Anton Spohn weiß selbst nicht mehr genau, wie viele Fußballspiele er schon geleitet hat: Es müssen aber in den vergangenen 40 Jahren knapp 2000 Spiele gewesen sein. Ans Aufhören denkt der 69-Jährige aus Denkingen noch nicht.
Spohn war aktiver Fußballer beim SV Denkingen und sogar Mannschaftskapitän. Im Alter von 30 Jahren fasste er 1985 den Entschluss, die Schiedsrichterprüfung abzulegen. Als Spieler habe er sich oft genug über die Leistungen der Schiedsrichter aufgeregt. „Dann dachte ich mir, mache es doch besser.“ Das war der Beginn einer einzigartigen Laufbahn als Schiedsrichter im Bezirk Bodensee.
Ein Jahr Regionalliga
Spohn pfiff seine ersten Spiele in der Kreisliga, wechselte aber schnell in höhere Spielklassen. Als in der Saison 1994/1995 die Fußball-Regionalliga eingeführt wurde, war Spohn gemeinsam mit Heinz Rössler Assistent von Schiedsrichter Wolfgang Ratzek. „Das waren schon besondere Erlebnisse“, sagt Spohn. Acht Einsätze hatte er als Linienrichter in dieser ersten Regionalligasaison. Er war unter auf dem Bieberer Berg in Offenbach, war in Unterhaching, traf auf Gerd Müller, der damals Trainer des FC Bayern München II war und war am Böllenfalltor in Darmstadt. „Für die Gespanne war das große Medieninteresse neu, auch wenn es damals nur zwei oder drei Kameras waren.“
„Übernachtet wurde nicht. Wir sind nach den Spielen sofort nach Hause gefahren.“Anton Spohn, Schiedsrichter
Der Aufwand in der Regionalliga sei immens gewesen. „Übernachtet wurde nicht. Wir sind nach den Spielen sofort noch nach Hause gefahren“, so Spohn. Aber den Aufwand habe er gerne betrieben, obwohl im keinem Verhältnis zum finanziellen Ausgleich stand, den er betrieben hatte. Umgerechnet 300 Euro erhielt damals der Schiedsrichter, 150 Euro gab es pro Assistent. Es sei dennoch für ihn die schönste Zeit gewesen.
Platz für den Nachwuchs
Anton Spohn blieb auch danach, mittlerweile Mitte 40, dem Fußball als Schiedsrichter treu, pfiff wieder ein paar Klassen tiefer, auch um dem Nachwuchs, den jungen Schiedsrichtern nicht im Weg zu stehen und ihnen eine Karriere zu ermöglichen. „Aber ein paar alte Schiris mit Erfahrung braucht man eben doch noch“, so Spohn. Heutzutage würden die jungen Schiedsrichter schon mit 14 Jahren Spiele leiten. Allein die Anreise ist schon schwierig, weil die Jugendlichen einen Fahrdienst brauchen. Wenn dann das Spiel vor den Augen der Eltern aus dem Ruder laufe, könne es schon sein, dass die Eltern ihrem Kind davon abraten würden, Schiedsrichter zu werden.

Etwa 40 bis 50 Spiele leitet Anton Spohn jede Saison. Rote Karten habe er gar nicht so viel zeigen müssen. „Ich sehe mich eher als Schlichter, der mit den Spielern redet“, ergänzt Spohn. Ein einziges Mal half auch das Reden nichts mehr. Als Spohn in der ersten Halbzeit eines Amateurspiels von einem Spieler mit beiden Händen weggestoßen wurde, brach er das Spiel ab. „Das geht zu weit, wenn Schiedsrichter körperlich angegangen werden.“ Im Gegensatz zu früher sei der Respekt gegenüber den Schiedsrichtern verloren gegangen.
Mit Polizeischutz in die Kabine
Und noch ein negatives Erlebnis ist ihm in Erinnerung geblieben. Nach einem Spiel in Wangen musste das Gespann mit Polizeischutz in die Kabine geführt werden, weil die Zuschauer auf die Barrikaden gegangen waren. Spohn heute ganz selbstkritisch: „Alle drei hatten einen schlechten Tag und eine klare Tätlichkeit übersehen.“
Für Anton Spohn waren diese beiden Erlebnisse aber kein Grund, die Pfeife abzugeben, weil er aus Leidenschaft immer noch gerne pfeift – in der Kreisliga und im Jugendbereich, mindestens zwei Spiele am Wochenende, manchmal auch mehr. „Ich schaue mir vorher jedes Mal die Tabelle an, wer gegen wen spielt“, ergänzt Spohn, der vor jeder Saison einen Leistungstest absolviert – Kurzstrecken und eine Langstrecke, 1800 Meter unter elf Minuten. Das schaffe er, weil er oft zum Jogge gehe, um sich fit zu halten.
Er hat noch Spaß an seinem Hobby
Wie viele Spiele er noch leiten wird, lässt Spohn offen. So lange es ihm gesundheitlich gut gehe, will er weiter auf dem Fußballplatz stehen und die Spiele ohne Videobeweis wie im Profifußball leiten. Wenn in der Bundesliga wieder strittige Schiedsrichterdiskussionen geführt würden, „bekommen wir das an der Basis ab“, sagt Spohn, der schon mehrere Regeländerungen wie den verbotenen Rückpass zum Torwart mitgemacht habe. Das macht ihm aber nach etwa 2000 Spielen nichts aus. „Ich habe noch Spaß an meinem Hobby.“