Im Lager Heuberg wurde am Samstag vor dem Gebäude 21 ein sogenannter Stolperstein gesetzt. Die Messingtafel soll die Erinnerung an Salomon (genannt Simon) Leibowitsch wach halten, der am 9. September 1933 im Konzentrationslager Heuberg unter schrecklichen Umständen ums Leben kam. Leibowitsch ist der einzige Häftling, für den eine direkte Ermordung auf dem Heuberg nachgewiesen werden konnte. Zwar finden sich in Aufzeichnungen von Häftlingen auch Berichte über weitere Tote im KZ Heuberg, doch konnten diese bis zum heutigen Tage nicht aufgeklärt werden.

Mit bewegenden Worten erinnerte Oberstleutnant Udo Eckbrett, Kasernenkommandant im Lager Heuberg, „im bewusst kleinen Kreis“ an die schreckliche Leidensgeschichte des Salomon Leibowitsch, die mit dem Stolperstein vielleicht „ein würdiges Ende“, andererseits aber auch einen neuen Anfang finden solle: „Ich hoffe, dass viele Menschen über den Stein stolpern und anhand des Einzelschicksals des Simon Leibowitsch das Grauen des Holocausts besser verinnerlichen können“.

Salomon Leibowitsch erblickte am 22. April 1885 in der Ukraine das Licht der Welt. Er war jüdischen Glaubens und übte den Beruf eines Gerbers aus. Als Angehöriger der zaristischen, russischen Armee geriet er während des ersten Weltkrieges bei Werschbeloff in deutsche Kriegsgefangenschaft. Zuerst war er im Kriegsgefangenenlager Hammerstein, dann im Lager Puchheim inhaftiert. Nach dem Weltkrieg blieb er als Staatenloser in Deutschland und kam 1923 nach Eberbach, wo er 1925 heiratete. Dort arbeitete er in verschiedenen Berufen, unter anderem auch bei der Reichsbahn, und war zuletzt bei der Stadt Eberbach tätig. Im Jahre 1929 trat Leibowitsch der KPD, Ortsgruppe Eberbach, bei. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde er am 10. März 1933 zusammen mit anderen SPD- und KPD-Mitgliedern verhaftet und wurde in das Mosbacher Gerichtsgefängnis beziehungsweise nach Buchen verbracht, wo ihn seine Frau jeweils noch besuchen konnte.

Am 8. September 1933 wurde er dann ins Konzentrationslager Heuberg in Stetten am kalten Markt verlegt. Nach Augenzeugenberichten wurde er nach der Ankunft im KZ bereits am Vormittag schwer misshandelt, was sich am Nachmittag fortsetzte. Unter anderem bearbeiteten ihn die SA-Leute mit Koppeln, Tritten und Gummiknüppeln. Durch den Kommandanten wurde die Heuberger-Spezialfolter, das „Waschen am Wassertrog“ angeordnet. Die SA-Leute entblößten den Oberkörper Leibowitschs und begannen ihn in den Trog zu tauchen und mit einer groben Wurzelbürste zu bearbeiten, bis er ohnmächtig wurde. Leibowitsch kam dann in das Krankenrevier, welches sich seinerzeit im jetzigen Gebäude 21 der Truppenunterkunft Heuberg befand. Dort wurde er am 9. September 1933 von zwei SA-Männern an den Füssen aus dem Bett gerissen und die Treppe herunter geschleift. Dabei schlug sein Kopf ständig auf die Treppenstufen, was Salomon Leibowitsch nicht überlebte. Unten soll einer der SA-Männer gerufen haben: „Jetzt ist die Sau auch noch verreckt.“
An dieses grauenhafte Schicksal wird der Stolperstein erinnern, den der Künstler Gunter Demnig im Kreise einiger weniger Gäste eigenhändig vor dem Gebäude 21 gesetzt hat. Die Stolpersteine sind ein Projekt, das Demnig 1992 in Leben rief. Mit den im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Und obwohl Demnig in vielen Ländern Europas bereits weit über 70 000 Stolpersteine verlegt hat, handelt es sich bei der Messingtafel in der Stettener Kaserne dennoch „um ein absolutes Novum“, wie Gastgeber Oberstleutnant Udo Eckbrett im kleinen Kreis der Gäste wissen ließ. Denn es sei „bundesweit der erste Stolperstein, der in einer militärischen Liegenschaft gesetzt“ werde, was sogar den Künstler nahezu sprachlos machte: „Ich kann Ihnen nur danken, dass das möglich gemacht wurde“, sagte Demnig.
Gerade in Zeiten, in denen sich in der Bevölkerung „wieder zunehmend extremistisches Gedankengut breitmache“, komme es ihm darauf an, deutlich zu machen, „dass es in der Bundeswehr keinen Platz für Rechtsextremismus gibt“, weder bei Soldaten noch bei Zivilbediensteten, machte daraufhin Eckbrett deutlich. Sein Dank galt nicht nur dem Künstler, sondern insbesondere auch Marcus Klotz. Der Leiter der militärgeschichtlichen Sammlung des Standortes hatte die Initiative ergriffen, wodurch die Stettener Kaserne – nach Überwindung so mancher Hürden – nun „Teil des europaweiten größten Mahnmals geworden“ sei. Doch damit nicht genug. Wie Klotz wissen ließ, seien weitere Punkte in Planung: „Unter dem Motto: ‚Walk to Talk‘ wollen wir Soldaten, Zivilbedienstete und Besucher an geschichtsträchtige Orte innerhalb des Lager Heubergs und der Albkaserne führen, sodass sie sich die Geschichte des Standortes quasi erlaufen können“, sagte Klotz.
Neben Udo Eckbrett, dem Künstler Gunter Demnig sowie Marcus Klotz wohnten auch Bürgermeisterstellvertreter Klaus-Dieter Halder mit Gattin, Andreas Lenz (Leiter Bundeswehrdienstleistungszentrum), Bernhard Gabler (Objektmanger Truppenunterkunft Heuberg); Oberstleutnant Jörg Wehrhold (Stellvertretender Kommandeur Artilleriebataillon 295), Oberstleutnant Josef Rauch (Kasernenkommandant Lager Heuberg) sowie Major Markus Bugge (Ausbildungsstützpunkt Kampfmittelabwehr) bei.
Stolpersteine
Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das er 1992 startete. Mit im Boden verlegten Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.
Die quadratischen Messingtafeln mit abgerundeten Ecken und Kanten sind mit von Hand eingeschlagenen Lettern beschriftet und werden von einem angegossenen Betonwürfel mit einer Kantenlänge von 96 x 96 und einer Höhe von 100 Millimetern getragen. Sie werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster beziehungsweise den Belag des jeweiligen Gehweges oder ähnlichem eingelassen.
Derzeit gibt es weit über 70 000 Steine; nicht nur in Deutschland, sondern in insgesamt 25 Ländern Europas. Mehr als 90 Prozent der Steine hat der Künstler Gunter Demnig eigenhändig verlegt. Die Stolpersteine sind inzwischen das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Die Marke „Stolpersteine“ ist patentrechtlich in Deutschland und Europa geschützt.