Ministerpräsident Winfried Kretschmann besucht am kommenden Samstag die Buchhandlung Rabe in Sigmaringen, um sein Buch "Worauf wir uns verlassen wollen. Für eine neue Idee des Konservativen" zu signieren. In dem Buch erläutert der Ministerpräsident die Geschichte des Konservativen und definiert dessen Bedeutung für die heutige Gesellschaft.

Über das Konservative werde vor allem dann diskutiert, wenn es viele Veränderungen gibt, wie beispielsweise aktuell durch die Digitalisierung und Globalisierung, lässt sich dem Vorspann entnehmen. Die Menschen sehnten sich nach Halt und Sicherheit. Im Besinnen auf die konservativen Werte sieht Winfried Kretschmann die Chance, adäquat und nachhaltig den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.

In seinem Buch "Worauf wir uns verlassen wollen" beschäftigt sich Kretschmann mit Geschichte und Bedeutung des Konservativen.
In seinem Buch "Worauf wir uns verlassen wollen" beschäftigt sich Kretschmann mit Geschichte und Bedeutung des Konservativen. | Bild: Christoph Schmidt, dpa

Um den vorwärts gerichteten Aspekt seines Konservatismus-Begriffs zu verdeutlichen, ging er auf die verschiedenen gesellschaftlichen und ökologischen Aspekte ein: auf die Bewahrung der Schöpfung und die Bedeutung der Nachhaltigkeit, auf den Zusammenhalt der Gemeinschaft, sei es auf dörflicher, städtischer, nationaler oder internationaler Ebene oder unter der Staatsform der Demokratie. Er befasst sich mit Familie, Religion und Sicherheit sowie mit der sozialen Marktwirtschaft unter ökologischen und digitalen Vorgaben.

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Geprägt durch seine Biografie und seine Lektüre von Philosophen wie Aristoteles, Immanuel Kant oder Hannah Arendt, plädiere er leidenschaftlich für einen wertgebundenen Konservatismus, der sich an die Sache halte, an Prinzipien, an Maß und Mitte.

"Im Laufe meines Lebens ist mein Respekt vor dem, was die zivilisierte Menschheit schon immer für richtig gehalten hat, stetig gewachsen", schreibt der Ministerpräsident in seinem Vorwort. Deshalb ist ihm das Bewahren wichtig, das mittlerweile eine "höchst aktive Tätigkeit" geworden sei, sowie das Gestalten auf der Basis dieser Werte. Dabei plädiert er stets für ein föderalistisches Prinzip, das die Lösungen vor Ort sucht.

Die Signierstunde beginnt am Samstag, 16. November um 10 Uhr.

"Keine Verklärung einer guten alten Zeit"

Winfried Kretschmann erläutert seine Definition des Konservatismus.

Konservatismus leitet sich von "conservare" ab, also bewahren. Viele Menschen wollen das Bisherige, Bewährte beibehalten und sehnen sich nach der scheinbar guten alten Zeit. Ist das ein zukunftsfähiger Konservatismus?

Es geht mir nicht um die Verklärung einer "guten alten Zeit", um eine reaktionäre Wende im Stil der AfD. Daran ist nichts konservativ. Die neue Idee des Konservativen blickt in die Zukunft und fragt gleichzeitig, was Bewahrenswert sei. Der Schutz unserer Umwelt – also die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlage – ist zum Beispiel im wahrsten Sinne des Wortes konservativ.

Sie wohnen bekanntlich in Sigmaringen-Laiz. Ist der Mensch im ländlichen Raum per se konservativer eingestellt als in den urbanen Zentren?

Nein, nicht per se. Der Begriff konservativ steht für das, was man in der zivilisierten Menschheit als "klassisch" bezeichnen würde. Für das, was wir mitnehmen aus der Menschheitsgeschichte, was sich als richtig erwiesen hat. Zum Beispiel, dass wir höflich miteinander umgehen. Das kann man auf dem Land genauso gut wie in der Stadt.

Sie haben das Silicon Valley besucht, Inbegriff von Digitalisierung und Globalisierung. Welche Wertvorstellungen kann, soll und muss ein Konservatismus, wie Sie ihn definieren, von den Unternehmern im Silicon Valley übernehmen?

Ich war sogar schon zwei Mal im Silicon Valley, wollte den Spirit dort einatmen und die Kultur verstehen. Diese Kultur zu übernehmen, ist aber unmöglich – und wir sollten es auch gar nicht erst versuchen.

Beim wichtigen Thema Digitalisierung etwa sollten wir hierzulande Spielregeln aufstellen, die unseren Werten und unserer Gesellschaftsordnung entsprechen. Wir müssen neben das fast vollständig wirtschaftsgetriebene Modell der USA ein eigenes System stellen, das auf Freiheit, Toleranz, Pluralität und Sicherheit fußt.

Fragen: Isabell Michelberger