„Ich fahre mit einem guten Gefühl nach Hause“, sagte Roland Wehrle, Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN), am Samstag während eines Pressegesprächs im Zunfthaus der Katzenzunft von Meßkirch. Nach Ansicht von Wehrle konnte die Kritik, die im August die Zünfte aus Endingen am Kaiserstuhl, Wolfach, Bräunlingen, Schramberg und Schömberg in einem offenen Brief geäußert hatten, entkräftet werden. Es sei ein gemeinsamer Weg gefunden worden, so Wehrle.

Delegierte aus allen 68 Zünften anwesend

Die Delegierten aller 68 Zünfte der VSAN haben in Meßkirch während ihrer Herbsttagung einstimmig eine neue Struktur für die Arbeit innerhalb des Verbandes verabschiedet. Mit dieser solle erreicht werden, dass Aufgaben zielgerichteter angegangen werden können, wie Paul Martin, Schriftführer der VSAN, bei dem Pressegespräch erläuterte. Die Arbeitsgruppen sollen so besetzt sein, dass sich die direkt von einem Thema Betroffenen in diesen austauschen und Ergebnisse erzielen. Der Prozess sei bereits im Jahr 2022 angestoßen worden, so Martin – und damit vor dem offenen Brief. Künftig solle auch die Kommunikation innerhalb der VSAN verbessert werden, so Martin. Rund 550 Teilnehmer waren zu der VSAN-Versammlung gekommen.

Sie stehen an der Spitze der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN): (vorne, von links): Paul Martin, Otto Gäng, ...
Sie stehen an der Spitze der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN): (vorne, von links): Paul Martin, Otto Gäng, Roland Wehrle und Peter Schmidt, flankiert von Fasnetsforscher Professor Werner Mezger. Hinten steht Meßkirchs Zunftmeister Holger Schank. | Bild: Dieterle-Jöchle, Manfred

Die eine oder andere Frage sei berechtigt, so Wehrle, denn der VSAN sei ein pluraler Verband. Dass er sich weiter dafür einsetze, dass die Fasnet als immaterielles Kulturerbe in die Liste der Unesco aufgenommen werde, begründete er damit, dass im Falle der Anerkennung dann auch staatliche Leistungen gesichert für die Zünfte fließen würden.

Termin im Oktober im Innenministerium

Seit 2014 laufen die Bemühungen für eine solche Anerkennung. Der VSAN-Präsident verteidigte auch die von den fünf Zünften kritisierte Verleihung der Narrenschelle in diesem Jahr an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Dies sei keineswegs ein Akt der Anbiederung an die Politik gewesen. Vielmehr sei es wichtig, dass der VSAN solche Kontakte pflege. Dies sei auch im Sinne der in der VSAN versammelten Zünfte. Denn politische Entscheidungen würden die Rahmenbedingungen für die Fasnet vor Ort bestimmen, so Wehrle. Am 27. Oktober werde es im Stuttgarter Innenministerium ein weiteres Treffen des mit Innenminister Thomas Strobl vereinbarten runden Tisches geben, kündigte Wehrle an.

Ein Thema soll dabei beispielsweise sein, ob es für regelmäßig in den Kommunen stattfindende Fasnetsveranstaltungen nicht Genehmigungen geben könnte, die immer auf fünf Jahre ausgestellt werden. Obendrein sollen auch Haftungsfragen diskutiert werden. Schließlich gelte es, bürokratische Hindernisse abzubauen. Paul Martin sagte mit Blick auf den Termin in Stuttgart, dass die VSAN konkrete Ergebnisse erwarte.

Ab 2025 ohne Roland Wehrle und Peter Schmidt

Personelle Veränderungen gab und wird es in der VSAN geben: Präsident Roland Wehrle und sein Stellvertreter Peter Schmidt werden im Jahr 2025 nicht mehr für diese Ämter kandidieren. Zum anderen hat die Vereinigung Holger Marxer, den Säckelmeister der Singener Poppelezunft, als Geschäftsführer bestellt, wie aus Kreisen der Teilnehmer der Herbsttagung zu erfahren war. Marxer genießt in den Zünften der Vereinigung einen guten Ruf.

Nico Keller (links) war einer der Handballer des Turnvereins, die für die Herbsttagung der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer ...
Nico Keller (links) war einer der Handballer des Turnvereins, die für die Herbsttagung der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) vor der Meßkircher Stadthalle ein kleines Oktoberfest aufgebaut haben. | Bild: Dieterle-Jöchle, Manfred

Mit Blick auf die Kritik aus den eigenen Reihen und das anstehende Jubiläum sagte der VSAN-Präsident, er sehe der 100-Jahr-Feier in 2024 erhobenen Hauptes entgegen. Im Gegensatz zu Tagungen der VSAN in der Vergangenheit, war die Presse während der Herbsttagung in Meßkirch nicht erwünscht, sondern nur zum Pressegespräch im Zunfthaus willkommen.

Auftakt zum VSAN-Jubiläum in Villingen

Zum Auftakt der 100-Jahr-Feier wird am 7. Januar 2024 in Villingen an der Fassade des Stiftskellers eine Gedenktafel enthüllt werden. In diesem Gebäude wurde die VSAN gegründet. Auch die Villinger Narrozunft wird bei der Enthüllung vertreten sein, sie gehört heute nicht mehr der VSAN an.

Ebenso werden, so Wehrle, Vertreter der Zünfte aus Elzbach, Oberndorf und Rottweil teilnehmen, die 1924 zu den 13 Gründerzünften gehörten. Auch diese drei Zünfte gehören heute nicht mehr der VSAN an. Sie bilden mit der Überlinger Zunft heute den Viererbund. Im Villinger Münster wird es bereits am 5. Januar 2024 einen Gedenkgottesdienst mit Erzbischof Stephan Burger geben. Ein Festakt anlässlich des Jubiläums ist am 13. Januar 2024 im Narrenschof in Bad Dürrheim geplant.

13 Zünfte gründen 1924 VSAN

Die Vereinigung der Schwäbisch-Alemannischen Narrenzünfte (VSAN) wurde am 16. Januar 1924 gegründet. Auf Initiative von Benjamin Grüninger, so der heutige VSAN-Präsident Roland Wehrle, hatten sich 13 Zünfte damals zu einer ersten Versammlung in Villingen getroffen. Erster Präsident der Vereinigung war Albert Fischer. Heute gehören der VSAN 68 Zünfte an.