Dies war am Mittwoch auch von Stettens Bürgermeister Maik Lehn bestätigt worden, der sich dabei ebenfalls auf die Haltung von Hunden bezogen hatte. Gestern wollte sich Lehn nicht erneut zu dem Vorfall äußern.
"Wir sind tief betroffen über den grausamen Tod der Frau und sprechen der Familie unser aufrichtiges Beileid aus", teilt das Landratsamt mit. Der Fachbereich Veterinärdienst sei im Dezember 2012 und im Juni 2013 vor Ort in Frohnstetten gewesen, um die Tierhaltung auf dem Grundstück zu kontrollieren. "Dabei wurden lediglich Katzen, jedoch keine Hunde angetroffen." Der Veterinär begutachtete den Zustand der rund 20 dort lebenden Katzen. Diese seien gesundheitlich unauffällig gewesen und von der Tierhalterin in akzeptabler Weise versorgt worden. Die Tierhaltung sei somit aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden gewesen. Abschließend teilt die Behörde mit: "Nach derzeitigem Kenntnisstand gingen seither keine Anzeigen wegen Hundehaltung bei uns ein."
Markus Engel, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Hechingen, bestätigt, dass der Untätigkeits-Vorwurf seitens der Veterinäre Teil der strafrechtlichen Ermittlungen ist. Die Hundehalterin sei zwischenzeitlich in der Lage gewesen, Angaben zur Sache zu machen. Zur Verfassung der Frau wolle er keine Angaben machen. Eine Untersuchungshaft sei für sie nicht angeordnet worden, da es keinen Hinweis auf eine Flucht-, Verdunklungs- oder auf eine Wiederholungsgefahr gibt.
Ermittelt werde gegen die Hundehalterin und formell auch gegen deren getrennt lebenden Ehemann wegen einer fahrlässigen Tötung. Das Strafmaß bewege sich laut Strafgesetzbuch zwischen einer Geld- und einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. Entscheidend sei bei der Bemessung des Strafmaßes der Grad der Fahrlässigkeit, den die Hundehalterin an den Tag legte und deren sie sich so schuldigt gemacht hat. Dies sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen.
Keine Angaben macht Engel so darüber, ob die Frau ihren Hund im Internet zum Verkauf angeboten hat oder mit was der Hund genau festgemacht wurde und wo die Kette oder Leine befestigt war. Eine Rolle spiele in dem Zusammenhang auch die Höhe des um das Grundstück verlaufenden Zauns. Seitens der Polizei heißt es, dass bei den Ermittlungen auch die Frage eine Rolle spielen werde, wann der Hund sich losgerissen hat: War er schon freilaufend, als die 72-Jährige am Grundstück vorbeikam oder riss er sich erst los, als er sein Opfer erblickte? Dies sei jedoch schwer zu ermitteln und werde sich wohl nur über Zeugenaussagen feststellen lassen.
So wie viele andere Menschen in der Region, zeigt sich auch der Meßkircher Tierarzt Alfred Kullen tief betroffen von dem Vorfall. Und er nimmt diesen zum Anlass für eine Warnung: "Jeder, der sich einen Arbeitshund anschafft und keine passende Aufgabe für ihn hat, muss aufpassen." Der Kangal, ein anatolischer Hirtenhund, der die Rentnerin getötet hat, sei zum Beschützen da. Das liege ihm in den Genen. Wenn ihm dann von seinen Herrchen keine Aufgabe zugedacht und er vernachlässigt wird, könne es eine gefährliche Entwicklungen geben.
"Wenn jemand dann den Weg neben dem Haus begeht, ist das wie Gift für den Hund. Der fühlt das als eine Bedrohung", sagt der Tierarzt. Das könne auch bei anderen Hütehunden wie Border Collies geschehen, nur habe der Kangal aufgrund seiner Statur und seiner Kraft ein ganz anderes Gefährder-Potenzial als ein kleinerer Hund. Am Dienstagabend konnten vor Ort eintreffende Rettungsdienst-Mitarbeiter sich so nicht dem am Boden liegenden Opfer nähern, ohne Gefahr zu laufen, selbst angegriffen zu werden. Als der Hund schließlich von der 72-Jährigen abgelassen und wieder auf das Grundstück der 43-jährigen Hundehalterin zurückgekehrt war, erlag die Frau trotz der sofortigen Bemühungen des Notarztes ihren schweren Bissverletzungen im Kopf- und Halsbereich.
Verhaltens-Tipps
Wie verhalte ich mich, wenn ein gefährlich aussehender Hund auf mich zukommt? Können Hunde Angst wittern? Tierarzt Alfred Kullen aus Meßkirch glaubt, dass das der Fall sein kann. "Man muss dominant sein." Greift ein Hund tatsächlich an und eine Flucht ist nicht mehr möglich, empfiehlt er, sich zur Seite zu drehen oder den Rücken zu zeigen. Dem Tier damit zu signalisieren: Ich will nichts mit dir zu tun haben und sich dann zu entfernen. In solch einem Fall sollte der Betroffene auf keinen Fall mit den Armen fuchteln oder sich nach unten beugen. Tritt der tragische Fall ein, dass man am Boden ist und der Hund zubeißt sollte man auf jeden Fall versuchen, das Gesicht und den Hals zu schützen und eine Verletzung der Halsschlagader so verhindern. (mos)