Mehr als einmal hat Landwirt Josef Joos aus Reute in den vergangenen Wochen einen Schreckmoment erlebt, den ihm der Biber beschert hat. Entlang der Aach hat der Milchviehhalter einige Wiesen und jüngst kontrollierte er die Fläche. Plötzlich versank er im Erdreich, bis zur Brust steckte er fest. Der Boden war vom Biber unterhöhlt worden und hatte nachgegeben. „Es hat schon Mühe gekostet, aus dem Loch wieder rauszugekommen“, fragt Joos, was wohl gewesen wäre, wenn er sich beim Sturz verletzt hätte.

Hohe Kosten für Landwirte

In diesem Jahr sorgt der Biber bei dem Landwirt nicht nur für gefährliche Situationen, sondern auch für hohe Kosten. Nicht nur die Reparatur seines Traktors, der beim Mähen unvermittelt eingesunken war, weil er für das vom Biber unterhöhlte Erdreich zu schwer war. Durch die Überschwemmung der Wiesen erntet der Bauer auch weniger, und muss womöglich Futter für seine Milchkühe zukaufen. Die Biberpopulation hat sich in den vergangenen Jahren schier explosionsartig erhöht, dennoch wird am Schutzstatus des Nagers festgehalten, zum Ärger vieler Landwirte. Sie weisen auf die enormen Schäden hin, die der Biber mit seinen Damm- und Wühlarbeiten verursacht.

Im gesamten Stadtgebiet von Pfullendorf ist der Biber zuhause

Der städtische Umweltbeauftragter Andreas Fink kennt das Konfliktpotenzial, auch weil keine Art sich ihren Lebensraum so umfassend gestaltet wie Mensch und Biber. „Die genaue Anzahl an Individuen kennt keiner genau.

Im Wald zwischen Aach-Linz und Ebratsweiler sind Buchen angenagt.
Im Wald zwischen Aach-Linz und Ebratsweiler sind Buchen angenagt. | Bild: Volk, Siegfried

Mittlerweile ist der Biber in allen Gewässern auf dem Stadtgebiet angekommen mit unterschiedlichen Schwerpunkten.“ Dabei verursachen die Nager auch für die Kommune Kosten, vornehmlich weil Mitarbeiter der Technischen Betriebe Dämme entfernen, was nur in Abstimmung mit dem Landratsamt und der Biberbeauftragten gestattet ist, erklärt Benjamin Gauß vom Tiefbauamt.

Gänge können bis zu 50 Meter lang sein

Nach seinen Angaben fand zuletzt auch eine Begehung in Aach-Linz statt, wo der Nager rechts und links der Aach die Uferböschung unterhöhlt. Die Gänge können bis zu 50 Meter lang sein und haben teilweise einen Durchmesser von 30 bis 50 Zentimeter. Diese Gänge sind fast nicht zu erkennen, außer wenn sie einbrechen. Deutlich sichtbare Spuren vom Biber findet man der Aach folgend im Wald zwischen Aach-Linz und Ebratsweiler. Dort sind nicht nur große Dämme zu entdecken, sondern auch angeknabberte mächtige Buchen. Kreisrund ist die Rinde abgeschält, soweit die Zähne des Bibers eben gereicht haben. Solche Damm- und Fraßspuren gibt es im ausgewiesenen Naturschutzgebiet „Taubenried“ zuhauf.

Bäume sterben ab

Dazu setzt der Biber mit seinen Bauten nicht nur die angrenzenden Wiesen, sondern auch Waldflächen unter Wasser, was unweigerlich den Tod der Bäume bedeutet. Im Naturschutzgebiet muss der Biber keine Gegenmaßnahmen befürchten. „Im Taubenried wird vonseiten unseres Forstamtes nichts gegen den Biber unternommen. Das ist Naturschutzgebiet, dort soll er wohnen“, erklärt dazu Hauptamtsleiter Simon Klaiber. Die vom Gesetzgeber eingeschränkte Handlungsoption für die Kommune sorgt bei Landwirte für Unverständnis, ja Wut.

Hier hat der Biber einen kleinen Damm gebaut.
Hier hat der Biber einen kleinen Damm gebaut. | Bild: Volk, Siegfried

Weil der Biber mit seinen Dämmen die Wiesen überflutet, ist der Boden so durchnässt, dass die Bauern mit ihren Maschinen dort nicht reinfahren können. Die Folge: Der erste Grasschnitt war erst vor einigen Tagen möglich. Statt Heu ernten die Landwirte nun Material, das sie höchstens als Einstreu gebrauchen können.

Landratsamt schätzt Biberpopulation auf 800 bis 1000 Tiere im Landkreis

Vor einigen Tagen besichtigten FDP-Landtagsabgeordnete im Ostracher Teilort Magenbuch Schäden, die der Biber in einem Wald verursacht. Durch die Dammbauten wird das Gelände überschwemmt, sodass Bäume unter Wasser gesetzt werden und absterben. Bei diesem Termin war von etwa 800 Nagern die Rede, die im Landkreis Sigmaringen mittlerweile beheimatet sind. Diese Zahl deckt sich mit den Schätzungen des Landratsamtes, das das Biberaufkommen auf 800 bis 1000 schätzt, wobei man die Bestände bislang nicht konkret erfasst, wie Pressesprecher Sebastian Korinth auf Anfrage des SÜDKURIER erklärt. Unklar ist auch, wie viele registrierte Biberburgen es im Landkreis gibt, die bislang nicht von der Behörde erfasst werden.