Wer aktuell in Meßkirch nach Wohnraum sucht, ob zur Miete oder als Eigentum, trifft auf eine angespannte Situation. In einschlägigen Immobilienportalen ist das Angebot an Mietwohnungen überschaubar. Es fehlen insbesondere bezahlbare Mietwohnungen. Auch für Häuslebauer hat sich die Situation verändert. Steigende Zinsen und immer noch hohe Baukosten lassen für viele den Traum vom Eigenheim in weite Ferne rücken. Wie wird sich der Immobilienmarkt der Stadt entwickeln? Wird Wohnen in Meßkirch bezahlbar bleiben, oder muss beim Bauen und Wohnen eventuell völlig umgedacht werden? Der SÜDKURIER hat Akteure, die mit dem Thema befasst sind, um ihre Einschätzung gebeten.
Bürgermeister Arne Zwick bestätigt Mangel an Wohnraum
Dass ein Mangel an Mietwohnungen in Meßkirch besteht, bestätigt Bürgermeister Arne Zwick: „Bis vor drei Jahren war der Wohnungsmarkt immer ganz okay. Inzwischen gibt es viel zu wenige Mietwohnungen, egal welcher Größe.“ Laut Zwick gibt es verschiedene Ursachen: Durch die Ansiedlung von Unternehmen im Industriepark nördlicher Bodensee sind zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Auch ansässige Unternehmen sind auf der Suche nach Mitarbeitern. Die Zahl der Einwohner wächst durch Zuzug, aber auch weil die Zahl der Geburten wieder ansteigt, so der Bürgermeister. Er beobachtet inzwischen bei einigen Unternehmen, dass sie Wohnungen für Mitarbeiter bereithalten oder teils Wohnraum schaffen, um attraktiv für potenzielle Mitarbeiter zu sein. Wohnungen sind zusätzlich knapp, weil die Gemeinden Flüchtlinge – besonders aus der Ukraine – unterbringen müssen. Dafür wird häufig auf Privatquartiere zurückgegriffen.

So teuer sind Mietwohnungen zurzeit in Meßkirch
Knapper Wohnraum lässt die Mieten steigen. Rechtsanwalt Gerhard Holdenried, der als Vorsitzender des Mietervereins Zollernalb und Umgebung auch Mieter aus dem Landkreis Sigmaringen berät, beschreibt ein aus seiner Sicht neues Phänomen: Geringverdiener könnten sich die Mieten zum Teil nicht mehr leisten. Er schätzt das Mietniveau im Landkreis auf inzwischen 6 bis 7 Euro pro Quadratmeter. „Das Mietzinsgefüge geht allgemein nach oben“, sagt Holdenried. Dazu kommen erhöhte Betriebskosten wegen der Energiekrise. Auch Objekte minderer Qualität fänden inzwischen Abnehmer, sagt der Anwalt. Markus Herz, Vorstand der Volksbank Meßkirch, teilt diese Einschätzung der Gesamtsituation: „Ich denke, die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnung ist weiterhin höher als das aktuelle Angebot. Die Preise für Mietwohnraum sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.“

Mehrere Mietwohnungen befinden sich im Bau
Immerhin mehrere aktuelle Bauprojekte könnten vielleicht den Wohnungsmarkt in Meßkirch in naher Zukunft entlasten. An der Mengener Straße entstehen rund 40 Mietwohnungen. An der Bergstraße wird ein Mehrfamilienhaus mit zehn, in der Schnerkinger Straße eines mit sechs Wohnungen gebaut. Drei viergeschossige Wohngebäude sollen laut Zwick auch im Gebiet „Engelswieser Weg II“ entstehen. „Da tut sich einiges, ist aber bei weitem nicht das, was wir brauchen würden“, sagt Zwick. Auch Markus Herz rechnet offenbar nicht mit einer gesicherten Entspannung des Meßkircher Wohnungsmarkts durch aktuelle Bauprojekte: „Wie sich die große Anzahl von Wohnungen, die gegenüber der Moschee an der Mengener Straße gebaut werden, auf den Markt auswirken, wird sich zeigen.“

Trendwende beim Hauskauf: Selber bauen ist unattraktiv
Wer Eigentum als Alternative anstrebt, der erlebt derzeit zumindest beim Haus- oder Wohnungskauf eine Trendwende: „Aus dem Verkäufermarkt ist ein Käufermarkt geworden“, beschreibt Regionaldirektor Martin Henkenius von der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch die Lage. Hingegen selber zu bauen, ist offenbar wegen der gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten unattraktiv. Bei der Stadt ist die Nachfrage nach Bauplätzen eingebrochen. „Wir entwickeln weiter Baugebiete. Das wird sich sicherlich auch irgendwann wieder stabilisieren“, sagt Zwick.
Weniger Bauanträge im Landratsamt Sigmaringen
Dass die Bautätigkeit nach dem Boom nachlässt, spürt man auch im Landratsamt: „Die Bauanträge mit Wohnraumbezug sind im laufenden Kalenderjahr im Vergleich zu den drei Vorjahren erheblich zurückgegangen“, heißt es. Dass die Bauzinsen, die aktuell bei knapp unter vier Prozent liegen, historisch gesehen noch als niedrig zu bezeichnen sind, darin sind sich die beiden Banker und der Bürgermeister einig.
Weniger Flächenverbrauch und neue Wohnformen
Zumindest könnte die Situation auch dazu führen, dass in Bezug auf das klassische freistehende Einfamilienhaus ein Umdenken geschieht und dass Wohnformen, die weniger Fläche verbrauchen, an Bedeutung gewinnen. Erste Anzeichen dafür meint Martin Henkenius zu erkennen. „In der Vergangenheit wurden bei uns in den Neubaugebieten fast nur Einfamilienhäuser gebaut. Seit einiger Zeit beobachten wir eine Zunahme des Geschosswohnungsbaus.“

Einfamilienhäuser sind beliebt
Markus Herz schätzt die Situation anders ein, ein Bauverbot für Einfamilienhäuser, wie in einigen Gemeinden schon umgesetzt, kann er sich für den ländlichen Raum nicht vorstellen. „Bei uns haben die Kommunen in den vergangenen Jahren viele Baugebiete ausgewiesen.“ Arne Zwick sieht das ähnlich: „Wir würden es ja begrüßen, aber bei uns will keiner ein Reihenhaus bauen.“ Zwick kann sich vorstellen, dass Wohnen in Zukunft flexibler wird, da etwa Menschen im Alter aus ihren zu groß gewordenen Häusern aus und in kleinere barrierefreie Wohnungen umziehen. „Da muss sich was in den Köpfen der Menschen bewegen, dass das Eigenheim nicht mehr als Ewigkeitsprojekt gesehen wird.“