Unter den zahlreichen Ehrenbürgern der Stadt gibt es zwei mit der gleichen Leidenschaft für eine bestimmte Sportart: der ehemalige Stadtpfarrer Elmar Hettler und den gelernten Bäcker Josef Thum. Beide liebten das Kegeln. Und einer wurde dadurch sogar steinreich. Es handelt sich nicht um den Stadtpfarrer, sondern um den Mann, der am 24. Januar 1858 als Sohn des Konrad III. Thum in der Gebsengasse 2 zur Welt kam.

Josef Thum machte sein Glück in Amerika
Falls nun jemand meint, diese Gasse gäbe es in Pfullendorf gar nicht, so liegt er damit vollkommen richtig. Besser gesagt: weitgehend. Den Namen gibt es nicht mehr, die Straße aber sehr wohl. Sie heißt mittlerweile Heiligenberger Straße und das Geburtshaus von Josef Thum ist das Eckhaus, wo es hinab in die Metzgergasse geht. Kaum zu glauben, dass der „Kegler-König von New York“, wie er im fernen Amerika später genannt wurde, hier aufgewachsen ist. Hier lernte er auch von seinem Vater das Bäckerhandwerk.
Mit dem Schiff und viel Hoffnung nach New York
Offensichtlich gefiel ihm das nicht besonders. In Stuttgart machte er deshalb noch eine Lehre als Kaufmann. In der heutigen Landeshauptstadt kam er erstmals mit Keglern zusammen. Mittlerweile war das Spiel vom Norden Deutschlands auch im Süden angekommen. Thum war fasziniert von dem Spiel und wurde ein leidenschaftlicher Kegler. Das sollte ihm dann später zu Ruhm und Reichtum verhelfen. Natürlich nicht in Württemberg, sondern in den USA. Das gelobte Land Amerika sollte seine neue Heimat werden. 18 Jahre alt war er, als er am 9. Dezember 1876 in New York das Schiff verließ. Der mittellose Thum startete seine Karriere, wie viele Einwanderer, zunächst als Schuhputzer und Tellerwäscher. Von einem Leben als Millionär träumte der junge Mann bestimmt. Dass sein Traum aber wahr wurde, das verdankte er schließlich dem Kegelspiel.
Josef Thum arbeitete zunächst als Gehilfe in einem kleinen Restaurant. 1881 hatte der Inhaber, ebenfalls ein Deutscher, genug vom „gelobten Land“. Es zog ihn zurück in die Heimat. Dem jungen Thum überließ er das Restaurant vorerst kostenlos. „Wenn du später mal gut verdienst, kannst du mir was dafür bezahlen. Wenn nicht, ist´s auch gut“, soll er verkündet haben.
Erste Kegelbahn im Hinterhof seines „Restaurantes“
Der Pfullendorfer war nun als Restaurantbesitzer. Zum Zeitvertreib baute er sich im Hinterhof eine Kegelbahn und legte damit die Grundlage für seinen wirtschaftlichen Erfolg. Schon bald wurden Gasthaus und Kegelbahn zum Geheimtipp in ganz New York. Wobei das Kegeln nicht so ganz unbekannt war. Englische Einwanderer hatten das Kegelspiel aus ihrer Heimat mitgebracht.
Doch Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein Gesetz in New York erlassen, welches das Kegeln bei schwerer Strafe verbot. Die Stadtoberen hielt das Spiel für unmoralisch. Findige Leute spielten daraufhin mit zehn Kegeln, und man umging so das Gesetz. Um 1881 baute Thum am Broadway Ecke 31. Straße das berühmte „Sportheim des amerikanischen Kegelverbandes“, deren „Clairman“ und Ehrenpräsident er war. Von da an war er maßgeblich am Aufbau des Kegelsports in Amerika beteiligt.
„Uncle Joe“ aus Pfullendorf
Die Vereinigten Kegelclubs von New York riefen 1885, angeregt durch „Onkel Joe“, so wurde Thum genannt, den „American Bowling Congress“ ins Leben. Damit sollte eine einheitliche Organisation im ganzen Land erreicht werden. 1891 wurde die Germania- Kegelbahn in New York eröffnet. Von großer Bedeutung für den Kegelsport war ebenfalls das Jahr 1895. Josef Thum hatte großen Anteil an der Schaffung einer internationalen Bahn – der Parkett-Bahn. Sie wurde in ganz Amerika eingeführt. Damit konnten unter den kegelsporttreibenden Nationen auch internationale Meisterschaften ausgetragen werden. Der erste internationale Wettbewerb fand 1923 in Stockholm statt. Ab 1905 war Josef Thum Präsident und Ehrenpräsident der Vereinigten Kegelclubs New York.
„Kegler-König“ fährt Graf Zeppelin durch die Stadt
Als Graf Zeppelin unter dem Jubel der Bevölkerung mit seinem Luftschiff in New York landete, da war es der „Keglerkönig“, der die ganze Gesellschaft mit seiner Limousine durch die Straßen der Stadt zum Astoria-Hotel brachte. Um die Jahrhundertwende baute Thum am Broadway seinen stolzen Sportpalast. Vier Stockwerke hoch war das Gebäude, das 24 Bahnen beherbergte. Der Sportpalast war dann auch das Sportheim des „United Bowling Clubs“, des amerikanischen Keglerverbandes. Viele Jahre war der Badener dort Chairman und Ehrenpräsident. Am 5. Bundeskegelfest, das 1891 in Hannover stattfand, nahm „Uncle Joe“, wie ihn seine Sportkameraden nannten, mit 30 Keglern aus den USA teil. Sogar Fürst Bismarck empfing die Mannschaft.
Der Pfullendorfer hat seine Heimatstadt nie vergessen
1914 kam er mit seinen amerikanischen Freunden zum großen Keglertreffen nach Berlin, das er aber frühzeitig wegen Ausbruchs des ersten Weltkriegs verlassen musste. Während des Kriegs versorgte Josef Thum die Pfullendorfer Frontsoldaten mit den verschiedensten Gaben. In den Nachkriegsjahren der Inflation schickte er viel Geld in seine Heimatstadt und stiftete auch mehrere Glocken für die Jakobuskirche. In alten Zeitungausschnitten wird von einem „Dollarregen“ berichtet, den der erfolgreiche Pfullendorfer über Vereine und Organisationen seiner Heimatstadt niedergehen ließ. 1921 wird Josef Thum Ehrenbürger der Stadt Pfullendorf.
Präsident des amerikanischen und Weltverbandes des Kegelsports
Am 17. Juli 1922 wurde Joe Thum aus New York zum Bundes-Ehrenmitglied des deutschen Kegelbundes ernannt. Beim 18. Deutschen Bundeskegeln in Frankfurt a. M. 1933 war auch eine 15-köpfige amerikanische Mannschaft unter Führung des „Präsidenten des amerikanischen und Weltverbandes des Kegelsports“ Josef Thum anwesend. Die Vereinigten Deutschen Gesellschaften von Groß New York verliehen 1934 Josef Thum das Ehren-Diplom. Als er am 14. Januar 1937 starb, da widmeten die „New York Times“ und mehreren deutschsprachigen Zeitungen dem Mann aus dem Linzgau große Artikel.