Der Planungsprozess für den Bau einer Umgehung der Bundesstraße 311, die wichtigste Ost-West-Verbindung im Landkreis Sigmaringen, hat begonnen. Am Ende des Prozesses soll im Jahr 2028 eine Variante für die Trasse vorliegen, die Verkehr bündelt, Anwohner entlastet und einen so geringen Eingriff wie möglich in die Natur zur Folge hat. Das Gesamtprojekt B 311/B 313 von Mengen bis Meßkirch mit einem Projektvolumen von 106 Millionen Euro wurde in den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplanes 2030 aufgenommen. Weil das Land aber viele Projekte zu stemmen hat, hat der Kreistag des Landkreises Sigmaringen beschlossen, die Planungsaufgabe selbst in die Hand zu nehmen. Finanziert wird die Planung über den Landkreis und die beteiligten Kommunen, die zehn Jahre lang jeweils 30 000 Euro bezahlen sollen.

Anwohner werden in Planungsprozess einbezogen

Im Verwaltungs- und Sozialausschuss in Sigmaringen wurde jetzt von Projektplaner Thomas Blum ein Statusbericht zum aktuellen Stand vorgelegt. Der überraschende Ausgang: Das Raumordnungsverfahren soll wiederholt werden, denn unter anderem soll die Öffentlichkeit fester Bestandteil in dem Planungsprozess sein. Außerdem haben sich viele Faktoren geändert. Die Bürger sollen gehört und mitgenommen werden, damit das Ergebnis auch besser akzeptiert wird. Das Moderationsbüro Team Ewen hat im Januar seine Arbeit aufgenommen und unter anderem die Sommertour 2021 von Landrätin Stefanie Bürkle organisiert. Sie besuchte während der Tour alle sieben Gemeinden entlang der Trasse zwischen Mengen und Meßkirch, um gemeinsam mit den jeweiligen Bürgermeistern die Fragen der Bürger aufzunehmen und über den Planungsprozess zu informieren.

Ab Freitag wird die Bundesstraße ab Leitishofen saniert. Es kommt zu großflächigen Umleitungen.
Ab Freitag wird die Bundesstraße ab Leitishofen saniert. Es kommt zu großflächigen Umleitungen. | Bild: Dieterle-Jöchle, Manfred

Corona beeinträchtigt Verkehrserhebung

Mit der Verkehrserhebung wurde Ende Februar begonnen. Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie konnten keine repräsentativen Daten zum Verkehrsgeschehen erhoben werden, denn durch Home-Office und Lockdowns sind weniger Menschen unterwegs. Die Datenerhebung wäre also unvollständig. Außerdem wurde zwischen April und November der Verkehr wegen der Sanierung der Donaubrücke in Sigmaringen umgeleitet.

Untersuchung beginnt im März

Die Verkehrserhebung soll von der Firma PTV Transport Consult aus Karlsruhe Ende März 2022 begonnen und bis Anfang April abgeschlossen werden. Das Untersuchungsgebiet geht über das Planungsgebiet hinaus und beinhaltet auch die Verflechtung zwischen den Strömen der B 311 und der B 32 im Westen und Osten sowie der B 463 und B 32 im Norden. Die Umweltverträglichkeitsstudie ist beauftragt, die Bearbeitung soll im neuen Jahr beginnen. Für das Fachgutachten Flora/Biotope wurden die Arbeiten bereits in diesem Herbst begonnen. Auf den rund 14 184 Hektar werden derzeit Erhebungen durchgeführt. Bis Ende Oktober wurden bereits 40 Prozent der Fläche kartiert und Biotope erfasst. Bis Ende März sollen die Daten digitalisiert und ausgewertet sein.

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Flora und Fauna werden erfasst

Für das Fachgutachten Fauna wurde im August mit der Erfassung der Rastvögel begonnen. In drei Durchgängen hat die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung aus Filderstadt begonnen, die Avifauna, Säugetiere, Amphibien und Käfer zu erfassen. Insgesamt zwölf Monate lang wird die Artenvielfalt des Planungsbereich untersucht. Im November 2021 folgte eine Kontrolle auf überwinternde Kornweihen (Greifvögel wie der Habicht) und Raubwürger (Turmfalken, Wanderfalken und Seeadler). Im März 2022 sollen dann die Brutvögel erfasst werden. Schon im Juni 2021 hat das Forstsachverständigenbüro Binder aus Lörrach begonnen, die forstlich relevanten Umweltdaten zu erheben und bis Ende März sollen die Waldbestände erhoben sein.

Ergebnis bis im Sommer

Hermann Brodmann (Grüne) erkundigte sich, wann mit sichtbaren Erkenntnissen zu rechnen sein. Landrätin Stefanie Bürkle sagte, dass die ersten Ergebnisse im Frühling oder Sommer vorliegen dürften. Noch nicht abgeschlossen ist die Objektplanung für die Verkehrsanlagen mit der geplanten Vermessung. Das Gebiet, das für die Straßenplanung aus der Luft dokumentiert wird, umfasst eine Fläche von 35 000 Hektar. Das entspricht einer Größe von rund 49 000 Fußballfeldern. Auch das Fachgutachten für den Verkehrslärm, die Luftschadstoffe und den Baugrund sind noch nicht vergeben. Dies soll bis März passieren.

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Wie geht es jetzt weiter?

Das sogenannte Linienbestimmungsverfahren wurde durch den Bund bereits durchgeführt. Bei diesem Verfahren wird der Verlauf (die Linie) von Straßen, Schienen oder Tunnel beim Neubau von Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen bestimmt, im Fall der B 311 also um die möglichen Trassenvarianten. Aufgrund der geänderten Schwerpunktentwicklungen, den neuen möglichen Trassenführungen oder der veränderten regionalplanerischen und kommunalen Zielsetzungen wird es wahrscheinlich, dass dieses Verfahren noch mal durchgeführt werden muss. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur kann dies anordnen. In diesem Raumordnungsverfahren wird auch die Umweltverträglichkeit geprüft werden, wobei wieder alle Trassenvarianten einbezogen werden. In einer Besprechung beim Regierungspräsidium Tübingen Ende Oktober wurde vereinbart, dass ein neues Raumordnungsverfahren auf jeden Fall durchgeführt werden soll, um sich formalrechtlich abzusichern. Daneben wollen Planer, Landrätin und Kreisräte im gesamten Planungsprozess die Öffentlichkeit mitnehmen, um so die Akzeptanz für die finale Entscheidung fördern.