Jugendlichen gebrodelt“, beschreibt Peter Stengele, der damalige Dekanatsjugendseelsorger, die Stimmung Anfang der 80er Jahre. Die Jugendlichen hätten Lust gehabt, sich zu begegnen, gemeinsame Aktivitäten zu planen und auch ihren Glauben nach außen zu tragen. Renate Walk erinnert sich ebenfalls an die Aufbruchstimmung, den Wunsch der jungen Menschen, Stärkung im religiösen Leben und neue Impulse zu erfahren. „Sie wollten das Kirchenleben nach außen sichtbar machen nach dem Motto: Wir machen etwas, das man sehen darf“, so formuliert es Stengele.

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Ein schönes Beispiel sei die Friedensaktion des KLJB-Bezirks im Zusammenhang mit dem 1983 begonnenen weltweiten „Konziliaren-Prozess: Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“. Dabei wurde ein sehr großes Friedenskreuz durch alle Dörfer des Bezirks getragen und sollte ursprünglich im Sasenagegarten errichtet werden. Da es den Jugendlichen von der Stadt nicht erlaubt worden sei, das Kreuz am gewünschten Platz aufzustellen, seien sie mit ihm weitergezogen, um einen anderen zu suchen. Erfolg hatten sie in Leibertingen, wo ihnen Bürgermeister Heinrich Güntner einen Platz anbot. Dort steht es noch heute.

Pionierarbeit geleistet

All diese Strukturen seien in den ersten fünf Jahren angelegt worden. „Und es war viel los“, erzählt Renate Walk, die gerne auf ihre vier bewegten Jahre im Klösterle zurückblickt. Noch jetzt lässt sich die Freude an der damaligen Pionierarbeit des gesamten Teams erspüren. Es gab Schulungen, Gruppenleiterschulungen, religiöse Freizeiten, Ministrantentage, Ausfahrten und Freizeiten. Es wurde viel gesungen und gefeiert. Neben der Jugendarbeit bot das Klösterle Raum für die Erwachsenenarbeit mit Treffen auf Dekanatsebene. Auch der Beginn des offenen Jugendtreffs fiel in diese Zeit. „Es war gut so, wie es lief“, resümiert Peter Stengele.

Die 80er Jahre waren auch die Zeit, Neues auszuprobieren, neue Formen des Gebets zu finden, zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Theater zu spielen. In der kleinen Kapelle des Klösterles trafen sich die Jugendlichen zum Gottesdienst. Als diese sich bald als zu klein herausstellte, wurde das Dachgeschoss ausgebaut. Es entstand ein schöner großer mit Balken durchzogener Raum, der sich ebenso für Meditationen und andere Gottesdienstformen eignete. Radtouren sowie Fahrten nach Taizé und Assisi standen ebenfalls auf dem Programm.

Noch immer Treffpunkt der Jugend

Noch immer ist das Klösterle Treffpunkt der Jugend und Begegnungsstätte. Corona hat zwar vieles ausgebremst, doch wie die Dekanatsjugendreferentin Johanna Füller berichtet, finden die Gruppenleiterkurse online statt. Sie seien das Herzstück der Jugendarbeit.

Erwin Schäfer erinnert sich positiv an die damaligen Zeiten.
Erwin Schäfer erinnert sich positiv an die damaligen Zeiten. | Bild: Michelberger, Isabell

„Ghörscht Du au zu dena Steine-Menschen?“

Erwin Schäfer war von 1988 bis 1990 als Leiter des offenen Jugendtreffs der katholischen Pfarrgemeinde St. Martin im Klösterle aktiv und von 1990 bis 1995 als Dekanantsjugendreferent. Er erlebte, dass die neuen Formen des Gottesdienstes und der Andacht Skepsis bei einigen in der christlichen Jugend erregten. Er erzählt, dass es damals bereits unterschiedliche Milieus in Meßkirch gegeben habe. „Neben der sehr traditionellen Pfarrjugend bei den Ministranten und der Kolpingfamilie gab es die christliche Jugend im Klösterle, die neue spirituelle Wege ausprobierte“, schildert er die Situation Ende der 80er.

„Ghörscht Du au zu dena Steine-Menschen?“, wurde Erwin Schäfer damals von einem Mitglied der Kolpingfamilie gefragt. „Ich wusste erst gar nicht, was er meinte“, erzählt er amüsiert. Der skeptisch Nachfragende musste wohl von einem Meditationsabend erfahren haben, an dem jeder einen Stein in die Hand bekommen hatte, um anhand des Befühlens bei einer geführten Meditation die Erfahrungen des täglichen Lebens assoziieren zu können. Solch ein Ritual war für diesen Jugendlichen der Kolpingfamilie ein „No go“. Erst als ihn später Klassenkameraden dazu überredet hatten, selbst teilzunehmen, sei er plötzlich Feuer und Flamme gewesen, erzählt Erwin Schäfer. Später habe er sogar als Zivildienstleistender im Klösterle gearbeitet.

So seien dann im Laufe der Zeit bei Veranstaltungen Jugendliche aus all diesen Ursprungscliquen bei Projekten des Klösterles wie Zirkus Guckloch, erlebnispädagogischen Freizeiten und beim Scheunenspektakel in Wackershofen zusammengekommen und hätten sich gegenseitig bereichert, schildert Schäfer. „Im Rückblick auf mein gesamtes Leben sind die Jahre im Klösterle nach wie vor die kreativste und spirituellste Zeit gewesen“, bekennt er. Seine Arbeit habe er mit dem Anspruch verbunden, sich sozial- und kirchenpolitisch einzubringen und wirksam zu fühlen. Er freut sich noch heute, dass einzelne Jugendliche des offenen Jugendtreffs die Grenze zur kirchlichen Jugendarbeit überwanden.