Sie wollen weder Mitleid noch Almosen, sondern einen gerechten Lohn für ihre intensive Arbeit: Das ist die Botschaft der zweiten Mahnfeuer-Protestaktion, zu der sich am Samstag 80 Landwirte aus der gesamten Region in der Garnisonsgemeinde eingefunden hatten. Höhepunkt der von der Landjugend organisierten Aktion war eine Protestfahrt mit 75 Traktoren, zwei Lastwagen und vier Autos durch das Dorf. Dabei kam es zeitweise zu für Stetten ungewohnte Verkehrsstaus.
Politiker und Landwirte signalisieren Dialogbereitschaft
Anschließend betonten die Vertreter der protestierenden Bauern und die beiden Sigmaringer Landtagsabgeordneten Andrea Bogner-Unden (Bündnis 90/Die Grünen) und Klaus Burger (CDU) ihre gegenseitige Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit bei der Problemlösung.
75 Schlepperfahrer beteiligen sich an Protestzug
Die Szene kurz nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Platz vor dem Heuberg-Stadion war bisher wohl einmalig. Gegen 18 Uhr standen hier schon zahlreiche Traktoren. Regen und Wind sorgten für eine ungemütliche Atmosphäre. Der gekieste Vorplatz hatte begonnen, sich in Matsch zu verwandeln. Immer wieder durchbrachen die gelben Blinkleuchten weiterer eintreffender Schlepper die Dunkelheit.

Der einzige trockene Platz war unter einer Plane. Gegen eine Spende bewirtete die Landjugend die protestierenden Bauern und die sonstigen Besucher mit Würstchen und Getränken. Allzu lange konnten sich die Traktorfahrer hier aber nicht ausruhen, denn es folgte der Aufruf zur Protestfahrt. Die Schlepperparade machte durch Hupen und die aufblinkenden Lichter auf sich aufmerksam. Bei der Kirche staute sich der Verkehr, weil die Spitze des Zuges bereits wieder auf der Rückfahrt zum Stadion war und dabei dem Ende des Protestzuges begegnete.
„Unsere Situation brennt“
Im Schein des Mahnfeuers verfolgten rund 200 Teilnehmer und Besucher der Protestaktion die Reden. Außer den beiden Politikern ergriffen Andreas Deyer vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) in Stockach, der Organisator der kreisweiten Mahnfeueraktionen Max Späth aus Herbertingen und für die Stettener Landjugend Organisator Lorenz Halder das Wort. Der Landwirt aus Herbertingen brachte die Stimmung unter seinen Berufskollegen auf folgenden Nenner: „Unsere Situation brennt“, sagte er.
Gleichzeitig unterstrich Späth die Bereitschaft der Bauern, in Sachen Ökologie und Naturschutz mit anderen Gruppen zu kooperieren, aber „nicht auf unserem Rücken. Er wandte sich gegen die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Zahlung von 1 Milliarde Euro an die Landwirtschaft. Seine Bedenken seien, dass das Geld zum Großteil in der Verwaltung hängen bleiben könnte. Außerdem würden die eigentlichen Probleme durch diesen Geldfluss nicht gelöst.
Kritik auf allen Ebenen
Andreas Deyer hatte zuvor die Sorgen der bäuerlichen Familienbetriebe konkretisiert. Diese sind vielfältig und beinhalten Schwierigkeiten auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene. So befürchten die Bauern, dass bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zu Naturschutzgebieten erklärt werden, auf denen dann nur noch bedingt Landwirtschaft betrieben werden könnte. Auf Landesebene sind die Bauern mit dem Eckpunktepapier der Landesregierung nicht in allen Punkten einverstanden. Mit diesem Papier soll ein Kompromiss mit den Initiatoren der Aktion „Pro Biene“ gefunden werden.

Deyer appellierte an die Politiker, eine sachliche Diskussion unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu führen. Verbraucher und Handel müssten ebenfalls Beiträge zur Problemlösung leisten, forderte er.