Zum ersten Mal zogen die Nikoläuse von Ajax Rast im Dezember 1986 los. Wie es dazu kam, erzählt Alfred Weiß, selber jahrzehntelang als Nikolaus unterwegs und seit jeher Vorsitzender des Vereins: „Mein Bruder hat Kinder und ich dachte, das kann nicht sein, als ich hörte, dass der Nikolausbesuch aus einem Nachbardorf bestellt werden musste. In der Küche von unserem Gründungsmitglied Erwin Stadler haben wir dann Nägel mit Köpfen gemacht und beschlossen, in Rast eine eigene Nikolaus-Gruppe ins Leben zu rufen.“ In starken Jahren steuerten die Raster Nikoläuse in drei Gruppen fast 40 Häuser an. „Grundsätzlich am Abend des 5. Dezembers“, fügt Weiß hinzu. Nur während Corona musste der Nikolaus zwangsweise eine Pause einlegen.

Ganz am Anfang sei die Kleidung noch etwas provisorisch gewesen, doch schon bald waren die Raster Nikoläuse prächtig ausgestattet. „Ich habe mit Pfarrer Stengele das Gespräch gesucht und wir haben zwei ausgemusterte, original Rauchmäntel bekommen, einen goldenen und einen grünen. Später kam vom Pfarrer Dias-Mertola noch ein grüner Rauchmantel dazu.“ Ein weißes, knöchellanges Unterkleid unter dem Mantel, weiße Handschuhe, Mitra, weiße Perücke, Bart, Bischofsstab, goldenes Buch und Glocke – im Gegensatz zu Knecht Ruprecht braucht es eine Weile, bis der Nikolaus ausgehfertig ist. „Um 16¦Uhr treffen wir uns zum Anziehen, um 17¦Uhr ziehen wir los“, berichtet Robert Binder. Außer ihm schlüpfen dieses Jahr Ottmar Schorer und Achim Lieb in die Bischofsrolle. Schorer ist ein sehr erfahrener Nikolaus, für Lieb ist es der erste Auftritt. Als Knecht Ruprecht gehen Roland Halter, Jonathan Binder und Jonas Weidele mit. Die Organisation übernimmt Alfred Weiß. Je nach dem, wie weit die Häuser auseinander liegen, ist auch ein Chauffeur dabei.
„Die Kinder schauen ganz genau hin. Alltagsschuhe statt alte Feuerwehrstiefel an den Füßen, so etwas geht gar nicht.“ Auch ein gewisses schauspielerisches Talent sei gefragt. Und eine gute Portion Einfühlungsvermögen. „Manche Kinder muss man aus der Reserve locken, andere stellen sich ganz frech vor den Nikolaus und wieder andere verstecken sich unterm Tisch“, schildert Weiß. „Für die meisten ist der Nikolaus eine Respektsperson.“ Wie reagieren die Männer, wenn ein Kind besonders ängstlich auf den Besuch reagiert? „Dann lassen wir das Kind zunächst in Ruhe und unterhalten uns mit den Eltern und Geschwistern. Oder wir fragen, ob das Kind mal den Bischofsstab halten würde, während der Nikolaus im Buch blättert.“
Eltern aus der Gemeinde Sauldorf können die Nikolausbesuche buchen. „Wenn wir ankommen, stecken uns die Eltern einen Zettel zu, auf dem hoffentlich groß und leserlich notiert ist, was wir tadeln und loben sollen. Und sie geben uns die Geschenke für den Gabensack“, so Schorer. „Es ist immer gut, wenn nicht zu viel Schlechtes auf dem Zettel steht, sondern auch Positives. Wir sind nicht zum Bestrafen da. Uns geht es darum, den Brauch aufrecht zu erhalten.“ Die Zettel werden ins goldene Buch gelegt. „Wenn es draußen kalt ist, läuft im Haus erst mal die Lesebrille an“, schmunzelt Schorer. Dann muss erst einmal improvisiert werden.
Zu den üblichen Kritikpunkten der Eltern gehören nachlässiges Zähneputzen, Unordnung im Kinderzimmer, Streit mit Geschwistern oder keine Lust auf Hausaufgaben. Gelobt wird Hilfe im Haushalt, gute Noten in der Schule oder dass der Filius schon aufs Töpfchen geht. Ein großes Thema sind Schnuller. „Die Eltern wollen, dass ihre Kinder uns den Schnulli mitgeben. Einmal kam ein Nikolaus mit einer ganzen Tüte davon zurück.“
Auffällig sei, so die Beobachtung von Robert Binder, dass die Nikolaus-Geschenke tendenziell mehr und größer werden. Der Knecht Ruprecht habe mitunter schwer am Gabensack zu tragen. „Dabei kommt doch noch Weihnachten. Bei manchen ist das extrem. Ich frage mich, wie das an Heiligabend noch zu toppen ist.“
Pro Haushalt bleiben Nikolaus und Knecht Ruprecht zwischen zehn und 15 Minuten. Oft tragen die Kinder ein Gedicht vor oder singen ein Nikolauslied aus dem Kindergarten. Und gibt es für die Besucher ein Schnäpsle? Weiß lacht. „Da haben wir Lehrgeld bezahlt. Wir müssen unsere fünf Sinne beisammen halten!“
Die Anmeldungen flattern seit dem 21. November ins Haus. Die Besuche sind kostenfrei, über freiwillige Spenden freut sich der Verein. „Wenn wir am 5. Dezember irgendwann das letzte Geschenk verteilt haben, gehen wir entweder noch zusammen in ein Gasthaus oder bestellen etwas zu Essen ins Feuerwehrhaus, um den Abend in Ruhe ausklingen zu lassen.“
