Wenn Berthold Riester in die Luft geht, dann nicht aus Wut, sondern aus Spaß an der Freude. Maximal darf er mit seinem Segelflugzeug 3000 Meter in die Höhe steigen. Und was er da zu sehen bekommt, beeindruckt ihn jedes Mal aufs Neue: etwa der Schwarzwald von oben, die Schwäbische Alb, die Alpenkette. „Ganz traumhaft finde ich auch Zell am See“, schwärmt er. „Zuletzt bin ich an Allerheiligen geflogen, die Alpensicht war ein Erlebnis!“ Lautlos dahinzuschweben oder bei guter Thermik im Delfinstil gewissermaßen Luftsprünge zu machen, das fasziniert den 73-Jährigen. Mit dem Motorsegler war er auch schon an Nord- und Ostsee, doch seine eigentliche Liebe ist das Segelfliegen, für ihn die authentischste Art des Fliegens.
Von Anfang an dabei
Den Flugplatz in Leibertingen kennt er, als das Areal noch eine Wiese war. „Ich war zehn Jahre alt, als zwei Herren zu uns nach Hause kamen und meinem Vater, er war damals Bürgermeister, von ihren Plänen erzählten, ein Segelfluggelände zu errichten. Da habe ich die Ohren gespitzt.“ 1961 war der kleine Berthold Augenzeuge des erstes Starts. „Das Flugzeug wurde mit einer Winde in die Luft gezogen, so etwas hatte ich noch nie gesehen.“
Luftfahrschein mit 17
Als 14-Jähriger durfte er endlich das Segelfliegen lernen und verbrachte jedes Wochenende auf dem Segelfluggelände. Mit 17 machte er den Luftfahrerschein. „Als ich zum ersten Mal als Passagier mitgeflogen bin, wurde mir etwas schwummerig im Magen. Doch vorne sitzen und selber steuern, das war etwas ganz anderes.“
Vieles im Cockpit hat sich seither geändert, früher musste der Pilot den Fahrtmesser zum Anzeigen der Geschwindigkeit, den Höhenmesser und das Variometer im Blick haben. Letzteres zeigt an, ob man steigt oder sinkt. „Heute haben wir Navigations- und Kollisionswarngeräte, das meiste funktioniert elektronisch und computergesteuert. Doch die Aufwindfelder muss man immer noch selber suchen und dann die Thermik optimal nutzen.“
Ein Leben für die Fluggemeinschaft
Für die Fluggemeinschaft Leibertingen-Meßkirch engagiert sich Riester seit Jahrzehnten unermüdlich und mit großem Elan. Mitunter übernachtete er in seinem Wohnwagen auf dem Campingplatz der Fluggemeinschaft, falls der Arbeitseinsatz mal länger dauerte. Von 1969 bis 1975 war er Jugendleiter, von 1975 bis 1990 Geschäftsführer und von 1991 bis 2005 Vorsitzender. Seinen Schwerpunkt im Verein legte er auf den Aufbau der Verwaltung. 2019 macht er sogar eine Ausbildung beim Sportbund zum Vereinsmanager. „Das war ein dreiwöchiger Lehrgang, aber ich habe ja Zeit im Ruhestand“, sagt Ehrenmitglied Riester. Ohne ihn würde es das einwöchige Jugendvergleichsfliegen nicht geben, das 2024 zum 54. Mal stattfindet und Teilnehmer aus ganz Baden-Württemberg und Bayern nach Leibertingen lockt.
Kein Drachenfest ohne Riester
Viele Jahre organisierte Riester Flugtage, die sich als echte Publikumsmagneten erwiesen. Kein Wunder, bekamen die Besucher doch so interessante Luftfahrzeuge wie den Fieseler Storch, die Tante JU oder Transall zu sehen. Der letzte große Flugtag fand 2003 statt. Danach war Schluss, weil die Anforderungen an die Veranstalter immer höher wurden. Doch es dauerte nicht lange und ein Ersatz war gefunden: das Drachenfest. Der Initiator? Berthold Riester. „Wir haben uns anfangs nicht vorstellen können, dass es einmal so erfolgreich und beliebt sein würde. 2023 fand das Drachenfest zum 15. Mal statt und wir hatten Besucher ohne Ende!“