Wer derzeit am Kramer-Gelände vorbei geht, sieht eine große Anzahl fertiger Fahrzeuge – sind die alle verkauft und warten auf die Abholung?

Genau, alles ist verkauft. Wir produzieren nur auf Bestellung. Unsere Bestseller, wie die kompakten Radlader, also kleinere Maschinen, bauen wir auf Lager, wenn wir Kapazitäten haben. Aktuell ist es so, dass unsere Auftragsbücher voll sind und im Prinzip unsere gesamte Jahreskapazität schon verbucht ist.

Das heißt, Corona, hat die stetige Aufwärtsentwicklung von Kramer nicht beeinträchtigt?

Ein klares Nein. Wir hatten 2022 gegenüber dem Vorjahr eine Umsatzsteigerung von fast 30 Prozent. Und für 2023 erwarten eine weitere Steigerung von 20 Prozent. Wir wollen unserer Kapazitäten weiter ausbauen und benötigen deshalb auch weitere Mitarbeiter.

Wie viele Beschäftigte hat Kramer am Standort Pfullendorf?

Christian Stryffeler ist seit 2019 Geschäftsführer bei Kramer.
Christian Stryffeler ist seit 2019 Geschäftsführer bei Kramer. | Bild: Firma Kramer

Aktuell beschäftigen wir 760 Mitarbeiter und planen eine Aufstockung auf 900 Beschäftigte in 2023. Wir benötigen Mitarbeiter in allen Bereichen – Montage, Logistik, Arbeitsvorbereitung, kaufmännische Abteilungen, Vertrieb, oder auch Entwicklung. In unserer Entwicklungsabteilung arbeiten 110 Leute an neuen, innovativen Produkten. Dabei spielen die Transformation von dieselgetriebenen Fahrzeugen zu Elektromobilität und die Digitalisierung eine zentrale Rolle. Softwarentwickler suchen wir zum Beispiel auch.

Mit dem Bau einer weiteren Produktionshalle wurde die Kapazität ja weiter erhöht – wie viele Radlader, etc. werden in Pfullendorf hergestellt? Was wäre die maximale Produktionsmenge?

Wir haben am Standort in den vergangenen Jahren rund 20 Millionen Euro in neue Hallen und Produktionsbänder investiert und wollen nochmals einige Millionen Euro investieren, beispielsweise in Photovoltaikanlagen und Versandplätze. Letztlich wollen wir jährlich 13 000 bis 14 000 Fahrzeugeinheiten produzieren. Dann sind wir an der Grenze des Ein-Schicht-Modells, das von unseren Mitarbeitern sehr geschätzt wird. Die Arbeitszeit ist so getaktet, die Beschäftigen üblicherweise am Freitag um 12.15 Uhr ins Wochenende gehen können. Wir haben auch unsere Ausbildungsquote stetig erhöht und wollen diese auch weiter steigern. Derzeit haben wir 35 Auszubildende, dazu Bachelor-Studenten, Masteranten, Praktikanten.

Sie suchen neue Beschäftige? Wie schwierig ist die Personalsuche?

Tatsächlich schwierig. Das mag daran liegen, dass wir als Ländliche Region für manche nicht interessant genug sind. Und wir konkurrieren mit Unternehmen am Bodensee um Fachkräfte. Dabei bieten wir eine tarifliche Bezahlung, kurze Wege, eine Betriebsrente und werden eher als familiengeführtes Unternehmen denn als börsennotiertes Unternehmen geführt. Das heißt, wir haben am Standort viele unternehmerische Freiheiten und genießen aber gleichzeitig die Vorteile durch die Zugehörigkeit zur Wacker Neuson Gruppe.

Aktuell explodieren die Energiekosten und Materiallieferketten sind unterbrochen. Wie stark ist Kramer davon betroffen?

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Wir selbst benötigen nicht so viel Energie, aber für unsere Zulieferer, die Stahl oder Kunststoff herstellen, müssen mit enormen Preissteigerungen kämpfen. Dazu kommen Materialengpässe aufgrund unterbrochener Lieferketten. Für uns bedeutet das, dass wir im Geschäftsjahr 2021 die Preise erhöhen mussten. Früher hatten wir Lieferzeiten von sechs bis sieben Wochen. Aufgrund der hohen Auftragseingänge sprechen wir jetzt von einer Lieferzeit von bis zu zehn Monaten.

Erwarten Sie Auswirkungen auf geplante Umsatzziele?

Eine größere Herausforderung als der Umsatz ist die Steigerung der Profitabilität, aufgrund der eben erwähnten Kostensteigerungen. Wir investieren in Pfullendorf und sind absolut überzeugt, dass wir hier profitabel Fahrzeuge herstellen können, sofern sich die Rahmenbedingungen nicht unnötig verschlechtern.

Worauf gründet Ihre Zuversicht, dass das Wachstum weitergeht?

Wir haben uns vor sieben Jahren entschieden, uns in den Sektoren Bauwirtschaft und Landwirtschaft aufzustellen. Und der Erfolg gibt uns Recht. Der Bauboom war auch während Corona ungebrochen und in der Landwirtschaft gibt es ein großes Potenzial für unsere Fahrzeuge.

Aber die Bauwirtschaft schwächt sich ab?

Das stimmt. Inflation, steigende Zinsen und Materialpreiserhöhungen werden Einfluss auf den Wohnungsbau haben. Aber sollte es einen Konjunktureinbruch geben, wird der Staat klassischerweise Infrastrukturprojekte initiieren, um die Bauwirtschaft anzukurbeln. Ohnehin muss Deutschland in seine Infrastruktur investieren, auch die Bahn muss ausgebaut werden. Und in der Landwirtschaft sehe ich großes Potenzial, um die Produktivität zu steigern. Die PS-Zahl je Quadratmeter Ackerboden hat sich stetig erhöht.

Wie sehen Sie die Zukunft des Standortes Pfullendorf?

Optimistisch. Wir werden weiter wachsen und in drei Jahren, wenn Kramer sein 100-jähriges Bestehen begeht, mit vielen tausend Menschen feiern. Darunter vielen Mitarbeitern, die hier einen sicheren Arbeitsplatz haben.

Fragen: Siegfried Volk