Die Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheimen hat hohe Wellen geschlagen: Es war von Ungleichbehandlung, einem Bürokratiemonster und Furcht vor Berufswechseln die Rede. Und von vielen Bußgeldverfahren. Mit dem Jahreswechsel wurde die Impfpflicht wieder ausgesetzt. Wie viele Bußgeldverfahren wurden eingeleitet? Im Landkreis Sigmaringen wurden 561 ungeimpfte Mitarbeiter aus dem medizinischen Bereich ans Gesundheitsamt in Sigmaringen gemeldet.

Bußgeldverfahren laufen noch

„Die einrichtungsbezogene Impfpflicht nach Paragraf 20a Infektionsschutzgesetz betrifft nicht ausschließlich Pflegekräfte, sondern hat auch Mitarbeitende aus anderen medizinischen Bereichen betroffen. Insgesamt wurden dem Gesundheitsamt Sigmaringen von Einrichtungen im Sinne des Paragrafen 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) 561 Einzelpersonen gemeldet“, sagt Dr. Susanne Haag-Milz, Leiterin des Fachbereichs Gesundheit, auf Nachfrage dieser Zeitung. Im Landkreis Sigmaringen wurden insgesamt zwölf Bußgeldverfahren eingeleitet, die zum Teil noch nicht abgeschlossen sind. Man habe Bußgeldverfahren nur in jenen Fällen eingeleitet, wo betroffene Personen sich nicht an dem Verfahren beteiligt haben oder keinen Nachweis über eine entsprechende Corona-Schutzimpfung vorlegen konnten. Eingeleitet wurde ein Verfahren auch dann, wenn es berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Nachweises gab.

Fünf Pflegekräfte hat das Caritas-Zentrum in Meßkirch wegen der Impfpflicht verloren.
Fünf Pflegekräfte hat das Caritas-Zentrum in Meßkirch wegen der Impfpflicht verloren. | Bild: Günther Brender

28 Meldungen aus Meßkirch

Die Summe aller Bußgelder im Landkreis Sigmaringen belief sich auf 1650 Euro, sagt Haag-Milz. In Meßkirch seien insgesamt 28 Personen aus Einrichtungen gemeldet, die zum Stichtag nicht geimpft gewesen seien.

Wegfall erleichtert Personalsuche

„Der Wegfall der Impfpflicht zum Jahreswechsel hat für das Heilig Geist Spital eine große Bedeutung. Denn er verleiht uns mehr Flexibilität bei der Personalauswahl, bei Neueinstellungen, sowie bei Praktika und Hospitationen“, sagt Bastian Junkermann, Pressesprecher bei der Vinzenz von Paul GmbH, Betreiberin des Heilig-Geist-Spitals in Meßkirch. Es habe in dem Pflegeheim glücklicherweise keinen Personaleinbruch durch Freistellungen aufgrund der Impfpflicht gegeben. Die Personalsituation sei stabil und es gebe ausreichend Pflegefachkräfte. Für die Bewohnerinnen und Bewohner seien die Auswirkungen der Pandemie immer noch spürbar, auch wenn es bereits viele Lockerungen gab. So müssen Besucher noch bis zum 7. April eine FFP2-Maske tragen, wenn sie ihre Angehörigen besuchen wollen.

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Bürokratischer Aufwand fällt weg

Auch Evelin Lehmann, Heimleiterin im Caritas-Zentrum Sankt Martin, ist froh, dass die Corona-Pandemie weitgehend abgeklungen ist und die einrichtungsbezogene Impfpflicht ausgelaufen ist. „Ein erheblicher bürokratischer Aufwand ist entfallen“, freut sie sich. Sie haben sehr viel Zeit mit Schutzkonzepten, behördlichen Anordnungen und Hygienemaßnahmen verbracht. In diesem Zusammenhang lobt sie die Zusammenarbeit mit der Heimaufsicht und dem Gesundheitsamt sowie den Angehörigen. Sie freut sich, dass sie endlich das Lächeln der Bewohnerinnen und Bewohner wieder ohne Masken sieht. Aber es gibt auch Schattenseiten. „Wegen der Impfpflicht haben uns fünf zuverlässige Pflegekräfte verlassen, weil sie sich gegen die Impfung entschieden haben“, bedauert Lehmann. Sie seien in die Industrie abgewandert.

Evelin Lehmann ist Leiterin des Alten- und Pflegeheims St. Martin in Meßkirch.
Evelin Lehmann ist Leiterin des Alten- und Pflegeheims St. Martin in Meßkirch. | Bild: Manfred Dieterle-Jöchle

Pflegekräfte fehlen nach wie vor

Im vergangenen Jahr habe sie wegen der fehlenden Corona-Schutzimpfung auch Bewerber ablehnen müssen. „Wir sind ständig auf der Suche nach guten und zuverlässigen Kräften“, schilderte die Heimleiterin. Sehr glücklich sei sie aber, dass 2023 erstmals nach Jahren alle Ausbildungsplätze vergeben werden konnten. „Mir liegen sogar schon Bewerbungen für 2024 vor“, freut sie sich. Dennoch fehlen Pflegekräfte, weil einige Mitarbeiter in Rente gehen. Deshalb können aktuell sechs Pflegebetten nicht belegt werden.

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Normalität kehrt endlich zurück

Evelin Lehmann ist glücklich, dass das Leben wieder bunter ist. In den vergangenen drei Jahren habe man versucht, das Beste aus der Situation zu machen, aber eben unter den gebotenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen. „Not macht erfinderisch“, lacht sie. So wurden Beschäftigungsangebote einzeln angeboten, statt in der Gruppe. Inzwischen sei der Alltag zurückgekehrt und die vielen Aktivitäten seien gut besucht. Sehr haben sich alle im Haus über die Besuche von Chören und Gruppen vor Weihnachten und in der Fasnet aus Meßkirch, Sauldorf und Umgebung gefreut. Zurzeit plant das Caritas-Zentrum den offenen Mittagstisch in Meßkirch wieder zu reaktivieren, den es früher gegeben hat.