Wenn Sandra Hennig ihre Tochter verabschiedet, weil diese in die Schule geht, dann gibt es zwei Dinge, die sie zwingend tut: Sie passt auf, dass die Zweitklässlerin ihre Warnweste anlegt sowie mit blinkenden Reflektoren ausgestattet ist. Und sie läuft noch ein Stück mit auf dem Schulweg – nämlich genau so weit, bis ihre Tochter den Zebrastreifen an der Otterswanger Straße/Esso Tankstelle überquert hat. Mit diesem Prozedere steht sie nicht alleine da, auch weitere Nachbarn und Anwohner, deren Kinder diesen Weg in die Härleschule nehmen – und es ist der offizielle Schulweg dorthin -, schließen sich diesen Vorsichtsmaßnahmen an. Hintergrund ist, dass die Eltern nach eigenem Bekunden schon häufig miterleben mussten, wie gefährlich das Überqueren des Zebrastreifens ist. „Dieses Jahr hat noch nicht viele Tage und dennoch ist es bereits vermehrt zu ‚Beinahe-Unfällen‘ am Esso-Zebrastreifen gekommen, die nur mit viel Glück nicht passiert sind“, schildert Sandra Hennig dem SÜDKURIER.
Keine optimale Ausleuchtung

Zu oft schon hat sie erlebt, dass Autos mit hoher Geschwindigkeit in diesem Bereich fahren, in dem 50 Stundenkilometer erlaubt sind. Auch als die Kinder für diesen Bericht fotografiert werden, ist es erschreckend, wie wenige Fahrzeuge tatsächlich die Geschwindigkeit vor dem Zebrastreifen verringern und dass es auch immer wieder Fahrer gibt – auch von Lastwagen – die schnell noch weiterbrausen, obwohl die Schüler sich bereits auf dem Weg über die Straße machen. Auffällig ist die schlechte Ausleuchtung des Fußgängerüberwegs, die gelben Lichter über der Straße sorgen für wenig Helligkeit im Winter morgens um 7 Uhr. Weitere Zebrastreifen in der Stadt, etwa in der Franz-Xaver-Heilig-Straße, sind im Vergleich dazu deutlich besser ausgeleuchtet. Ungünstig ist auch, dass der Zebrastreifen an der Tankstelle in keinem guten Zustand ist, die Farbe ist abgebröckelt, einige Streifen sind nur noch schlecht zu erkennen.
„Autofahrer rasen an Kindern vorbei“
„Selbst wenn wir in der Gruppe mit Kindern und Erwachsenen auf der Mittel-Insel des Zebrastreifens stehen, rasen Autofahrer ungebremst an uns vorbei. Dies hätte schon sehr oft zu schlimmen Unfällen führen können“, hatten Sandra Hennig und Julia Hißleiter ihre Erfahrungen in einem Brief geschildert, den sie in Namen von allen Betroffenen bereits im vergangenen Herbst an die Stadtverwaltung in Pfullendorf geschrieben hatten, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Es sei den Eltern bewusst, heißt es im Schreiben, dass insbesondere Kinder manchmal leichtsinnig und nicht immer mit vollster Konzentration am Straßenverkehr teilnehmen, auch deshalb würden die Erwachsenen täglich das richtige Verhalten mit den kleinen Fußgängern einüben, und ihnen einschärfen, immer den Zebrastreifen zu benutzen, um die Straße an dieser Stelle zu überqueren. „Sicherheit vermittelt dieser Zebrastreifen jedoch keinesfalls“, bedauern die Verfasser des Briefes.
Eltern sind besorgt

Sandra Hennig betont, dass es in erster Linie nicht darum geht, von der Stadt Maßnahmen zu verlangen, sondern die Auto- und Lastwagenfahrer, welche die Strecke benutzen, darauf aufmerksam zu machen, mehr auf ihre Geschwindigkeit und die Fußgänger am Zebrastreifen zu achten. Sie wünscht sich ein Umdenken zugunsten der Sicherheit der Schulkinder und aller anderen Verkehrsteilnehmer, welche die Straße überqueren. „Wir möchten dieses Thema für die vielen Fußgänger in Angriff nehmen, die sicher zu Fuß in die Stadt, zum Einkaufen oder aber in den Seepark gelangen wollen“, schildern die Betroffenen die Situation.
Schreiben an die Stadt
Nachdem nun einige Zeit vergangen ist, seit das Schreiben bei der Stadt einging, und es sich nichts geändert hat, machen die betroffenen Eltern aber auch bei der Verwaltung noch einmal deutlich, dass dringend Handlungsbedarf besteht. „Wir schlagen die Alarmglocken erneut laut und deutlich“, sagt Sandra Hennig. Von den städtischen Schulen und auch in den Medien werde stets propagiert, dass die Kinder möglichst selbstständig zur Schule laufen sollen, anstatt von überbesorgten Helikopter-Eltern bis an die Pforten kutschiert zu werden. Dann erwarten die Eltern aber auch einen sicheren Schulweg – „und dieser Zebrastreifen ist die größte und gefährlichste Schwachstelle davon“, so die traurige Bilanz.
„Verbesserungen schnellstmöglich umsetzen“
Jede kleine Baustelle werde mit einem warnenden Blinklicht ausgestattet, deshalb regen die Betroffenen an, dass so etwas vielleicht eine kurzfristige Lösung für die dunkle und neblige Jahreszeit werden könnte. „Es ist uns ein Anliegen, dass Verwaltung und Gemeinderat diese heikle und sehr gefährliche Verkehrssituation schnellstmöglich thematisieren und Verbesserungen umsetzen“, hatten die Eltern im Brief an die Stadt Pfullendorf formuliert.
Rasende Autos und Lastwagen
Natürlich würden bei den Müttern und Vätern Emotionen mitschwingen, schließlich gehe es ja um die Sicherheit – im Grunde das Leben – der Kinder, aber auch um jeden weiteren Bürger, der diesen Zebrastreifen überquert, bekennt Sandra Hennig. Sie schildert das beängstigende Gefühl, wenn ein „Lkw-Brummer“ nur wenige Zentimenter vor ihrer Nase und den Zehenspitzen vorbeirauscht. „Das erleben unsere Kinder wöchentlich“, sagt sie. Es gebe eine Menge solcher Erfahrungsberichte, unabhängig der Uhrzeit, unabhängig des Alters. „Wir wollen nicht auf den Tag warten, an dem das Glück nicht auf der Seite der Fußgänger ist“, sagt Sandra Hennig nachdenklich.
Verwaltung wird sich kümmern
Bürgermeister Thomas Kugler kennt die Problematik und ist auch über den Brief der besorgten Eltern informiert. „Wir haben die Angelegenheit im Blick“, sagt er auf Nachfrage des SÜDKURIER. Ordnungsamtsleiter Manuel Oberdorfer werde sich um das Problem kümmern, sobald er von seinem derzeitigen Lehrgang wieder zurück ist, stellte Thomas Kugler in Aussicht. Da es sich um eine Landesstraße handelt, kann die Stadt Pfullendorf allerdings nicht einfach selbst Schilder aufstellen oder sonstige kurzfristige Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit ergreifen.